Russland: Verbot von "Childfree-Propaganda" nimmt erste Hürde

Die Verbreitung von Inhalten für ein freiwilliges Leben ohne Kinder soll in russischen Medien und im Internet verboten werden. Damit sollen traditionelle Werte geschützt und dem Geburtenrückgang entgegengewirkt werden. Bei Verstößen drohen hohe Geldstrafen.

Am Donnerstag hat die russische Staatsduma in erster Lesung ein Gesetz verabschiedet, das die Verbreitung von Werbung für Kinderlosigkeit in den Medien und im Internet verbietet. Mit 388 Ja- und keiner Gegenstimme unterstrichen die Abgeordneten damit ihr Ziel, traditionelle Werte zu schützen und dem Geburtenrückgang im Land entgegenzuwirken.

Wjatscheslaw Wolodin, der Sprecher der Staatsduma, bezeichnete das Vorhaben als Teil einer umfassenderen Strategie zur Schaffung eines einheitlichen Rechtsrahmens zum Schutz von Kindern, Familien und traditionellen Werten. Er schrieb auf Telegram:

"Es ist wichtig, die Menschen, insbesondere die jüngere Generation, vor der Ideologie der Kinderlosigkeit im Internet, in den Medien, in Filmen und in der Werbung zu schützen."

Er stellte klar, dass es sich um ein Propagandaverbot handele. Es bleibe aber die Entscheidung der Frau, ob sie Kinder haben wolle oder nicht.

Personen, die gegen das Gesetz verstoßen, müssen mit Geldstrafen von bis zu 400.000 Rubel (rund 4.000 Euro) rechnen, Beamte mit bis zu 800.000 Rubel (8.000 Euro) und Unternehmen mit bis zu fünf Millionen Rubel (50.000 Euro).

Anna Kusnezowa, stellvertretende Sprecherin der Staatsduma, betonte in ihrer Rede, dass die Childfree-Propaganda eine "Waffe des Feindes" sei. Diese töte "unsere Kinder", sagte die siebenfache Mutter. Elwira Aitkulowa, Mitglied des Bildungsausschusses der Staatsduma, äußerte sich positiv über das Vorhaben. Sie betonte, dass russische Familien nun die Freiheit hätten, Entscheidungen über Nachkommen zu treffen, ohne dem Druck der Medien ausgesetzt zu sein.

Der entsprechende Gesetzentwurf war Ende September von einer Gruppe russischer Abgeordneter und Senatoren eingebracht worden. Zu den Verfassern gehört neben Wolodin auch die Sprecherin des Föderationsrates Walentina Matwijenko. Das Gesetz muss nun noch zwei weitere Lesungen im Unterhaus passieren, bevor es vom Oberhaus gebilligt und schließlich vom Präsidenten unterzeichnet werden kann. Dies ist der dritte Versuch in den vergangenen zwei Jahren, die "Propaganda der bewussten Ablehnung von Kindern" in Russland zu verbieten. Die beiden vorherigen Änderungspakete, die 2022 und 2023 eingebracht wurden, schafften es nicht einmal bis zur ersten Lesung.

Der Anwalt Wladislaw Gubko sagte in einem Interview mit der Nachrichtenplattform RBK, sollte das Gesetz verabschiedet werden, "könnte jeder Online-Beitrag einer Frau über 25, in dem sie ihre Kinderlosigkeit mindestens einmal in einem positiven Kontext erwähnt, und vor allem, wenn sie erwähnt, dass sie keine Kinder haben will, als Propaganda für Kinderlose angesehen werden". Offenbar wäre es dann unmöglich zu sagen, wie schön es ist, ohne Kinder zu leben, meinte er.

Das Verbot ist eine Reaktion auf die sinkenden Geburtenraten in Russland, die seit Jahren ein gesellschaftliches Problem darstellen. Auch die Wiedereinführung einer Steuer für Kinderlose, wie es sie in der Sowjetunion gab, wird diskutiert.

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