Kontroverse in der Schweiz: Tages-Anzeiger vergleicht Nawalny mit Jesus

Der Tages-Anzeiger hat sich im Ton vergriffen und Alexei Nawalny mit Jesus Christus verglichen. Die provokative und geschmacklose Gleichsetzung löste bei Lesern einen Sturm der Entrüstung aus. Sie warfen der Zeitung Blasphemie vor und fragten: War Jesus auch korrupt?

Von Szene isch Züri

Der Vergleich mag als rhetorisches Mittel gedacht gewesen sein, um Nawalnys Rolle im politischen Geschehen zu betonen, jedoch verfehlt er seine Wirkung aufgrund der signifikanten Unterschiede zwischen den beiden Persönlichkeiten. Jesus Christus, eine religiöse Symbolfigur von weltweiter Bedeutung, und Alexei Nawalny, ein russischer Oppositionspolitiker, mögen beide im Zentrum kontroverser Diskussionen stehen, doch ihre Lebenswege und ihre Einflusssphären unterscheiden sich fundamental.

Jesus Christus war die zentrale Figur des Christentums, dessen Lehren und Taten Millionen von Gläubigen inspirieren. Sein Leben und sein Wirken sind in den heiligen Schriften festgehalten und haben die Weltgeschichte maßgeblich beeinflusst. Alexei Nawalny hingegen war ein moderner Aktivist und Blogger. Mit der Popularität verhält es sich bei Nawalny ähnlich wie bei Michail Gorbatschow: Im Westen standen beide hoch in der Gunst, in Russland hingegen waren sie zutiefst unbeliebt. Doch Nawalnys Bedeutung steht in keinem Vergleich zu der religiösen Dimension, die Jesus Christus innehat.

Gewiss, sein tragischer Tod dominiert aktuell die Nachrichtenlage, doch wie jeder Hype wird auch diese Nachricht verblassen. Sogar Joe Biden vergaß bereits den Namen der Witwe Nawalnys und nannte sie fälschlicherweise Jolanda.

In dieser Verfehlung steht er nicht allein: Die renommierte Frankfurter Allgemeine Zeitung bezeichnete Nawalny im vergangenen November irrtümlich als "Alexender Nawalny", ein Fehler, den die Redaktion umgehend korrigierte. Die Schweizer Redaktion der Zeitung hingegen überbietet dies noch

Der Tages-Anzeiger scheint sich Nawalny als Ikone des Widerstands gegen Putin zu wünschen. Doch Nawalny war kein Heiliger, sondern ein Mensch mit Fehlern und Widersprüchen.

Die Reaktionen der Leser auf diesen Vergleich ließen nicht lange auf sich warten, denn sie hielten sich nicht mit ihrer Meinung zurück:

Kommentare von Lesern:

Die Verwendung religiöser Symbole und Vergleiche in politischen Diskursen ist heikel und bedarf einer sorgfältigen Abwägung. Der Tages-Anzeiger hat mit seinem Vergleich Nawalnys mit Jesus Christus eine Grenze überschritten, die zu einer Zuspitzung der Kontroversen und zu einer Verzerrung der öffentlichen Wahrnehmung führen kann. Statt einer differenzierten Analyse seiner politischen Agenda und seines Engagements wird Nawalny auf eine Ebene mit religiösen Symbolen gestellt, was sowohl seine Person als auch seine Botschaft vereinfacht und verzerrt.

Du sollst dir keine Götter machen neben mir (Exodus 20:3)

Die Reaktionen auf den Artikel zeigen deutlich, dass die Grenzen des politischen Diskurses respektiert werden müssen. Religiöse Symbole sollten nicht leichtfertig verwendet werden, um politische Argumente zu untermauern oder Personen zu heroisieren. Die Aufgabe der Medien besteht darin, komplexe Zusammenhänge zu beleuchten und eine differenzierte Meinungsbildung zu ermöglichen. Der Tages-Anzeiger hat mit seinem Vergleich Nawalnys mit Jesus Christus dieses Ziel verfehlt und sollte sich in Zukunft bewusster über die Konsequenzen seiner Wortwahl sein.

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