Sprachkrise an Schweizer Schulen: Deutschkenntnisse brechen ein

Die Deutschkenntnisse von Schweizer Schülern sind seit dem Jahr 2019 deutlich gesunken. Standardisierte Tests in vier Kantonen zeigen, dass Primar- und Sekundarschüler im Lesen, Schreiben und in der Grammatik teils fast ein Semester Lernfortschritt verloren haben. Betroffen sind sowohl Kinder mit als auch ohne Migrationshintergrund.

Die Sprachkompetenz in Deutsch befindet sich an Schweizer Schulen im Nachteil. Neue Daten aus den Kantonen Basel-Stadt, Basel-Landschaft, Solothurn und Aargau belegen, dass die Leistungen im Fach Deutsch seit dem Jahr 2019 deutlich abgenommen haben. Über 50.000 Schüler werden jedes Jahr in sogenannten Check-Tests geprüft – die Auswertung zeigt nun einen klaren Abwärtstrend.

Vor allem in der Primarstufe sind die Defizite gravierend. Im Lesen, Schreiben und in der Grammatik entspricht der Verlust durchschnittlich zwei Dritteln eines Schulsemesters. Auch in der Sekundarstufe sind deutliche Rückgänge erkennbar. Betroffen sind nicht nur Kinder mit Migrationshintergrund, sondern ebenso deutschsprachige Schüler. Damit ist der verbreitete Eindruck breiter, die Zuwanderung sei allein für den Leistungsabfall verantwortlich.

Besonders problematisch zeigt sich der Kompetenzbereich „Sprache im Fokus“, in dem Rechtschreibung und Grammatik getestet werden. Hier haben die Schüler innerhalb von fünf Jahren teils fast ein ganzes Semester verloren. Bildungsexperten sehen darin ein Signal, das weit über die betroffenen Kantone hinausreicht, da der Raum Nordwestschweiz als Repräsentant für die Deutschschweiz gilt.

Während das Institut für Bildungsevaluation (IBE) vor voreiligen Schlüssen warnt, bestätigt die PISA-Studie den Trend. Der Anteil schwacher Leser ist seit dem Jahr 2015 von 20 auf 25 Prozent gestiegen. Bildungsökonomen sprechen bereits von einem „gesamtgesellschaftlichen Niveauverlust“.

Die Ursachen sind vielschichtig. Einerseits zeigen die Daten, dass soziale Unterschiede im Schulsystem den Graben zwischen privilegierten und benachteiligten Kindern vergrößern. Andererseits kritisieren Lehrer, dass der Wortschatz verarmt und der Zugang zur Literatur zunehmend verloren geht. Was in der Primarschule nicht erlernt wird, lässt sich in der Sekundarstufe kaum noch aufholen.

Die Politik steht unter Druck, auf die Entwicklung zu reagieren. Zu lange habe man sich auf Reformen wie den Lehrplan 21 und die Digitalisierung konzentriert, während die Grundlagen des Spracherwerbs vernachlässigt wurden. Ohne Kurskorrektur droht der Deutschunterricht seine Rolle als Fundament der schulischen und gesellschaftlichen Bildung zu verlieren.

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