Der russische Parfümmarkt durchläuft eine seit langem nicht mehr gekannte Umstrukturierung. Wurde er in den letzten 40 Jahren von westlichen Marken dominiert, so kann man heute mit Gewissheit sagen, dass hier ein neuer Markt für heimische Parfümerie entstanden ist und neue Brands schnell an Popularität gewinnen. Die Zeitung Iswestija schreibt unter Berufung auf Informationen des russischen Zentrums für Entwicklung fortgeschrittener Technologien:
"Die Russen stellen allmählich auf einheimische Parfümerie um. Das Wachstum der Produktion im Land für das Jahr (von Juli 2023 bis Juli 2024) betrug 28,4 Prozent. Die Herstellung von Parfüm ist am stärksten gestiegen ‒ um das 2,5-Fache. Der Marktanteil der einheimischen Hersteller wird derzeit auf 62 Prozent geschätzt und wächst weiter ‒ er stieg im Laufe des Jahres um 13 Prozent. Der Anteil der Einfuhren geht allmählich zurück."
Ein wenig Statistik. In diesem Zeitraum stieg die Produktion von Parfümen in Russland am stärksten an und erreichte 2,8 Millionen Einheiten. Im Vergleich zum Vorjahreszeitraum stieg die Produktion um 157 Prozent. Im Juli entfielen auf diese Produktgruppe 36,5 Prozent der gesamten Parfümproduktion des Landes. An zweiter Stelle steht Eau de Toilette: 2,7 Millionen Einheiten wurden produziert, sein Anteil an der gesamten Parfümproduktion des Landes betrug 34,3 Prozent. Schlusslicht der Rangliste ist das Eau de Parfum: 2,1 Millionen Einheiten mit einem Marktanteil von 26,9 Prozent. Seine Produktion stieg um 20 Prozent.
Die russische Parfümeurin Alina Pogudkina erklärte gegenüber Iswestija, dass einer der Gründe für das Wachstum des heimischen Parfümmarktes darin liege, dass viele ausländische Marken Russland aufgrund der Sanktionen verlassen hätten. Ihr zufolge sei die Wirtschaft auch daran interessiert, für die Bürger erschwinglichere Marken zu liefern, sodass ein aktiver Prozess der Importsubstitution erfolge.
Obwohl die Importsubstitution in der Parfümindustrie funktioniert, gibt es Probleme, die mit der Vergangenheit der russischen Wirtschaft zusammenhängen, zum Beispiel Schwierigkeiten mit Rohstoffen. Traditionell werden alle Rohstoffe für Parfümerieprodukte aus Frankreich importiert. Und das nicht, weil es in Russland keine eigenen gäbe. Es ist einfach so, dass die russischen Rohstoffe, von Kräutern bis hin zu Zitrusfrüchten, seit Ende des 20. Jahrhunderts zunächst als Öle nach Frankreich exportiert und dort verkauft werden, um dann von den russischen Parfümeuren "zurückgekauft" zu werden. "Nichtsdestotrotz erlebt die heimische Parfümerie eine Renaissance ‒ es entstehen zahlreiche Marken, und das Interesse und vor allem der Respekt vor ihnen wächst", sagt der russische Parfümeur Timur Solodow, Gründer der Nischenparfümmarke Nōse perfumes, in einem Gespräch mit dem Magazin Buro 247.
Interessanterweise liegt Russland hier im globalen Trend ‒ weltweit ist in diesem Jahr ein Anstieg des Interesses an Parfümerie und somit des Marktwachstums zu verzeichnen. "Bemerkenswert ist, dass unter den Top-5 der Länder mit dem größten Parfümmarkt, hinter den Vereinigten Staaten, Brasilien, Frankreich und dem Vereinigten Königreich, Russland zu finden ist", stellt Buro 247 fest.
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