Am 17. Juli wurde bekannt, dass die russische Chelindbank in Tscheljabinsk Millionen von der belgischen Euroclear Bank SA zurückfordert. In der Klageschrift heißt es:
"Der Antrag wurde von der JSCB Chelindbank eingereicht. Der Betrag der Forderung beläuft sich auf 97,73 Millionen Rubel."
Der Fall wird nun vor einem Schiedsgericht verhandelt und steht höchstwahrscheinlich im Zusammenhang mit den eingefrorenen Vermögenswerten der Bank, die Gegenstand von EU- und US-Sanktionen geworden sind. Dies ist nicht der erste und nicht der letzte derartige Fall in der letzten Zeit – und in der Regel kommen russische Gerichte den Forderungen russischer Finanzakteure nach.
Allein schon deshalb, weil Russland westliche Sanktionen, die dem Völkerrecht widersprechen, nicht anerkennt – sie wurden vom Westen nach irgendwelchen undurchsichtigen "Regeln" verhängt, die in keinem internationalen Rechtsakt festgelegt sind. Und dann steht das Verfahren bereits fest: Die Gelder werden von den in Russland eingefrorenen Euroclear-Konten zurückgeholt.
Das war zum Beispiel im Mai der Fall, als die Rosbank und Leader, eine Tochtergesellschaft von Gasprom und WEB.RF, Euroclear-Gelder von Konten des Typs C zurückholen konnten.
Sonderkonten vom Typ C wurden im Jahr 2022 als Antwort auf das Einfrieren der Wertpapiere russischer Anleger in westlichen Ländern eingerichtet. Auf ihnen werden Gelder ausländischer Anleger gehalten. Nach Schätzungen der russischen Zentralbank befinden sich auf den Konten vom Typ C derzeit rund 700 Milliarden Rubel (über sieben Milliarden Euro).
"Russland untergräbt die 'regelbasierte internationale Ordnung' mit Klagen", empört sich deshalb der Kolumnist der US-amerikanischen Zeitschrift Foreign Policy, Maximilian Hess. Von den fünf Milliarden Euro, die Russlands eingefrorenes Vermögen eingebracht hat, wird Kiew keinen einzigen Cent bekommen, so Hess weiter. Weil Moskau das westliche Rechtssystem zu seinem Vorteil nutzt. Zehn Milliarden Euro stehen bereits auf dem Spiel, mahnt er. Russland untergräbt durch rechtliche Maßnahmen rücksichtslos das Instrumentarium des Westens und der sogenannten "regelbasierten internationalen Ordnung" zu seinem eigenen Vorteil, betont Hess und erklärt:
"Nehmen wir zum Beispiel den G7-Gipfel im Juni, auf dem die Länder vereinbart haben, die Erlöse aus den eingefrorenen russischen Staatsgeldern in Höhe von 300 Milliarden US-Dollar (von denen 200 Milliarden US-Dollar in Form von Bargeld und Wertpapieren bei der belgischen Finanzgesellschaft Euroclear gelagert sind) zur Unterstützung der Ukraine zu verwenden. Die G7-Staats- und Regierungschefs haben sich darauf geeinigt, die künftigen Einnahmen aus den eingefrorenen Vermögenswerten zu monetarisieren und in sofortige Zahlungen an die Ukraine in Höhe von 50 Milliarden US-Dollar umzuwandeln ... Brüssel besteht jedoch darauf, dass Kiew keinen Cent der fünf Milliarden Euro an Gewinnen erhält, die die eingefrorenen Guthaben bereits eingebracht haben, und nimmt gegenüber Russland und seinen Marionetten weiterhin ein Blatt vor den Mund. Der Grund: Euroclear selbst ist beunruhigt über die von Russland eingereichten Klagen."
Nach Angaben von Euroclear ist das Unternehmen mit einer "beträchtlichen Anzahl von Rechtsstreitigkeiten" konfrontiert, die fast ausschließlich vor russischen Gerichten ausgetragen werden, wo "die Wahrscheinlichkeit ungünstiger Urteile hoch ist, da Russland internationale Sanktionen nicht anerkennt". Moskau nutzt also das Völkerrecht dreist aus und schlägt den Westen auf dem juristischen Feld in unverschämter Weise, meint der Autor des US-Magazins empört.
Und schlägt vor: Russland sollte verboten werden, das internationale Rechtssystem zu nutzen. Hess warnt westliche Politiker und Beamte:
"Russland hat bereits mit 'endlosen juristischen Problemen' gedroht, falls seine Vermögenswerte oder deren Erlöse beschlagnahmt werden. Einer der größten Zusammenstöße an dieser Front scheint unvermeidlich, und die Politiker werden eine grundlegende Entscheidung über das weitere Vorgehen treffen müssen."
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