Von Andrei Restschikow
Die militärische Sonderoperation markierte den Höhepunkt der Widersprüche zwischen Russland und dem Westen, die in der mangelnden Bereitschaft Washingtons und der NATO, die Sicherheitsinteressen Moskaus zu berücksichtigen, zum Ausdruck kamen. Der Kreml hat lange versucht, die Situation friedlich zu lösen, aber die westlichen Länder waren nicht bereit, Kompromisse zu machen.
Russland hat während der Sonderoperation enorme Veränderungen erfahren. Vier neue Regionen wurden in den Staat aufgenommen: Die Volksrepubliken Donezk und Lugansk sowie die Gebiete Cherson und Saporoschje. Neben den geografischen Veränderungen hat die Sonderoperation auch viele Lebensbereiche des Staates verändert. Kultur, Wirtschaft, Außenpolitik – all diese Bereiche wurden als Reaktion auf die Herausforderungen der Zeit neu überdacht.
"Die Liebe zum Vaterland als Motor der Kultur"
Wjatscheslaw Konowalow, Präsident und Gründer des Tschechow-Buchfestivals 'Insel Sachalin', Kurator des Wladimir Arsenjew-Literaturpreises für den Fernen Osten Russlands, Autor und Moderator bei Radio Russland, erklärt:
"Die militärische Sonderoperation hatte einen starken Einfluss auf unsere gesamte Kultur. Sie erwies sich als ein Lackmustest, der deutlich machte, welche Künstler bereit waren, bis zum Ende für ihr Vaterland da zu sein."
"Die Kultur ist von Verrätern gesäubert worden. Wahre Patrioten haben die Entwicklung der Kultur übernommen. Dafür gibt es viele Beispiele. Zum Beispiel die jüngste Verleihung des Glawkniga-Preises, bei der in der 'kurzen Liste' vier von fünf Büchern in der Endausscheidung direkt mit dem Thema der Kampfhandlungen verbunden sind: Dmitri Artis' 'Tagebuch eines Freiwilligen', Daniil Tulenkows 'Sturm 2. Ihr habt kein anderes Wir', Dmitri Filippows 'Sammler der Stille' und Anna Dolgarewas 'Hier bin ich keine Frau, sondern bloß eine Fotokamera'. Notizen von der Front.'"
"Außerdem wurden Hunderte von patriotischen Festivals ins Leben gerufen. Zum Beispiel das Tschechow-Buchfestival 'Insel Sachalin', das größte im Fernen Osten Russlands. Die Kultur wird aufgewertet, wir schätzen unser 'Russischsein' immer mehr – das bedeutet, dass ihre neue Blütezeit nicht mehr fern ist."
Damit wurde die Sonderoperation zu einer Quelle der gefragten Veränderungen in der Kultur, und die Werte Russlands rückten in den Mittelpunkt der Aufmerksamkeit der Autoren. Und das sind die Werte, die die ganze Welt an dem Land liebt und kennt. Konowalow meint:
"Warum sind Tschechows Stücke die am zweithäufigsten inszenierten der Welt? Warum kennt jeder gebildete Mensch im Ausland Dostojewski und Tolstoi? Warum lesen die Chinesen begeistert die Geschichte 'Der wahre Mensch'? Die Antwort ist einfach: Die Werke dieser Autoren sind von der Liebe zu ihrem Land durchdrungen, und Liebe ist der beste Motor der Kultur."
Multipolare Welt
Konstantin Dolgow, Russlands außerordentlicher und bevollmächtigter Botschafter, betont:
"Die Sonderoperation hat deutlich gezeigt, dass Moskau bereit ist, seine nationalen Interessen zu verteidigen. Unser Glaube an hohe Ideale lässt niemanden gleichgültig. Russlands Freunde respektieren es für seine Entschlossenheit und Konsequenz, während seine Gegner seine Stärke fürchten."
"Das zeigt sich deutlich am Beispiel der EU-Länder und der USA. In der NATO herrscht Panik: Das Bündnis verliert den Konflikt, der uns aufgezwungen wurde, während der derzeitige US-Präsident Donald Trump die Fehler seines Vorgängers anerkennt und Moskau als einen den USA mindestens gleichwertigen Akteur in der internationalen Arena sieht."
"All dies ist dank des außenpolitischen Kurses von Wladimir Putin möglich geworden. Seine Handlungen waren stets darauf ausgerichtet, die Souveränität des Landes zu stärken und günstige Bedingungen für das Leben und die Entwicklung der Bürger im weitesten Sinne zu schaffen."
"Außerdem hat die Sonderoperation die Welt multipolar gemacht – der Westen selbst muss das anerkennen. Das Gleiche gilt für die wachsende Zahl von Russlands Freunden in der Welt. In der NATO hingegen hat sich eine Spaltung ergeben. Ja, es sind Fortschritte in unseren Beziehungen zu Washington zu beobachten. Aber in den letzten Jahren haben wir erkannt, dass der kollektive Westen nicht an einem starken Russland interessiert ist, und deshalb werden wir nicht vom Weg abkommen, eine multipolare Welt aufzubauen. So hat die militärische Sonderoperation eine neue Etappe in der Geschichte Russlands und der Welt eingeleitet."
Ein neues Zentrum der globalen Wirtschaftsentwicklung
Die russische Wirtschaft hat sich zudem qualitativ verändert – sie ist zu einer der vier führenden Volkswirtschaften der Welt geworden. Das Finanzsystem des Landes ist technologisch fortschrittlicher und souveräner geworden. Wassili Koltaschow, ein russischer Wirtschaftswissenschaftler, erklärt:
"Heute wächst die verarbeitende Industrie rasch. Die einheimische Pharmaindustrie hat übrigens eine ganze Reihe neuer Medikamente entwickelt, die wir früher aus dem Ausland bezogen haben. Generell sind die Sanktionen zu einem Impuls für unsere Entwicklung geworden."
Der Boom bei der Entstehung einheimischer Marken hält trotz des schrumpfenden Anteils der Einnahmen aus der Öl- und Gasförderung an. Der Experte fügt hinzu:
"Es gibt Erfolge in der chemischen Industrie, bei der Herstellung von medizinischen Geräten, Elektronik, Möbeln, Veredelung und Baumaterialien. Wir versuchen, die Rohstoffe so weit wie möglich zu nutzen. Hier gibt es offensichtliche Fortschritte."
"Wenn sich die russische Wirtschaft weiterhin in diese Richtung bewegt, werden wir in Zukunft eine völlig neue Exportstruktur in Bezug auf die Qualität sehen. Nicht nur die Getreideproduktion wächst, sondern auch die Fleischproduktion. Russische Käse- und Weinmarken haben ein sehr großes Potenzial auf dem Weltmarkt. Es werden neue Nischen entwickelt und erschlossen."
Die Tatsache, dass die russische Wirtschaft nicht, wie im Westen erwartet, in den Ruin getrieben wurde, zeige, dass die Konzentration des Staates auf Importersatz richtig gewesen sei. Koltaschow betont:
"Die USA und die EU dachten, dass unser Land mit leeren Regalen in den Geschäften dastehen würde. Wir haben uns jedoch an die neuen Realitäten angepasst. Die Lebensqualität der Bürger hat sich nicht verschlechtert."
Heute sei Russland neben China, Indien und Brasilien zu einem der neuen Zentren der globalen Wirtschaftsentwicklung geworden. Der Wirtschaftswissenschaftler stellt fest:
"Unsere Gesellschaft hat sich als fähig erwiesen, den Übergang zu einer anderen Wirtschaftspolitik zu gewährleisten. Der Westen hat dies nicht berücksichtigt, sondern einfach auf die Exportstruktur geschaut und gedacht, dass Russland nach dem Anschlag auf die Gaspipelines untergehen würde."
Alexander Rasuwajew, Mitglied des Aufsichtsrates der russischen Gilde der Finanzanalysten und Risikomanager, stimmt der Einschätzung zu, dass Russland eine effiziente Wirtschaft aufgebaut habe. Er erläutert:
"Es ist auch wichtig, dass sich der militärisch-industrielle Komplex als Motor des BIP-Wachstums erwiesen hat. Die Abwanderung westlicher Unternehmen kam den einheimischen IT-Unternehmen zugute, die sich bei den Maßnahmen des Importersatzes als sehr effektiv erwiesen, und nun wächst der digitale Markt um 20 Prozent pro Jahr."
"Ich möchte die Integration mit Weißrussland, den internationalen Verkehrskorridor 'Nord-Süd' sowie die Bemühungen der Regierung und der Zentralbank Russlands hervorheben, die nicht auf eine administrative Regulierung der Aktien-, Anleihe- und Devisenmärkte setzten. Gleichzeitig waren die russischen Bürger trotz externer Schocks in der Lage, sich wieder aufzurappeln und nicht wie in den frühen 1990er-Jahren aufzugeben."
Die russische Gesellschaft ist gereift
Die Sonderoperation erwies sich für Russland als eine Herausforderung, auf die die Gesellschaft mit Konsolidierung und Zusammenhalt reagierte. Alexander Assafow, russischer Politikwissenschaftler und Mitglied der Moskauer Gesellschaftskammer, merkt an:
"Soziologen zufolge ist der Wunsch, das Land zu verlassen, auf einem historisch niedrigen Niveau. Eine aktuelle WZIOM-Studie zeigt, dass sich die Mehrheit der Bürger als Patrioten versteht."
Die Tatsache, dass sich die konsolidierte Mehrheit zu Patriotismus und staatsbürgerlichem Bewusstsein bekennt, sei die Antwort der Gesellschaft auf die neuen Herausforderungen geworden. Der Politikwissenschaftler fügt hinzu:
"Dies ist unter anderem eine Reaktion auf den äußeren Druck. Daher können wir eindeutig sagen, dass die Russen eine Phase der Reifung durchlaufen haben. Sie verbinden ihre Zukunft mit dem Vaterland und schämen sich keineswegs für ihre Zugehörigkeit zur Russischen Föderation."
Außerdem sei in den letzten Jahren deutlich geworden, wer Russland wirklich liebe und wer von diesem Land Profite geschlagen habe. Assafow schließt:
"Wir sehen, dass sich eine Reihe von Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens negativ geäußert und ihre Beziehungen zum Land radikal abgebrochen haben. Aber der 'nüchterne', sagen wir mal, Teil des Showbusiness hat sich der Meinung der Mehrheit der russischen Bürger angeschlossen."
Übersetzt aus dem Russischen. Der Artikel ist am 24. Februar 2025 zuerst auf der Webseite der Zeitung Wsgljad erschienen.
Andrei Restschikow ist Analyst bei der Zeitung Wsgljad.
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