Das 20. Zurich Film Festival (ZFF) steht kurz bevor, und obwohl viele Filme auf dem Programm stehen, dreht sich die meiste Diskussion derzeit um einen Film: "Russians at War".
Ursprünglich waren vier Vorführungen des Films geplant, doch nach Drohungen und Einschüchterungen hat das ZFF einen Rückzieher gemacht.
Laut der Schweizer Publikation Weltwoche haben ukrainische Stellen, darunter offenbar auch die ukrainische Botschafterin in der Schweiz, Iryna Wenediktowa, alles darangesetzt, die Aufführungen des Films zu verhindern.
Anastasia Trofimova, die Regisseurin des Films, bestätigte in einem Interview mit der Weltwoche, dass Wenediktowa den ZFF-Leiter aufgefordert habe, den Film zurückzuziehen. Die Botschafterin, die seit November 2022 in der Schweiz tätig ist, ist dafür bekannt, gegen Inhalte vorzugehen, die ihr nicht genehm sind. Bereits als Generalstaatsanwältin der Ukraine hatte sie dafür gesorgt, dass die kritische Zeitung Kyiv Post zeitweise eingestellt wurde.
Regisseurin Trofimova zeigt sich schockiert über die Geschehnisse. Sie habe die Schweiz immer als "neutralen Hafen" betrachtet, doch das sei nun Vergangenheit. Trotzdem betonte sie, dass das ZFF unbedingt wollte, dass der Film gezeigt wird. Die drei geplanten Vorführungen waren sogar bereits ausverkauft.
Doch aufgrund von Sicherheitsbedenken und nach Empfehlung der Polizei entschied das ZFF, den Film nicht zu zeigen. ZFF-Verantwortliche sollen massiv eingeschüchtert worden sein, und es soll sogar zu Todesdrohungen gekommen sein.
Der Film, in dem eine russische Militäreinheit im Krieg gegen die Ukraine begleitet wird, steht im Verdacht, russische Erzählweise zu verbreiten und die Soldaten zu "vermenschlichen". Die ukrainische Regierung betrachtet Trofimova als Bedrohung für die nationale Sicherheit. Noch vor wenigen Tagen hatte ZFF-Direktor Christian Jungen verkündet, dass der Film trotz der Kritik gezeigt werde.
Nun scheint es, als wäre eine konzertierte Aktion Kiews im Gange gewesen, um die Vorführung zu verhindern. Auch das ukrainische Außenministerium meldete sich auf X zu Wort und forderte, das Zurich Film Festival solle seinen Ruf nicht durch die Vorführung des Films ruinieren.
Das aggressive Vorgehen der ukrainischen Behörden wirkt vor dem Hintergrund der Schweizer Ukraine-Politik besonders brisant. Trotz Milliardenhilfen und der Organisation der Bürgenstock-Konferenz auf Wunsch von Präsident Selenskij zögert die ukrainische Führung offenbar nicht, Druck auf Schweizer Institutionen auszuüben, wenn Inhalte ihren Vorstellungen widersprechen.
Ob es eine offizielle Reaktion aus Bern geben wird? Eher unwahrscheinlich. Bisher herrscht vonseiten der Schweizer Politik weitgehend Stille, und eine förmliche Einbestellung der ukrainischen Botschafterin scheint bislang nicht erfolgt zu sein.
Es bleibt abzuwarten, wie sich die Angelegenheit weiterentwickelt und ob Botschafterin Wenediktowa für ihr Vorgehen zur Rechenschaft gezogen wird.
Zurich Film Festival streicht "Russians at War", aber der Film bleibt im Wettbewerb
Trotz der Streichung der öffentlichen Vorführungen wird Trofimovas "Russians at War" weiterhin im ZFF-Dokumentarfilmwettbewerb verbleiben, wie die Festivalleitung mitteilte.
Es wird erwartet, dass der Film nun doch gezeigt wird, allerdings online auf der Plattform lokaler Schweizer Medien. Das Interesse ist enorm – die Tickets für die abgesagten physischen Vorführungen waren im Nu ausverkauft. Jetzt soll der Film online präsentiert werden, jedoch nicht im Rahmen des Filmfestivals. Ob die ukrainische Botschaft dies gutheißt oder nicht: Das Sagen über die Schweizer Medien hat das Selenskij-Regime noch nicht vollständig übernommen. Ein Skandal ist vorprogrammiert.
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