Atomtests, Verhandlungen mit USA und Europas Renazifizierung – Lawrow zu Russlands Positionen

Am 11. November hat sich Russlands Außenminister Sergei Lawrow zu den russischen Positionen in aktuellen außenpolitischen Angelegenheiten geäußert. Dabei sprach er unter anderem die Themen Atomtests, Verhandlungen mit den USA, den Ukraine-Konflikt und Russlands Verhältnis zu europäischen Staaten an.

Aussagen über Atomtests

In Bezug auf Meldungen, wonach Russland eine Wiederaufnahme von Atomtests beabsichtige, stellte Lawrow klar:

"Offen gesagt, habe ich nicht gehört, dass Moskau Atomtests angekündigt hätte."

Dass Washington und Moskau gleichzeitig Atomtests angekündigt hätten, sei "nicht ganz korrekt". Bisher habe Russland keine Erklärung von den USA erhalten, ob US-Präsident Donald Trump mit seinen Äußerungen vom Anfang November eine Wiederaufnahme von Atomtests, Tests von Trägerwaffen oder etwas anderes gemeint habe.

Auch im Rahmen der Sitzung der Kommission des Kernwaffenteststoppvertrags am 10. November habe Russland diesbezüglich keine Antwort von den USA erhalten. Dabei kommentierte Lawrow die Erklärung eines Pentagon-Mitarbeiters, dass Trumps Entscheidung über Atomtests aus geopolitischen und nicht aus technischen Gründen gefallen sei:

"Das ist eine starke Ankündigung. Ich weiß nicht, inwieweit der Ernst des Gesagten dem Sprecher selbst bewusst ist, aber offensichtlich sollen wir es so auffassen, dass keine technische Notwendigkeit für solche Tests besteht. Er hat den Gedanken für uns selbst zu Ende geführt: Das Ziel ist geopolitisch. Und was kann das geopolitische Ziel der USA sein, wenn auf den Atomwaffenfaktor setzen? Das ist beunruhigend."

Lawrow erklärte weiter, dass Vorwürfe der Stationierung russischer Atomwaffen in Weißrussland von "doppelten Standards" geprägt seien, da die USA selbst Atomwaffen in fünf NATO-Ländern halten.

In Bezug auf eine mögliche Wiederaufnahme von Atomtests betonte der russische Außenminister schließlich:

"Wir haben nicht angekündigt, dass wir Atomwaffentests durchführen. Was der Präsident anordnete, war nicht, Atomtests durchzuführen, und nicht einmal, sich auf Atomtests vorzubereiten, sondern eine Anordnung an unsere Behörden, die Lage zu analysieren und eine gemeinsame Meinung zu bilden, inwiefern die Lage die Betrachtung dieser Frage erfordert.

Unsere Position wurde von Wladimir Putin noch vor zwei Jahren im Jahr 2023 dargelegt: Wenn eine der Nuklearmächte Tests von Atomwaffen – nicht von Trägern – durchführt, wird Russland dasselbe tun."

Verhandlungen mit den USA

Lawrow wies Medienbehauptungen zurück, wonach ein Treffen zwischen den Präsidenten Russlands und der USA durch Moskaus unnachgiebige Haltung verhindert worden sei. Dabei kritisierte er insbesondere die Berichterstattung britischer Medien scharf:

"Ich würde gerne auf weitere Fälle einer unprofessionellen und, ich würde sagen, schädlichen Berichterstattung über einige Ereignisse durch Massenmedien verweisen, darunter durch britische."

Zu einem angeblichen "harten" Memorandum Russlands, das laut einem Bericht der Financial Times das Gipfeltreffen in Budapest verhindert haben soll, erklärte der russische Außenminister:

"Ziel des Memorandums war es, unsere US-amerikanischen Kollegen daran zu erinnern, worüber wir in Anchorage gesprochen haben und welche Einsichten – zumindest, wie es uns schien – dort erzielt wurden. Dieses inoffizielle Dokument beinhaltete nichts, was nicht in Anchorage besprochen wurde und bei den US-amerikanischen Gesprächspartnern auf Ablehnung stoßen könnte."

Wladimir Putin und Donald Trump hätten normal gesprochen, Putin habe positiv auf Trumps Vorschlag des Treffens in Budapest reagiert, so Lawrow weiter. Auch das Gespräch mit seinem US-Amtskollegen Marco Rubio bewertete der Minister insgesamt positiv, beklagte aber das Ausbleiben weiterer diplomatischer Initiativen Washingtons:

"Wir haben gut, höflich, ohne jegliche Ausfälle gesprochen, bestätigten den prinzipiellen Kurs auf Grundlage der Anchorage-Vereinbarungen und verabschiedeten uns damit. Als Nächstes hätte ein Treffen von Vertretern militärischer, außenpolitischer und wahrscheinlich geheimdienstlicher Behörden folgen sollen, doch ein weiterer Schritt von den USA erfolgte nicht. Stattdessen fiel die Behauptung, dass ein Treffen keinen Sinn hätte."

In Bezug auf die russische Verhandlungsposition stellte Lawrow insgesamt fest:

"Wir halten uns weiter daran, was die Präsidenten besprochen haben. Auch wenn wir uns nicht über jeden Punkt und jedes Komma geeinigt haben, erreichten wir ein Verständnis."

Dabei äußerte Lawrow die Meinung, dass Washingtons Aussagen zu möglichen Atomwaffentests und die Unterbrechung des Verhandlungsprozesses mit Russland in keinem Zusammenhang stehen:

"Ich würde das Thema Atomtests und das Thema Budapest-Gipfel nicht durcheinanderbringen."

Laut Lawrow ist Moskau bereit, Washingtons Sorgen über angebliche "geheime unterirdische Atomtests" zu lüften, und schlägt zudem als "Zeichen des guten Willens" weiterhin die Verlängerung des New-START-Vertrags um ein Jahr vor:

"Lasst uns ein Jahr Bedenkzeit nehmen, aufhören, alles mit der ukrainischen Messlatte zu messen, und die Verantwortung der Großmächte für globale Stabilität betrachten, vor allem im Hinblick auf die Verhinderung eines Atomkriegs. Wir sind dazu bereit."

Ukraine-Regulierung und Position der EU

Lawrow betonte wiederholt, dass Russland die Beseitigung der Grundursachen des Ukraine-Konflikts für eine Voraussetzung für dessen Lösung halte. Dazu gehören eine Demilitarisierung der Ukraine und ihr Nichtbeitritt zur NATO, die Sicherung der Rechte der russischen und russischsprachigen Bevölkerung sowie der Ukrainisch-Orthodoxen Kirche und auch eine Entnazifizierung. In Bezug auf den letzteren Punkt hob der Diplomat hervor:

"Wir erkannten eine Ukraine an, die nicht nazistisch war, die nicht als einziges Land auf der Welt eine Sprache – in diesem Fall Russisch – verboten hat, die gemäß ihrer Unabhängigkeitserklärung ein neutraler, denuklearisierter und blockfreier Staat war."

Indessen rücke Europa und vor allem Deutschland durch seine Remilitarisierung, von diesen Prinzipien zunehmend ab, klagte Lawrow. Dabei seien die Verbindungen des ukrainischen Regimes zum Nazismus hinreichend durch die Existenz neonazistischer Militäreinheiten und deren Auszeichnung durch den ukrainischen Staatschef Wladimir Selenskij belegt. Lawrow führte weiter aus:

"Man möchte meinen, dass es nicht so ist, dass wir etwas erfunden haben, was dem modernen Europa fremd wäre. Es gibt die Urteile im Nürnberger Prozess, die zur UN-Satzung und zur Grundlage des internationalen Systems gehören.

Doch niemand im europäischen Raum stellt bei Kontakten mit der Ukraine Fragen im Zusammenhang mit der Nazifizierung des Landes, niemand spricht das Thema der nationalen Minderheiten an, niemand fordert von Selenskij die Aufhebung des Verbots der Ukrainisch-Orthodoxen Kirche."

Das Ausbleiben jeglicher Kritik am Kiewer Regime aus Europa und das Festhalten an einer bedingungslosen Unterstützung der Ukraine wegen ihrer angeblichen Verteidigung "europäischer Werte" bezeichnete Lawrow als Selbstentlarvung:

"Europäische Werte bedeuten also im Verständnis der heutigen Brüsseler Bürokratie eine Wiedergeburt des Nazismus."

Verhältnis zu Venezuela und China

Unter den nichtwestlichen Ländern ging Lawrow auf Russlands Verhältnis zu Venezuela und China ein.

In Bezug auf Russlands Verhältnis zu Venezuela erklärte Lawrow, dass sich Caracas nicht mit einer Bitte um militärische Hilfe oder Stationierung russischer Waffen auf venezolanischem Gebiet an Moskau gewandt habe. Dabei bleibe Venezuela für Russland ein freundschaftliches Land und ein strategischer Partner. Moskau sei bereit, seinen Verpflichtungen im Rahmen des im laufenden Jahr mit Venezuela geschlossenen Vertrags über strategische Partnerschaft und Zusammenarbeit auch im Bereich der Sicherheit und militärischen Kooperation nachzukommen.

Lawrow verurteilte die Eskalation der USA gegenüber Venezuela:

"Ich kann meinen Kommentar zu Venezuela nicht beenden, ohne zu erwähnen, dass wir die Aktionen der USA für inakzeptabel halten. Unter dem Vorwand der Bekämpfung des Drogenschmuggels zerstören sie Boote, von denen sie behaupten, dass sie Drogen transportieren – ohne rechtliche Verfahren und sogar ohne Anklage."

Russlands Beziehungen zu China bezeichnete Lawrow als beispiellos eng und vertrauensvoll. Der Vertrag zwischen Moskau und Peking über Nachbarschaft, Freundschaft und Zusammenarbeit bleibe "in vollem Maße" aktuell und könnte perspektivisch weiter vertieft werden.

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