Ein mit US-Sanktionen belegter Flüssigerdgas (LNG)-Tanker ist von der Anlage Arctic LNG 2 entlang der russischen Nördlichen Seeroute (NSR) in Richtung Asien unterwegs, berichtete Business Standard am 10. September. Nach den Schiffsüberwachungsdaten der LSEG wurde der Tanker Everest Energy in der Anlage Arctic LNG 2 mit LNG beladen und ist nun auf dem Weg von der Karasee zur Laptewsee entlang der NSR.
Laut einem Beitrag auf dem Nachrichtenportal TheCradle vom Dienstag, möchte Russland die Nordmeerroute (NSR) zu einer rentablen Schifffahrtsroute machen, um damit die Transitzeiten zwischen Europa und Asien zu verkürzen. Die meisten Güter, die derzeit zwischen Europa und Asien verschifft werden, passieren den ägyptischen Suezkanal.
Der Tanker Everest Energy ist Teil der russischen Schattenflotte, die Erdgas aus der von der russischen Firma Novatek betriebenen Anlage Arctic LNG 2 transportiert. Das Schiff unterliegt den Sanktionen des US-Finanzministeriums gegen Russland, die als Reaktion auf Moskaus Eingreifen in den Ukraine-Krieg verhängt wurden. Das Meereis behindert jede Bewegung auf der Route von Murmansk, nahe der russischen Grenze zu Norwegen, zur Beringstraße in der Nähe von Alaska.
Nach Angaben von gCaptain wurden seit 2017 Hunderte Flüssiggaslieferungen über die NSR abgewickelt, allerdings nur durch den Einsatz hoch spezialisierter, eisfähiger Schiffe. Everest Energy ist das erste reguläre Schifffahrtsunternehmen, das die 3.500 Seemeilen lange Route befahren will, auf der das Eis allmählich zurückgeht. Das Arctic Institute hatte vor Jahren bekannt gegeben, dass die Nordmeerroute aufgrund der schwindenden Eisdecke zunehmend interessanter würde. Im Jahr 2011 hatte das Institut erklärt:
"Diese Wasserstraßen waren für Schifffahrtsunternehmen von geringem Interesse, als dickes, mehrjähriges Meereis die Gewässer entlang der Nordküste Kanadas und Russlands blockierte. Aber jetzt führt der Klimawandel dazu, dass das Eis dünner wird und zurückgeht."
Der genaue Bestimmungsort des Everest Energy-Tankers ist noch unbekannt. Nach einem Bericht des Nachrichtenmagazins Attaqa dürfte die LNG-Ladung wahrscheinlich zum schwimmenden Speicher Koryak auf der russischen Halbinsel Kamtschatka oder zu einem Empfangsterminal in einem asiatischen Land gebracht werden.
Die US-Sanktionen können Russland daran hindern, LNG aus dem Arctic-2-Terminal in das nahe gelegene Europa und in mit dem Westen verbündete Länder zu exportieren. Attaqa zufolge sei es jedoch unwahrscheinlich, dass die Sanktionen den Verkauf von russischem LNG außerhalb dieses Rahmens, insbesondere nach China und Indien, vollständig verhindern können.
Die EU hat keine Sanktionen gegen russisches Gas verhängt. Obwohl die Lieferungen über die Nord-Stream-Pipelines nach deren Sabotage im September 2022 eingestellt wurden, fließt russisches Gas im Rahmen einer Vereinbarung zwischen Moskau und Kiew weiterhin über Pipelines durch die Ukraine nach Europa. Zum Jahresende 2024 läuft diese Vereinbarung aus. In den ersten sieben Monaten des Jahres 2024 stiegen in Europa die Einfuhren von russischem LNG trotz des anhaltenden Krieges in der Ukraine um fast 10 Prozent auf 11,27 Millionen Tonnen.
Mehr zum Thema – Gastransit durch Ukraine: EU bereitet sich auf Lieferstopp aus Russland vor