Russlands Tom-Tailor-Chef: "Rückkehr westlicher Marken geht schnell"

Die deutsche Kleidungsmarke Tom Tailor blieb trotz der Schwierigkeiten in Russland. Der Leiter der russischen Niederlassung gibt heute zu: Viele westliche Marken bereiten aktiv den Boden für eine Rückkehr nach Russland vor.

Der deutsche Bekleidungskonzern Tom Tailor ist eine der wenigen westlichen Marken, die im Gegensatz zu "Landsleuten" wie Adidas beschlossen haben, nach dem Beginn der militärischen Sonderoperation in Russland zu bleiben. Das Unternehmen hat in aller Stille seine Logistik und seine Zahlungsmodalitäten neu ausgerichtet und ist weiterhin recht erfolgreich im Land tätig. Die Entscheidung, zu bleiben, sei nicht leicht gefallen, gibt der Generaldirektor von Tom Tailor in Russland Sergei Kondakow zu. Das Unternehmen musste jedoch nicht einmal wie andere Firmen, die im Land blieben, den Markennamen ändern, um westlichen Sanktionen zu entgehen. In einem Gespräch mit der Zeitung Kommersant erzählt Kondakow:

"Wir sind nun tatsächlich eine der wenigen internationalen Marken, die nicht nur auf dem Markt geblieben sind, sondern auch ihren Namen, ihre Beschilderung oder ihre Rechtsform nicht geändert haben. Wir arbeiten jetzt genauso wie bis zum Jahr 2022. Ja, es gab durchaus Überlegungen, wegzugehen. Im Februar/März 2022 waren wir sicher, dass wir auf jeden Fall in Russland weiterarbeiten würden: Denn wir hatten so viel Geld, Zeit und Energie in dieses Geschäft investiert. Aber dann kündigten viele große deutsche Marken nacheinander an, dass sie ihre Aktivitäten in Russland einstellen würden, zum Beispiel Adidas und Hugo Boss. Das war in gewisser Weise ein Dominoeffekt. Das hatte natürlich auch Auswirkungen auf unser Management. Wir fingen an zu diskutieren: wenn wir bleiben, dann in welcher Form; wenn wir gehen, dann, wie wir gehen. Aber wir, die russische Niederlassung der Tom-Tailor-Kette, haben eine ziemlich proaktive Haltung eingenommen und Optionen angeboten, wie wir die Interessen aller Interessengruppen des Unternehmens wahren können."

Anfangs, so Kondakow, habe man beschlossen, für eine Weile "in den Hintergrund zu treten" und zu sehen, was auf dem Markt passiert und in welche Richtung er sich verändert. Tom Tailor hatte vorübergehend seine Geschäfte geschlossen und den Online-Verkauf ausgesetzt. Innerhalb weniger Monate wurden alle Läden dann wieder vollständig geöffnet und der Verkauf in vollem Umfang wiederaufgenommen. Allerdings musste man sich ernsthaft um eine Diversifizierung der Zahlungen bemühen – schließlich mussten die Gewinne an den Hauptsitz des Unternehmens fließen. Und wenn die Commerzbank, die den Zahlungsverkehr abgewickelt hatte, nach Februar 2022 noch einige Zeit in Russland tätig gewesen war, dann musste auch sie den Betrieb einstellen. Doch darauf war das Unternehmen bereits vorbereitet. "Wir überweisen jetzt Geld an die Zentrale über mehrere Banken in Mittel- und Südeuropa", sagt Kondakow und fügt hinzu: "Ich kann ihre Bezeichnungen nicht nennen, aber ich möchte anmerken, dass die meisten der in Russland verbliebenen internationalen Unternehmen jetzt mit ihnen zusammenarbeiten."

Gleichzeitig wurden die logistischen Probleme bewältigt, mit denen alle Bekleidungsmarken, die heute in Russland tätig sind, konfrontiert sind. Heute wird die Kleidung, die Tom Tailor hauptsächlich in Asien herstellt, von Deutschland nach Russland geschickt – per Lkw über Polen, Litauen oder Weißrussland. Auch wenn all diese logistischen Schwierigkeiten bestehen bleiben, sagt der russische Direktor der Marke, werden westliche Brands bei der erstbesten Gelegenheit in das Land zurückkehren. "Die Rückkehr westlicher Marken nach Russland wird genauso schnell erfolgen wie ihre Abwanderung", glaubt er und erinnert an den "Dominoeffekt", der im Jahr 2022 gewirkt hatte. Seine Zuversicht stützt sich auf Fakten: Kondakow zufolge haben viele Marken, die das Land verlassen hatten, bereits im Jahr 2024 begonnen, den Boden für eine mögliche Rückkehr auf den russischen Markt zu sondieren. Er betont:

"Jeder ist sich darüber im Klaren, dass in Zukunft – mittel- oder langfristig – ein Comeback stattfinden wird. Eine andere Sache ist, dass die Hürden für den Wiedereinstieg härter geworden sind, der Wettbewerb um die Kundenbindung hat sehr stark zugenommen. Die Bedingungen für ein Comeback sind vielleicht nicht die günstigsten, aber das heißt nicht, dass es nicht eine Lösung gibt, die für alle passt. Ich denke, dass die russische Wirtschaft von ihrer Rückkehr nur profitieren wird, zumindest durch die Förderung des Wettbewerbs."

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