Neue Grundursachen des Konflikts – Über Chancen einer Einigung in der Ukraine-Frage

Der US-Präsident hat am Samstag deutlich gemacht, dass er sich erst dann mit seinem russischen Amtskollegen treffen wird, wenn die Bedingungen für ein mögliches Abkommen geklärt sind. Auch Moskau ist der Ansicht, dass dieses Treffen eine gründliche Vorbereitung erfordert.

Von Fjodor Lukjanow

Am Samstag betonte US-Präsident Donald Trump, dass er sich erst dann mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin treffen werde, sobald die Parameter eines möglichen Deals geklärt seien. Dies entspricht auch der russischen Position – dieses Treffen müsse gründlich vorbereitet werden. Allerdings stehen diese Intentionen im Kontrast zueinander. So möchte das Weiße Haus eine möglichst rasche Einstellung der Kampfhandlungen dort, wo sie gerade stattfinden, also an der Kampflinie, und danach sollen sich andere (Europa und andere Mitspieler) darum kümmern.

Der Kreml besteht auf der Beseitigung der Grundursachen des Konflikts, was ein vielschichtiges Paketabkommen erfordert. Und dessen Struktur sollte noch vor dem Waffenstillstand abgestimmt werden. Dabei ist diese Forderung der USA leicht nachvollziehbar: Die militärische Initiative liegt auf russischer Seite, und die Kampfhandlungen stärken die Position Moskaus in den Verhandlungen. Ihre Beendigung würde sie hingegen schwächen. Was das globale Sicherheitssystem angeht, zeigen die Trumpisten grundsätzlich nur begrenztes Interesse an einer Präsenz in Europa.

Europa sollte selbst Verantwortung übernehmen und die USA nicht von wichtigeren Angelegenheiten ablenken. Russlands Ansichten sind durch die langjährige Entwicklung der militärpolitischen Landschaft Europas geprägt, als die Verstärkung des Atlantismus als einziges Szenario in Betracht gezogen wurde. Die Grundursachen des Konflikts liegen darin, wie der Kalte Krieg endete, und in den Impulsen, die diese Entwicklung auslöste. Genau das soll nun neu überdacht werden.

Es gibt hier ein wichtiges Detail. Nach dem Jahr 1991 wurde die Osterweiterung der NATO in erster Linie von politischen Überlegungen bestimmt. Die Expansion der euro-atlantischen Institutionen war weniger eine Vorbereitung auf einen bewaffneten Konflikt als vielmehr ein Mittel, um neue Areale des Westimperiums zu beanspruchen. Die Aufnahme in dieses Militärbündnis war gleichzeitig ein Zeichen des Vertrauens für die Neulinge und ein Instrument zu ihrer Steuerung. Das bedeutet jedoch nicht, dass der Faktor der Militärplanung keine Rolle spielte.

Er war jedoch weit weniger ausgeprägt, als es angesichts der ursprünglichen Ziele und Traditionen dieses Nordatlantikblocks möglich gewesen wäre. Und Russland, das sich gegen die weitere Expansion der NATO aussprach, hatte dabei nicht die unmittelbare, sondern die potenzielle Bedrohung im Blick. Diese wurde durch die mangelnde Bereitschaft der westlichen Gesprächspartner, die Argumente und Vorschläge Moskaus anzuhören, noch verstärkt.

Das, was seit dem Jahr 2022 geschieht, hat einen anderen Charakter. Die NATO-Erweiterung und ihre mögliche Stärkung basieren auf einer rein militärischen Logik der direkten Konfrontation mit Russland. Die Existenz der NATO hat keinen anderen Sinn mehr: Dieser ist in den Hintergrund getreten.

Und der NATO-Beitritt Finnlands und Schwedens unterscheidet sich hinsichtlich seiner Motive und Folgen qualitativ vom Beitritt beispielsweise Kroatiens oder sogar Tschechiens und der Slowakei zu diesem Militärbündnis. Dies gilt umso mehr für eine hypothetische NATO-Mitgliedschaft der Ukraine, die Kiew so sehr anstrebt. Einerseits hat die militärische Sonderoperation in der Ukraine diese Widersprüche offen zutage gebracht und den westlichen Gegenspielern die Möglichkeit genommen, sich diesem Problem zu entziehen. Andererseits hat sie diesen Konflikt auf ein Maximum verschärft und militärische Mittel zur Herstellung des Status quo in den Vordergrund gerückt. Vor Beginn der russischen Militäraktion war die Diskussion über die eigentlichen Konfliktursachen und die europäische Sicherheit zwar sachlich, aber weitgehend theoretisch. Jetzt geht es um die ganz konkrete Frage der Militärkonfrontation.

Diese Situation hat auch Auswirkungen auf mögliche Friedensverhandlungen. Die Frontlage nimmt nahezu entscheidende Bedeutung an, sodass ein angestrebter sofortiger Waffenstillstand äußerst unwahrscheinlich erscheint. Die Grundursachen, die eher historischer Natur waren, gewinnen zunehmend an Aktualität. Es handelt sich um ein militärisch-politisches Ungleichgewicht, das zu einer direkten Konfrontation zwischen Russland und der NATO führen könnte. Entscheidend sind die Beziehungen zwischen Europa und den USA – inwieweit Washington bereit ist, die Prozesse auf dem europäischen Schauplatz zu steuern.

Die Schlussfolgerung ist nicht sehr hoffnungsvoll. Die Bereitschaft der USA, Verhandlungen zu führen, ist unerreichbar. Die Realisierung der russischen Vorstellungen ist noch lange nicht in Sicht. Die Einsätze werden immer höher. Und es wird nicht gelingen, die Lösung dieses Konflikts allein auf territoriale Fragen zu reduzieren.

Übersetzt aus dem Russischen. Der Artikel ist am 26. Oktober 2025 zuerst auf der Homepage der Zeitung Kommersant erschienen.

Fjodor Lukjanow ist Chefredakteur von Russia in Global Affairs.

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