von Ali Özkök
RT Deutsch hat mit dem Direktor der Abteilung für Nichtverbreitung und Rüstungskontrolle des russischen Außenministeriums, Wladimir Ermakow, gesprochen.
Laut russischen Angaben haben die USA in Georgien mit gefährlichen biologischen Stoffen gearbeitet. Gibt es Informationen darüber, welche Art von Aktivitäten durchgeführt wird?
Wir sind sehr besorgt über die Aktivitäten im Vorort von Tiflis, genauer im Dorf Alexejewka, in dem sich unter dem Deckmantel eines zivilen "R. Lugar Forschungszentrums für öffentliche Gesundheit" eine spezialisierte Forschungseinheit der US-Armee niedergelassen hat. In dieser Einrichtung wird die Forschung an gefährlichen Infektionskrankheiten, darunter Pest, Tularämie und Milzbrand, fortgesetzt. Experten sehen dort in der Anwesenheit der US-amerikanischen Militärspezialisten neue epidemiologische und epizootische Risiken nicht nur in Georgien, sondern auch für Südrussland. Die Vereinigten Staaten von Amerika wiederum verhalten sich äußerst intransparent und geben keine Informationen über solche Aktivitäten preis.
Unsere Schlussfolgerungen werden auch durch das Verhalten der US-Amerikaner im Rahmen der Biowaffenkonvention bestätigt. Seit nunmehr zwei Jahrzehnten agiert Washington hartnäckig gegen die internationalen Bemühungen zur Stärkung dieses sehr wichtigen Übereinkommens. Die Vereinigten Staaten arbeiten zusammen mit ihren Verbündeten hart daran, das Peer-Review-Konzept, welches freiwillige Besuche zur Burteilung vorsieht, als angebliche Alternative zu fördern. Solche "eingeladenen" Besuche, die keinen klaren Zweck und keine wirksame Methodik bei ihrer Durchführung haben, werfen ernste Fragen auf, da sie ein hohes Risiko für Manipulationen und politisch motivierte Bewertungen darstellen.
Ein solcher Besuch wurde im vergangenen Jahr auch im georgischen Labor organisiert. Insgesamt sehen wir in diesem Konzept einen weiteren Versuch Washingtons, zumindest einige der höchst fragwürdigen militärischen und biologischen Aktivitäten in verschiedenen Regionen der Welt zu vertuschen.
Inwieweit hat der Skripal-Fall, in dem Russland dem Vereinigten Königreich die Zusammenarbeit angeboten hat, die Glaubwürdigkeit des internationalen Übereinkommens über das Verbot chemischer Waffen untergraben, da London ja ausdrücklich die Beteiligung Russlands an der Untersuchung abgelehnt hatte?
Das unehrliche Verhalten des Vereinigten Königreichs im "Skripal-Fall" hat eine bösartige Praxis etabliert, bei der die Mitgliedsstaaten der Chemiewaffenkonvention die Möglichkeiten missachten, sich im Rahmen der dafür zur Verfügung stehenden speziellen Mechanismen der Konvention konstruktiv an strittigen Fragen zu beteiligen. Dies ist zweifellos der bisher negativste Präzedenzfall, der "dem Geist und dem Text" des Übereinkommens widerspricht und eine tiefe Spaltung in der OPCW provoziert.
In diesem Zusammenhang halten wir es nicht für legitim, dass London und seine Verbündeten Schritte einleiten, um dem Technischen Sekretariat der OPCW alle Zuschreibungsfunktionen zuzuteilen, mit denen es das Recht bekommt, "die Verantwortlichen" für einen Einsatz von Chemiewaffen zu bestimmen. Solche Funktionen gehen über den Rahmen der OPCW hinaus und greifen in die ausschließlichen Befugnisse des UN-Sicherheitsrates ein. Dies stellt nicht nur für die Konvention selbst, sondern auch für das gesamte internationale System der Nichtverbreitung von Massenvernichtungswaffen eine Bedrohung dar. Solche "Innovationen" in der OPCW können von der Organisation, wenn überhaupt, nur unter der Bedingung eines absoluten Konsenses zwischen den Vertragsstaaten des Übereinkommens in Betracht gezogen werden.
Ein solches "Wunschdenken" gegenüber der OPCW entfernt sie zweifellos weiter von der Aussicht auf eine vollständige Universalisierung der Konvention, da dies ein anschauliches Beispiel für eine schmutzige Politik zur Durchsetzung eigener geopolitischer Intrigen durch eine Gruppe von Ländern zum Nachteil der Interessen der Mehrheit der Vertragsstaaten der OPCW darstellt. Die Zeit wird zeigen, wie schädlich eine solche Haltung für das sorgfältig etablierte, jahrzehntelang bewährte und sorgfältig erhaltene System der internationalen Sicherheit sein wird.
Vor kurzem haben die USA erklärt, dass sie in Syrien auf unbestimmte Zeit bleiben werden. Seit 2011 liefern die USA an Rebellen und später der kurdischen YPG-Miliz Waffen. Beeinträchtigt die US-Politik der Bewaffnung nichtstaatlicher Akteure die Stabilität des Nahen Ostens?
Wir sind uns der Politik Washingtons bewusst, Waffen und militärische Ausrüstung an nichtstaatliche Akteure in einer Reihe von Ländern des Nahen Ostens zu liefern. Syrien stellt da keine Ausnahme dar. Seit vielen Jahren sprechen wir dieses Thema bei Gesprächen mit den USA an und betonen den destabilisierenden Charakter solcher Lieferungen, sowie die Risiken, dass die Waffen in die Hände von Terroristen gelangen. Solche Fälle sind wiederholt aufgetreten. Unsere Hauptthese ist, dass unter den Bedingungen der Turbulenzen im Nahen Osten und der anhaltenden Vielzahl von Widersprüchen, sowohl zwischen den Staaten der Region als auch innerhalb einzelner Länder, die Lieferung von Waffen an nichtstaatliche Akteure nur zur Radikalisierung der Positionen der Parteien, zur weiteren Verlängerung des Konflikts und zur Verschiebung der Verhandlungen im Hinblick auf eine rasche friedliche Lösung führt.
Unsere US-amerikanischen Kollegen sind sich dessen bewusst, hören aber dennoch nicht auf zu liefern. Sie übernehmen damit die Verantwortung für die Fortsetzung des Konflikts und seine verheerenden Folgen, sowohl für Syrien selbst als auch für die gesamte Nahostregion. Unter diesen Umständen ist es unwahrscheinlich, dass es zu einer Stabilität kommen wird.
Vielen Dank für das Gespräch!
Mehr zum Thema - Interview: Russland hat "langjährige Erfahrung" mit USA und war auf Kehrtwende in Syrien vorbereitet