Anlässlich der Eröffnung der Fußball-Weltmeisterschaft in Russland lud die Russische Botschaft in Berlin am Donnerstag zur Live-Übertragung des Spiels des Gastgeberlandes gegen Saudi-Arabien. Aufgrund des frühzeitigen Beginns an einem Wochentag rechnete die Botschaft jedoch nicht mit einem besonders großen Andrang. Dennoch waren rund 200 Fußballfreunde der Einladung gefolgt und lauschten dem Grußwort des Botschafters Sergej Netschajew.
Darunter Bundestagsabgeordnete aller Parteien, nur die Grünen hatten keine Vertreter entsandt. „Das tut mir außerordentlich leid“, kommentierte Botschaftssprecher Denniz Mikerin mit einem Augenzwinkern gegenüber RT Deutsch das Fernbleiben der Grünen – schließlich hatten sich Politiker der Partei für einen Boykott der WM eingesetzt. Die parteipolitisch größte Präsenz zeigten die Linke und die AfD. Letztere hatten sich offenbar „die Mannschaft“ zum Vorbild genommen und liefen im Einheitslook auf – blaues Hemd und Anstecker mit Adlersymbol.
Bei ungezwungener Atmosphäre mit legerem Dresscode konnten die Gäste, die mit vorzüglichem Schaschlik und dem ein oder anderen Glas Wein oder Wodka bewirtet wurden, dann bereits in der zwölften Minute nach Spielanpfiff das erste Tor für Russland bejubeln. Die Erleichterung war groß, als kurz vor der Halbzeit im Luschniki-Olympiastadion in Moskau das wohl vorentscheidende 2:0 fiel. Bis dahin konnte sich das saudische Team nur eine einzige passable Torchance herausarbeiten.
So manche Gäste hatten ihren Blick allerdings nicht permanent auf den Bildschirm gerichtet, sondern nutzten die Veranstaltung zum Gedankenaustausch bei einem Plausch und zur Kontaktpflege – Fußball ist eben doch nur eine Nebensache, wenn auch die schönste der Welt.
Für die Tore Nummer 3 und 4 der russischen Mannschaft in der zweiten Halbzeit schien sich Präsident Wladimir Putin mit Handgesten bei seinem Sitznachbarn im Stadion, den saudischen Kronprinzen Mohammed bin Salman, regelrecht zu entschuldigen. Mit einem so eindeutigen Sieg hatte der Präsident wohl ebenso wie die meisten der Botschafts-Gäste nicht gerechnet, die Putins Gesten mit einigem Amüsement zur Kenntnis nahmen. Der saudischen Mannschaft war es nicht gelungen, ihre gute Leistung aus dem Spiel gegen Deutschland vergangene Woche wieder abzurufen.
Mit einem direkt verwandelten Freistoß kurz vor Abpfiff erhöhte das russische Team dann auf 5:0 und machte damit den höchsten Auftaktsieg bei einer Fußball-WM klar.
Botschaftssprecher Mikerin wollte dennoch aufgrund vergangener Erfahrungen nicht in Euphorie verfallen. Er erinnerte daran, dass Russland bei der Fußball-Europameisterschaft 2012 mit einem 4:1 gegen Tschechien ebenfalls einen Traumstart hingelegt hatte, dann aber nicht über die Gruppenphase hinauskam.
Wir freuen uns auf das nächste Spiel gegen Ägypten und hoffen, dass die Mannschaft wieder eine tolle Leistung zeigen wird und es bis in die Play-Offs schafft“, sagte Mikerin gegenüber RT Deutsch.
Ob denn im Achtfinale dann nicht Schluss sei, wo der Gegner wahrscheinlich Spanien oder Portugal heißt, wollten wir von ihm wissen. Ja, der Einzug ins Viertelfinale sei schwierig, aber eben nicht unmöglich, so der Botschaftssprecher, der wieder auf seinen fußballerischen Erfahrungsschatz zurückgriff: Bei der EM 2008 bezwang Russland im Achtelfinale den eindeutigen Favoriten aus den Niederlanden in der Verlängerung.
„Das war ein fantastisches und bezauberndes Spiel“, geriet Mikerin ins Schwärmen.
Trotz des tollen Ergebnisses aus Sicht der Fans der russischen Mannschaft hatte die Veranstaltung in der Botschaft auch eine Schattenseite, die selbst RT Deutsch als "Kreml-Hofberichterstatter" nicht verschweigen kann und will: Die Biervorräte waren schon zur Halbzeit erschöpft!
Zum Glück gab es ja noch vielfältige alkoholische und nicht-alkoholische Alternativen zur Durstlöschung. Der Wodka ging selbstverständlich nicht aus.
Und auch das Hopfengebräu könnte bald wieder in der Botschaft fließen. Sollte Russland das Finale erreichen, werde man kurzfristig wieder eine Live-Übertragung in der Botschaft organisieren, versprach Mikerin. Man wird ja noch mal träumen dürfen. Nach einem 5:0. Im eigenen Land.