"Ukrainische Soldaten halten es nicht aus" - Wie russische Stoßtrupps kämpfen

Im Gebiet Sumy kämpfen Stoßtrupps der 40. Separaten Brigade der Marineinfanterie der Pazifikflotte, die zuvor an anderen Frontabschnitten im Donbass im Einsatz waren. RIA Nowosti berichtet über Alltag und Erfahrungen der Soldaten.

Von Dawid Narmanija

50 Meter rennen

"Auf unseren Besuch hat sich der Gegner gründlich vorbereitet. Sie hoben zwei Panzergräben aus – etwa fünf bis sechs Meter breit. So einen Graben kann man nicht überspringen, deswegen mussten wir unsere Kampfausrüstung etwas ergänzen", erzählt der Kämpfer des Stoßtrupps der 40. Separaten Brigade der Marineinfanterie der Pazifikflotte mit dem Funknamen Kretschet ("Geierfalke"). Sein Verband wurde kürzlich an einen neuen Abschnitt verlegt.

Zur üblichen Munition, Wasser und Akkumulatoren für Funkgeräte – zusammen mit Waffen und Schutzwesten bereits knapp ein halbes Hundert Kilogramm – kamen ausziehbare Leitern hinzu. Von der Ausstiegsstelle bis zu den Gräben wurden sie fast 15 Kilometer weit geschleppt. Kretschet schmunzelt:

"Anders ging es nicht. Beide Gräben waren tief. Verstecken konnte man sich nirgendwo, nur mit der Kappe die Drohnen wegscheuchen. Im ersten Graben reichte die Leiter noch aus. Und im nächsten mussten wir uns nach der letzten Stufe an irgendwelchen Wurzeln hochziehen, um herauszukommen."

All das unter feindlichem Artilleriefeuer und ununterbrochenen Drohnenangriffen. Eine richtige Routenplanung half – die Kämpfer wählten im Voraus einen Ort aus, an dem die Waldstreifen den Gräben am nächsten kamen. Der Marineinfanterist erklärt:

"Bis dahin musste man etwa 50 Meter rennen, dann begann schon der Wald."

Die Gräben wurden ohne Verluste überwunden und das Dorf Bogatyr in Kürze befreit.

Den gesamten Weg legte Kretschet mit gerissenem Meniskus zurück – ein halbes Jahr vor dem Sturm auf Bogatyr erlitt er diese Verletzung bei der Befreiung der Siedlung Solotaja Niwa westlich von Ugledar. Er erklärt:

"Dort fuhren wir auf eine Mine, überlebten aber alle."

Der nächste Einsatz kam buchstäblich nach zwei Tagen, in Nowoukrainka. Der Kämpfer sagt:

"Wenn es sein muss, ist der Schmerz egal. Ein Auftrag ist ein Auftrag. Doch wenn die Kommandeure vom Bein erfuhren, gaben sie mir keine Befehle und fragten, ob ich bereit sei. Und ich habe verstanden, dass man den Unseren helfen muss, und rückte gemeinsam mit ihnen aus."

Ständige Bewegung

Die Hilfe war tatsächlich notwendig. Kretschet erzählt weiter:

"Das Wichtigste an unserer Arbeit ist, nicht in eine Starre zu verfallen. In Bogatyr teilten wir uns in Zweiergruppen auf. Als wir uns dem angestrebten Punkt näherten, kam ein Angriff mit FPV-Drohnen und Artillerie. Mein Kamerad fragte: 'Was tun? Ich habe Angst.' Das ist normal, alle haben Angst, doch man muss sich beherrschen. Ich habe ihn beruhigt. Wir versteckten uns unter Bäumen, zehn Meter voneinander entfernt, und sprachen miteinander. Ich sage ihm: Mach dir keine Sorgen, da haben wir eine Deckung. Beachte die Drohne nicht, vielleicht übersieht sie uns. Und selbst wenn sie angreift, wird der Baum einen Teil der Splitter auffangen."

Sobald die Drohne weggeflogen war, begann Kretschet, seinen Mitkämpfer anzutreiben. Der Soldat betont:

"Man muss sich ständig bewegen – so ist es schwieriger, sowohl bemerkt, als auch getroffen zu werden. Wenn du an einem Ort feststeckst, bist du verloren. Später, als wir das Dorf säuberten und zum Stützpunkt zurückkehrten, dankte er mir."

"Lass sie nur machen"

Nach dem Einsatz kommen einige Tage Erholung. Ein Sturm kann bis zu eine Woche dauern, geschlafen wird dabei sporadisch, die Kämpfer brauchen Zeit, um sich zu erholen. Dann folgen Training und Vorbereitung auf die nächsten Einsätze. Das dauert zehn Tage bis einen Monat.

Kommandeure von Kompanien und Zügen bereiten die Einsätze sorgfältig vor. Für Kämpfer der Stoßtrupps ist in den Pausen Krepki ("der Feste") zuständig – stellvertretender Kompaniekommandeur für Gefechtsausbildung. Bei der Brigade dient er seit über zwei Jahren, seit 2022 nimmt er an der Spezialoperation teil. Krepki erzählt:

"Die Qualität der gegnerischen Infanterie hat sich jetzt massiv verschlechtert. Es gibt weniger Söldner und Spezialisten, auch die Überzeugten sind gefallen. Doch unterschätzen sollte man sie natürlich nicht. Es gibt auch sehr qualifizierte Verbände, beispielsweise die Jägerbrigaden. Hier, im Gebiet Sumy, leisten sie den stärksten Widerstand. Als ich die Drohnenaufnahmen betrachtete, sah ich, dass sie sich klug und geschickt bewegen. Das ist ein ernst zu nehmender Gegner. Die Territorialverteidigung ist dagegen sehr durchschnittlich."

Ein Sturm auf ukrainische Stellungen ist laut Krepki leichter, als der lange Weg dorthin – im Himmel wimmelt es von Drohnen.

"Vor Feuergefechten fürchtet sich von unseren Jungs niemand, wenn man sie nur lässt. Der Gegner hält nicht stand. Sie ziehen sich oft zurück oder ergeben sich. Es gibt aber auch andere Fälle. An einer Stellung stießen wir auf vier von ihnen und hatten einen langen Schusswechsel. Sie ergaben sich, als ihr Kommandeur getötet wurde. Die Offiziere haben ihnen gedroht, sagten sie: 'Wenn ihr euch zurückzieht, erschießen wir euch'."

Bei längeren Einsätzen ist Ausdauer besonders wichtig und sollte nicht grundlos verschwendet werden, fügt Krepki hinzu. Der stellvertretende Kompaniekommandeur teilt seine Erfahrung:

"Wie die Praxis zeigt, sollte man die Stellung in den ersten drei Tagen besetzen, höchstens am vierten oder fünften Tag – solange die Kräfte frisch sind, solange du nicht moralisch und physisch erschöpft bist, solange der Vorrat an Wasser und Schokolade reicht."

Auch wenn ihm sein Rang ermöglicht, sich auf die Ausbildung von Kämpfern zu konzentrieren, nimmt er immer noch an Gefechtseinsätzen mit ihnen teil. Krepki erklärt:

"Später wird niemand meinem Sohn vorwerfen können, dass sein Vater irgendetwas falsch gemacht hat. Wenn ich fallen sollte, werde ich wie ein Held fallen."

"Wir helfen, so gut wir können"

Unter einem solchen Kommandeur hat die Einheit eine entsprechende Kampfmoral. Auch berufliche Weiterentwicklung wird gefördert. So wurde der Obermatrose mit dem Funknamen Kusnez ("Schmied") zu einem Offizier und Stellvertreter des Kommandeurs für politische Arbeit der Kompanie. Er erzählt:

"Ich kam hierher aus Syrien, noch im Juli 2022. Diente bei einer Mörserbatterie als einfacher Bedienungsmann, warf Minen ins Rohr. Später wurde ich zum Richtschützen, später zum Geschützkommandeur befördert."

Es gab viel Arbeit: Pro Tag werden 200 bis 250 Minen verschossen. Für Erfolge beim Sturm von Pretschistowka wurde Kusnez mit einem Tapferkeitsorden ausgezeichnet. 2024 wurde er zu größeren Kalibern versetzt – in eine Panzerabwehr-Artilleriedivision.

Am Ende des Jahres wurde er zum Politkommissar einer Sturmkompanie berufen. Nach dem Bestehen vor einem Prüfungsausschuss und dem Erhalt eines Offiziersrangs ging es an die Arbeit. Kusnez absolvierte Kurse, um besser zu verstehen, wie man mit dem Personal arbeitet. Er betont:

"Wir versuchen, die Verstärkung selbst sehr sorgfältig auszuwählen. Nicht jeder kann bei einem Stoßtrupp aufgenommen werden. Ich begann, Menschen aufmerksamer zu beobachten. Vorher war ich höchstens für die Bedienung meines Geschützes verantwortlich, und hier ist eine ganze Kompanie. Man muss gründlich sein. Die Menschen sind unterschiedlich – mit einfachem oder kompliziertem Charakter, Gläubige, Atheisten. Jeder braucht seine eigene Herangehensweise."

Kusnez war selbst nicht religiös, doch der Krieg änderte alles. Er erzählt:

"In der Bedienung meines Geschützes diente ein Kämpfer mit dem Funknamen Nabil. Mit ihm konnte man sich gut unterhalten – er hatte sehr interessante Ansichten. Er nahm eine Bibel mit an seinen Posten und las überhaupt viel. Vor den Einsätzen betete er für uns alle. Und eines Morgens sagte er: Ich fühle, dass es heute passieren wird. So geschah es auch – ein Panzer griff uns an, er ist gefallen. Ein schwerer Verlust für mich. Jetzt will ich zurückkehren und mich taufen lassen. Hier geht es auch, doch ich will es im Zivilleben tun."

Während seiner Laufbahn hat Kusnez viele Geschichten gesammelt, doch am meisten prägte sich ein Fall bei Pretschistowka ein:

"Wir gerieten unter Beschuss. Und wir hörten acht Blindgänger – das war sehr merkwürdig, es waren zu viele. Naja, die Mörserschützen sind neugierig, wir fanden die Einschlagsstellen, banden Seile an die Minen und zogen sie aus der Erde. Sie alle hatten keine Zünder. Einige hatten die Aufschrift: 'Wir helfen, so gut wir können'. Das heißt, unsere ukrainischen Kollegen haben es vorsätzlich getan."

Freilich sind es bisher Einzelfälle – vom ukrainischen Militär sind eher Niederträchtigkeiten zu erwarten. Deshalb ist Kusnez auf alle Szenarien vorbereitet.

Das bringt er auch seinen Untergebenen bei. Er versucht, die Charakterbesonderheiten jedes Kämpfers zu berücksichtigen: Manche sind ruhig, manche aufbrausend. Letzteres ist kein Problem, ist der Politoffizier überzeugt. Manchmal motivieren gerade solche Menschen ihre Kameraden in schwierigen Momenten. Und an schwierigen Momenten mangelt es nicht.

Übersetzt aus dem Russischen. Zuerst erschienen bei RIA Nowosti am 1. September.

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