Vor fünf Jahren, am 18. März 2014 unterschrieben der russische Präsident Wladimir Putin, die Parlaments- und Regierungschefs der Autonomen Republik Krim sowie der Vorsitzende des Koordinationsrats der Stadt Sevastopol in einer feierlichen Atmosphäre in Moskau "das Abkommen zwischen der Russischen Föderation und der Republik Krim über die Aufnahme der Republik Krim in die Russische Föderation und die Bildung der neuen Subjekte auf dem Gebiet der Russischen Föderation". Zwei Tage zuvor hatten die Einwohner der Krim in einem Referendum ihren Wunsch erklärt, sich von der Ukraine abspalten zu wollen. Vor zwei Jahren rekonstruierte RT die Ereignisse, die dazu geführt hatten, in einem Rückblick.
Diese Ereignisse werteten die westlichen Staaten als Akt militärischer Aggression vonseiten Russlands gegenüber der Ukraine – dem Staat, zu dem die Halbinsel seit dem Zerfall der UdSSR im Jahr 1991, weitgehend widerwillig, gehörte. In den USA ist es nun per Gesetz verboten, die Zugehörigkeit der Krim zu Russland anzuerkennen. Noch ehe das Krim-Referendum am 16. März stattfinden konnte, begannen die USA und die EU damit, Sanktionen gegen die Krim zu verhängen. In nur wenigen Wochen umfassten sie weite Bereiche des Banken- und Industriesektors sowie Sport und Tourismus. Außerdem schränkten sie die Bewegungsfreiheit der Krim-Einwohner erheblich ein, indem es Konsulaten explizit verboten wurde, Krim-Bewohnern US-und Schengen-Visa außerhalb der Ukraine zu erteilen. Seitdem gehören die Krim-Sanktionen zu einem festen Bestandteil der westlichen Politik.
In den Jahren 2014 und 2015 wurde in Russland und im Westen angesichts dieser Blockade-Politik viel darüber spekuliert, ob Russland nicht einen "zu hohen Preis" für die Wiedervereinigung mit der Krim bezahlen würde. Man prophezeite eine lange Stagnation auf der Halbinsel. 2014 sperrte die Ukraine die Wasserzufuhr auf die Krim aus dem Fluss Dnjepr über den Nord-Krim-Kanal. Ende November 2015 sprengten ukrainische Nationalisten die Strommasten kurz vor der Grenze zur Krim, was zu einem mehrtägigen Blackout in vielen Teilen der Halbinsel führte. Zu den westlichen Sanktionen kamen damit die Wasser-, Transport- und Energieblockaden hinzu, was Russland zu einem schnelleren Aufbau einer von der Ukraine unabhängigen Infrastruktur veranlasste.
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Infolge der Sanktionen musste die russische Billigfluglinie Dobroljot, eine 100-prozentige Aeroflot-Tochter, nach ihren zwei Flügen nach Simferopol ihren Betrieb einstellen. Bis heute vermeiden es die großen russischen Banken, Filialen auf der Krim zu eröffnen. Im Jahr 2017 ging Siemens wegen der Verlegung der vier Siemens-Kraftwerksturbinen gegen seine russischen Partner vor Gericht. Der Skandal um die angebliche vertragswidrige Lieferung auf die Krim bewirkte neue EU-Sanktionen gegen die Halbinsel.
Doch das Stimmungsbarometer unter den Einwohnern zeigt: Die anfängliche Euphorie nach der Wiedervereinigung mit Russland ist zwar verflogen, die Richtigkeit der damaligen Entscheidung wird jedoch kaum angezweifelt. Das liegt nicht zuletzt darin begründet, dass Russland seit fünf Jahren trotz Krisenerscheinungen in der eigenen Wirtschaft sichtbar darum bemüht ist, die Krim in eine Vorzeigeregion umzuwandeln.
Zu den großen Infranstukturprojekten gehört vor allem der Bau der 19 Kilometer langen Krim-Brücke, die längste Brücke Europas, zum russischen Festland. Im Mai 2018 wurde die Autostraße über die Brücke bereits in Betrieb genommen. Im laufenden Jahr wird auch die Eisenbahnverbindung fertiggestellt. Nun können bis zu 40.000 Autos an einem Tag die Brücke überqueren – viermal mehr als mit der Fähre.
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Fast gleichzeitig mit der Brücke hat auch der neue Flughafen-Terminal in Simferopol im April 2018 seinen Betrieb aufgenommen. Der Flughafen kann bis zu 200 Flüge am Tag und 6,5 Millionen Passagiere pro Jahr abfertigen. Dies zahlte sich bereits im gleichen Jahr mit über 5 Millionen Passagieren aus.
Auch die neue West-Ost-Autobahn "Tawrida" gehört zu den großen Prestige-Projekten auf der Krim. Mit zwei neuen Wärmekraftwerken konnte die Halbinsel die Energieabhängigkeit von der Ukraine endgültig überwinden. Die verbesserte Infrastruktur beförderte auch einen Tourismus-Aufschwung. Im Jahr 2018 besuchten 6,8 Millionen Menschen die Halbinsel – 28 Prozent mehr als im Vorjahr.
Die Produktionsvolumen haben sich in den letzten fünf Jahren verdoppelt. Nach Angaben des Republikchefs Sergej Aksjonow sind die Steuerabgaben im Vergleich mit der ukrainischen Periode um das Zweieinhalbfache gewachsen. Im letzten Jahr betrugen sie 54,8 Milliarden Rubel.
Dennoch, Russland plant künftig noch mehr in die Krim zu investieren. In den nächsten drei Jahren werden 309,5 Milliarden Rubel (4,2 Milliarden Euro) aus dem russischen Haushalt in die sozial-ökonomische Entwicklung der Krim fließen. Im Staatsrat der Republik Krim, die nun zum Süd-Westlichen Föderalen Bezirk der Russischen Föderation gehört, ist man sich sicher, dass diese Finanzspritzen das Fundament dafür bilden, spätestens ab dem Jahr 2030 zu einer russischen Geber-Region zu werden. Bislang ist die Krim auf die Subventionen aus dem föderalen Zentrum angewiesen.
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Die Verbesserungen lassen sich nicht nur mit Makro-Zahlen erfassen. In den letzten Wochen sorgte eine unabhängige vierteilige Vorort-Recherche aus der Ukraine für Aufsehen. Die Journalistin des Portals strana.ua, Olesja Medwedewa, wies die gängige Vorstellung zurück, dass die Preise auf der "russischen Krim" nun höher als in der Ukraine seien: Alles sei unterschiedlich. Es gebe Waren, die auf der Krim teurer seien, zugleich gebe es aber Sachen, die wiederum weniger kosten würden.
So seien Benzin sowie Wohnungs- und Kommunaldienstleistungen (insbesondere Heizung) auf der Krim günstiger als in der Ukraine. Die Löhne und die Renten seien wiederum höher. Zugleich wies die ukrainische Journalistin darauf hin, dass viele internationale und sogar russische Unternehmen wegen der westlichen Sanktionen an der Arbeit auf der Krim gehindert würden.
Laut der Reporterin, die zu Anfang ihrer Recherche vor der Kamera klar stellte, sie halte die Angliederung der Krim an Russland nach wie vor für eine Annexion, unterstützt mit 70 Prozent die Mehrheit der Krim-Bevölkerung tatsächlich die Wiedervereinigung mit Russland:
Wenn es eine Sehnsucht nach der Ukraine gäbe, dann nur nach der Ukraine, wie sie vor dem Jahr 2013 gewesen ist. "Und es liegt nicht einmal an den Löhnen, sondern daran, dass die Ukraine mit ihren heutigen Helden und Werten für die Krim-Bewohner ein fremdes Land ist".
Russland habe sich nach fünf Jahren auf der Krim "endgültig eingenistet", bilanzierte die Journalistin.
Im Gespräch mit RT Deutsch wies der russische Politiloge Dmitri Kulikow darauf hin, dass der Wunsch der Krim-Bewohner nach einer Angliederung an Russland nicht aus einer Kosten-Nutzen-Überlegung heraus entstanden sei, obwohl dies viele materielle Verbesserungen für sie bedeutete. Dies sei vielmehr ein Akt der politischen Selbstbestimmung gewesen. Der Mut der Bürger der Krim habe sich auch auf ganz Russland ausgewirkt, was dabei geholfen habe, sich dem Druck vonseiten der westlichen Staaten erfolgreich zu wiedersetzen.