Suizid bei Raiffeisen: Risk-Manager erhebt im Abschiedsbrief schwere Vorwürfe

Ein leitender Mitarbeiter der Raiffeisen Schweiz nimmt sich das Leben. In einem letzten Schreiben kritisiert er die Führungsspitze – und mahnt zu mehr Menschlichkeit.

Ein Suizid erschüttert die Raiffeisen Schweiz. Ein langjähriger Risk-Manager der Bank hat sich Anfang der Woche das Leben genommen. In einem Abschiedsbrief, der mehreren internen Stellen vorliegt, macht er die Arbeitsumstände bei der Genossenschaftsbank mitverantwortlich für seine Entscheidung.

Sein Schritt sei überlegt gewesen, heißt es darin ‒ nicht aus der Situation heraus, sondern das Resultat eines langen inneren Konflikts. Das Schreiben ist nicht nur Abschied, sondern auch Appell: Der Verstorbene wünscht sich, dass aus seinem Fall Lehren gezogen werden – im Interesse künftiger Mitarbeiter.

Dem Suizid ging eine folgenschwere Neuordnung innerhalb der Bank voraus. Im Frühjahr 2024 beschloss die Konzernleitung, ein ganzes Team von Risikoexperten eine Führungsstufe tiefer einzustufen. Der formale Schritt hatte konkrete Folgen: geringere Löhne, Verlust von Prokura, herabgesetzte Titel. Der Verstorbene, bisher als "Experte" eingestuft, wurde künftig als "Senior" geführt. Auch die Spesen wurden drastisch gekürzt.

Der direkte Vorgesetzte des Teams wehrte sich gegen die Maßnahme. In einer internen E-Mail sprach er von einem "Affront" und warnte vor den Auswirkungen auf Moral und Leistungsbereitschaft. Dennoch blieb es bei der Rückstufung – kurz darauf folgte für das Team die Kündigung.

Der Abschiedsbrief des Verstorbenen lässt erkennen, wie sehr ihn diese Entwicklung belastete. Er spricht von einem "systemischen Versagen" im Umgang mit erfahrenen Mitarbeitern. Besonders schwer wiegt seine Aussage, die Kündigung sei an Heiligabend – nach Geschäftsschluss – zugestellt worden. Ein Vorgang, den er als bezeichnend für den Umgangston auf oberster Führungsebene deutet.

Namentlich nennt der Verstorbene drei Mitglieder der oberen Managementebene, die ihn in seinen Augen nicht nur falsch, sondern auch respektlos behandelt hätten. Dennoch betont er, allen Beteiligten verziehen zu haben – um inneren Frieden zu finden.

Raiffeisen Schweiz reagierte auf Anfrage mit Bedauern. Man kommentiere persönliche Umstände von Mitarbeitern grundsätzlich nicht, so ein Sprecher der Bank. Damit bleibt vieles offen – auch die Frage, ob und in welcher Weise das Unternehmen bereit ist, sich mit den strukturellen Aspekten des Falls auseinanderzusetzen.

Der Verstorbene endet seinen Brief mit einem Wunsch: Führungspositionen sollten nur an Personen vergeben werden, die ihre Rolle mit Integrität und Menschlichkeit ausfüllen. Es ist ein letzter Satz, der weit über das eigene Schicksal hinausweist.

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