Der Messenger WhatsApp muss sich auf den Rückzug aus dem russischen Markt vorbereiten. Das erklärte der erste stellvertretende Vorsitzende des IT-Ausschusses der Staatsduma Anton Gorelkin. Laut dem Politiker könnte die frei gewordene Nische vom nationalen Messenger MAX eingenommen werden.
Der Parlamentarier schätzte ein, dass WhatsApp "mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit" auf die Liste der Software aus unfreundlichen Ländern gesetzt wird, die Beschränkungen unterliegt. "Wer ein Anwärter auf den Anteil von WhatsApp sein wird, ist meiner Meinung nach allen klar – es ist der nationale Messenger", betonte Gorelkin. Ihm zufolge stellt die Präsenz von WhatsApp im digitalen Raum Russlands eine "legale Lücke in der nationalen Sicherheit" dar.
Gorelkin wies darauf hin, dass WhatsApp "keinen einzigen Schritt auf uns zugekommen" sei: Es habe weder die Daten der Nutzer lokalisiert noch eine Vertretung eröffnet. Das Schicksal von WhatsApp in Russland sei besiegelt, meint er. "Der Weggang solcher Plattformen ist kein Verlust, sondern eine Chance, eigene, sichere und souveräne Lösungen zu entwickeln, die den Interessen der Bürger und des Staates entsprechen", fügte Gorelkin hinzu.
Dass der Wechsel ein gewaltiger Umbruch im Kommunikationsverhalten der meisten russischer Mobilfunk- und Internetnutzer bedeutet, darüber ist sich die Regierung im Klaren. Der Pressesprecher des russischen Präsidenten, Dmitri Peskow, wies bei einer Pressekonferenz darauf hin, dass WhatsApp weltweit beliebt ist, auch in der Russischen Föderation.
"Dieser Dienst ist der beliebteste seiner Art. Und wie alle Dienste hat er natürlich bestimmte Verpflichtungen gemäß den Gesetzen der Russischen Föderation. Alle Gesetze müssen eingehalten werden", sagte er.
Laut Daten von Mediascope für April 2025 betrug die monatliche Reichweite von WhatsApp in Russland 97,4 Millionen Menschen (79,2 Prozent der Bevölkerung über zwölf Jahren). Nach diesem Indikator nimmt der Messenger in Russland den ersten Platz unter allen Internetdiensten ein. Die durchschnittliche tägliche Reichweite von WhatsApp unter dem russischen Publikum erreichte 84,4 Millionen (68,6 Prozent).
Knapp gefolgt wird WhatsApp von VKontakte mit 94 Millionen Nutzern und Telegram mit monatlicher Reichweite von 89 Millionen Nutzern. VKontakte funktioniert ähnlich wie Facebook als soziales Netzwerk mit integriertem Messengerdienst, Telegram als Nachrichtenverteiler und Messengerdienst. Ein weiterer populäre Messengerdienst in Russland ist Viber. Weltweit ist WhatsApp mit Abstand der beliebteste Messengerdienst.
Derzeit ist WhatsApp der einzige der drei großen Dienste von Meta, der weiterhin in Russland funktioniert. Die sozialen Netzwerke Instagram und Facebook wurden 2022 gesperrt, da der Mutterkonzern Meta in Russland ist als extremistisch anerkannt und verboten wurde. Grund waren die systematische Verfolgung russischer Medien wie RT oder Sputnik auf Meta-Plattformen und Schikanen gegen prorussische Nutzer.
Der Kreml drängt auf digitale Souveränität und fördert immer mehr lokale Dienste. Telegram kann voraussichtlich drohende Beschränkungen umgehen, indem es sich nun an russisches Recht hält. Erst am Dienstag wurde berichtet, dass Telegram den rechtlichen Prozess zur Eröffnung einer Repräsentanz in Russland eingeleitet hat. Diese Entscheidung fällt fast vier Jahre, nachdem Russland von ausländischen Technologieunternehmen verlangt hat, eine physische Präsenz vor Ort aufzubauen.
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