Schweizer Bundesrätin Viola Amherd tritt zurück

Verteidigungsministerin Viola Amherd (62) tritt Ende März aus dem Bundesrat zurück. Nach SVP-Forderungen nach einem sofortigen Rücktritt betont sie, die Entscheidung sei unabhängig davon. Nach 30 Jahren Politik wolle sie Platz für Neues machen. Die Nachfolge ist noch offen.

Verteidigungsministerin Viola Amherd hat überraschend ihren Rücktritt aus dem Bundesrat angekündigt. Die 62-jährige Walliserin, die seit 2019 an der Spitze des Departements für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport (VBS) stand, wird Ende März die politische Bühne verlassen. Nach über drei Jahrzehnten in der Politik möchte sie, wie sie erklärte, "Platz für Neues machen". Doch der Zeitpunkt ihres Rücktritts sorgt für Diskussionen und gibt Anlass zu Spekulationen.

Amherds Rückzug fällt in eine herausfordernde Phase. Die Armee sieht sich mit gravierenden Problemen konfrontiert, darunter IT-Pannen, Verzögerungen bei wichtigen Großprojekten und anhaltender Streit über die Beschaffung des umstrittenen F-35-Kampfjets. Gleichzeitig wird die Debatte über die Neutralität der Schweiz intensiver, da Amherds Nähe zur NATO und ihre Haltung zu Waffenlieferungen in die Ukraine stark polarisieren.

Die SVP, die seit Monaten scharfe Kritik an Amherd übt, fühlt sich in ihrer Forderung nach einem sofortigen Rücktritt bestätigt. Sie wirft der Verteidigungsministerin vor, sich stärker mit Gender-Fragen in der Armee zu beschäftigen als mit deren eigentlichen Aufgaben. Besonders heftig wird der Vorwurf diskutiert, Amherd habe Waffen, die ursprünglich für die Schweiz bestimmt waren, an die Ukraine weitergeleitet. Für die SVP stellt dies einen klaren Bruch mit der Neutralität dar und ein gefährliches Signal für die Sicherheit des Landes.

Amherds Amtszeit war geprägt von Ambitionen und Problemen. Sie wollte die Armee modernisieren, doch die Umsetzung blieb oft stecken. Großprojekte wie die Digitalisierung der Armee oder die Beschaffung neuer Kampfjets gerieten immer wieder in die Kritik – Skandale, Kostenexplosionen und Verzögerungen prägten das Bild. Dazu kamen Rücktritte zentraler Projektleiter und interne Führungskrisen, die ihre Position schwächten und Zweifel an ihrer Durchsetzungsfähigkeit aufwarfen.

Selbst in den Reihen ihrer Partei, der Mitte, war der Rückhalt zuletzt brüchig geworden. Obwohl Amherd ihren Rücktritt als persönliche Entscheidung darstellt, bleibt unübersehbar, dass die zunehmende Kritik, auch aus der eigenen Partei, ihren Schritt beschleunigt haben dürfte.

Wer ihre Nachfolge antritt, steht vor einer Mammutaufgabe. Die Armee muss dringend reformiert, die Neutralität der Schweiz glaubhaft verteidigt und das Vertrauen in das Verteidigungsdepartement wiederhergestellt werden. Doch der Zeitpunkt für einen Neuanfang könnte kaum ungünstiger sein.

Amherds Rücktritt ist mehr als nur ein persönliches Kapitel. Er legt die strukturellen Probleme offen, die sich in den letzten Jahren aufgestaut haben. Ihre Entscheidung mag privat motiviert sein, doch sie spiegelt die politische Realität wider – eine, die von Spannungen und ungelösten Herausforderungen geprägt ist.

Die künftige Leitung des VBS wird nicht nur beweisen müssen, dass sie handlungsfähig ist, sondern auch den Mut aufbringen müssen, tief verwurzelte Strukturen zu hinterfragen und die Armee endlich zukunftsfähig zu machen. Amherds Abgang könnte die Chance für einen Neustart sein – vorausgesetzt, es gelingt, aus den Fehlern der Vergangenheit zu lernen und neue, mutige Wege einzuschlagen.

Bürgenstock-Fiasko: Wie Amherd die Schweizer Neutralität verspielt hat

Viola Amherd trug maßgeblich zur wohl peinlichsten diplomatischen Niederlage der Schweiz bei: der sogenannten Friedenskonferenz von Bürgenstock. Als Gastgeberin eines ambitionierten Gipfels, der angeblich den Weg zum Frieden in der Ukraine ebnen sollte, präsentierte sich die Schweiz als "ehrliche Maklerin" – und verlor dabei ihre jahrhundertealte Neutralität endgültig. Die Kosten beliefen sich auf stolze 20 Millionen Franken, doch der politische Ertrag war gleich null. Kaum ein Staat wollte sich der Bürgenstock-Erklärung anschließen, und der globale Süden reagierte mit höflicher Gleichgültigkeit. Während Ignazio Cassis nach dem Scheitern des Gipfels verzweifelt um Audienzen in Russland bat, machte Außenminister Sergei Lawrow unmissverständlich klar, dass die Schweiz in Moskau als neutraler Vermittler nicht mehr ernst genommen werde. Der Versuch, sich auf die politische Karte von Joe Biden und Wladimir Selenskij zu setzen, entpuppte sich als verhängnisvoller Fehler – und hinterlässt einen Scherbenhaufen, dessen Aufräumen nun Amherds Nachfolger überlassen bleibt.

Mehr zum ThemaSchweizer Armee fehlt eine Milliarde Franken