3,9 Prozent Wachstum – Russisches Wirtschaftsministerium korrigiert Prognose nach oben

Die russische Wirtschaft wächst rasant. Das Wirtschaftsministerium hat seine Prognose für das laufende Jahr auf 3,9 Prozent angehoben. Die Löhne steigen, Russlands Aufschwung ist selbsttragend. Probleme gibt es derzeit im internationalen Zahlungsverkehr. Die Zentralbank arbeitet an Lösungen.

Das russische Wirtschaftsministerium hat seine Erwartungen zur Entwicklung der russischen Wirtschaft nach oben korrigiert. Mit 3,9 Prozent Wachstum des BIP rechnet das Ministerium nun für das laufende Jahr. Bei ihrer Prognose im April waren die russischen Wirtschaftsexperten noch von einem Wachstum von lediglich 2,8 Prozent ausgegangen. Als einen der Gründe für die Korrektur der Wachstumsprognose nennt das Ministerium unter anderem die steigende Produktivität.

Auch für das kommende Jahr wurden die Erwartungen nach oben korrigiert. Für 2025 prognostiziert das russische Wirtschaftsministerium jetzt ein Wachstum von 2,5 Prozent; im April wurde noch ein Wachstum von 2,3 Prozent angenommen. Das Wachstum des BIP führt zu steigenden Löhnen und gibt damit der Inflation Auftrieb. Mit dem BIP korrigierte das Ministerium auch die Inflationserwartung von 5,1 auf 7,3 Prozent nach oben. Im kommenden Jahr soll sich der Preisauftrieb abschwächen und noch bei 4,5 Prozent liegen. Die russische Zentralbank strebt mit ihrer Geldpolitik eine Inflationsrate von 4 Prozent an.

Für den Optimismus gibt es gute Gründe. Zum einen wird erwartet, dass die Arbeitslosigkeit in Russland auf ihrem historisch niedrigen Niveau von 2,6 Prozent verharrt. Zum Vergleich: die Arbeitslosigkeit im Euro-Raum liegt bei 6,4 Prozent, die Jugendarbeitslosigkeit gar bei über 14 Prozent. 

Aufgrund der steigenden Löhne vor allem im Niedriglohnbereich investieren die Produzenten in Ausrüstung. Die Produktivität erhöht sich. Demnach steigt die Produktivität in diesem Jahr um 7,8 Prozent. Gleichzeitig werden dadurch Arbeitskräfte für höherwertige Arbeiten freigesetzt. Der Mangel an Arbeitskräften ist auch in Russland ein Problem, dem wird hier aber mit Investitionen in die Ausrüstung begegnet.

Mit den steigenden Löhnen stieg auch die Nachfrage stärker als ursprünglich erwartet. 

Trotz der straffen Geldpolitik der Zentralbank, die den Leitzins zuletzt auf 18 Prozent angehoben und eine weitere Anhebung nicht ausgeschlossen hat, bleibt die Investitionstätigkeit hoch. Das Wirtschaftsministerium geht jedoch von einer Verlangsamung aus. Zwei Prozent ist die in diesem Zusammenhang genannten Zahl. In Deutschland geht das ifo-Institut indes von insgesamt stagnierenden Investitionen im laufenden Jahr aus, relevante Produktivitätszuwächse wurden in Deutschland in den letzten Jahren nicht verzeichnet. 

Eine ähnlich positive Entwicklung wird in Russland auch bezüglich der Kaufkraft der Verbraucher erwartet. Die Reallöhne steigen in diesem Jahr um 9,2 Prozent, prognostiziert das Ministerium nun. Auch diese Zahl wurde nach oben korrigiert. Im April war noch ein Lohnanstieg von real 6,5 Prozent erwartet worden. Für das kommende Jahr wird sich der Auftrieb verlangsamen und ein Reallohnzuwachs von nur noch 7 Prozent erwartet. Die russischen Verbraucher sind in Kauflaune.

Gleichzeitig erzielt Russland einen deutlichen Überschuss in der Handelsbilanz. Das Land importiert in diesem Jahr voraussichtlich Waren im Wert von 294,9 Milliarden Dollar und exportiert in einem Umfang von 427,6 Milliarden Dollar. Das Ministerium erwartet daher auch eine Schwächung des Dollars gegenüber dem Rubel.

Probleme bereitet der russischen Wirtschaft derzeit der internationale Zahlungsverkehr. Aus Angst vor repressiven Maßnahmen der USA setzten zahlreiche chinesische Banken die Abwicklung von Geschäften mit Russland aus. Das gilt ebenfalls für ehemalige Sowjetrepubliken wie Kasachstan, Usbekistan und Tadschikistan. Die russische Zentralbank arbeitet derzeit an Lösungen. Unter anderem geplant ist demnach der vermehrte Einsatz von Kryptowährung zur Umgehung der repressiven Maßnahmen des kollektiven Westens. Mittelfristig planen die BRICS-Staaten die Schaffung einer eigenen Reservewährung und damit eine Entkopplung vom Westen. Die Entdollarisierung ist das Ziel zahlreicher Länder des Globalen Südens. Damit würde die Fähigkeit der USA, Sanktionen zu verhängen, deutlich geschwächt.

Mehr zum Thema – Hat die EU plötzlich erkannt, wie katastrophal ihre Wirtschaftslage ist?