Von Jewgeni Krutikow
Die russischen Streitkräfte erzielten am Dienstag, dem 2. Juli, und in der Nacht zum Mittwoch einen vier Kilometer tiefen Durchbruch in das Wohngebiet von New York (Nowgorodowka) von Süden her und besetzten gleichzeitig den Datscha-Vorort Jurjewka. Der Vormarsch der russischen Angriffsgruppen in diese (bedingt als "Dserschinsk-New York" bezeichnete) Richtung verläuft bereits seit einer Woche für den Gegner völlig überraschend. Die ukrainischen Streitkräfte geben ihre Stellungen auf, oft ohne großen Widerstand, und in einigen Fällen ergaben sie sich sogar.
Dieser Durchbruch wurde nicht etwa auf einer freien Fläche erzielt, sondern in der Stadtbebauung von New York. Dort gibt es natürlich keine Wolkenkratzer – dieses Gebiet ist ein für die Region typischer "Ausschnitt" privater Bebauung, der sich von Norden (vom fiktiven Stadtzentrum) nach Süden entlang der Eisenbahnstrecke erstreckt.
In den letzten Monaten wandten die russischen Sturmtruppen offensive Taktiken mithilfe von Motorrädern und Buggys an. Dies funktioniert jedoch verständlicherweise nur auf offenem Gelände. Beispielsweise gelang es den Sturmtruppen in Staromajorskoje und nördlich davon, mit "Motorradangriffen" alle Feindstellungen zurückzudrängen, dieses wichtige Dorf zu befreien und nach Norden vorzustoßen.
Im benachbarten Uroschainoje funktioniert das aber nicht, denn die beiden Ortschaften sind durch den Fluss Mokrye Jaly getrennt, der selbst mit einem Buggy nicht zu überwinden ist. Zudem befinden sich in Uroschainoje sehr erfahrene gegnerische Drohneneinheiten. Und eine Drohne fliegt schneller als ein Motorrad – bis zu 100 Kilometer pro Stunde, und das Vorhandensein eines Hindernisses macht es unmöglich, das Feld schneller als eine Drohne zu überfliegen. In der privaten Bebauung von New York verwenden die Sturmtruppen leicht gepanzerte Fahrzeuge, wobei die meisten Aufräumarbeiten im Fußmarsch erfolgen.
New York, Kirowo, Dserschinsk (Torezk) und mehrere kleinere Siedlungen sind längst zu einem Ballungsraum verschmolzen. Es handelt sich um eine massive Bebauung, die zu 80 Prozent im Privatsektor liegt. In New York zum Beispiel gibt es nur einen fünfstöckigen Gebäudekomplex im Zentrum und zwei oder drei Verwaltungsgebäude. Hier kann die Verteidigung nicht so viel entgegensetzen, wie z. B. in Woltschansk oder Tschassow Jar.
Und gerade die Durchquerung der südlichen "Eingeweide" von New York, die in nur wenigen Stunden durchgeführt wurde, hat gezeigt, dass private Gebäude leicht überwunden werden können, insbesondere wenn Motivation und Erfahrung vorhanden sind. Und die Offensive auf New York wird hauptsächlich von Einheiten der russischen Streitkräfte geführt, die sich aus Einheimischen, hauptsächlich aus dem benachbarten Gorlowka, zusammensetzen. Motivation gibt es hier mehr als genug.
Nach dem ursprünglichen Plan der russischen Operation in Richtung Dserschinsk-New York sollte die Agglomeration von Norden her umgangen werden. Als Hauptproblem galten die großen gegnerischen Befestigungen auf den Abraumhalden, die die ukrainische Verteidigung von Osten und Südosten her abdeckten. Der Gegner hatte diese Verteidigungskonfiguration seit vielen Jahren aufgebaut und hielt sie für unangreifbar. Ähnlich war die Situation in Awdejewka, wo seit mehreren Monaten um eine Schlüsselabraumhalde im Osten der Stadt gekämpft wurde.
Infolgedessen wurde eine Lösung gefunden, die in fast allen Einzelheiten die berühmte Operation "Rohr" bei Awdejewka wiederholt. Die Bergbauregionen des Donbass und die Umgebung des Hauptbewässerungskanals sind voll von alten Minenschächten, halb gefluteten Steinbrüchen und vergrabenen rostigen Bewässerungsrohren. Es gibt viele von ihnen, und sie sind manchmal an den unterschiedlichsten Orten zu finden.
Jetzt wurde ein weiteres, drei Kilometer langes Rohr gefunden, über das die russischen Stürmer schließlich bis hinter die Befestigung der ukrainischen Streitkräfte auf der Abraumhalde und die sie umgebenden Schützengräben vorstießen.
Speziell für die Durchführung der neuen Operation "unterirdische Landung" wurden "Spezialisten" herangezogen – die Brigade "Veteranen" des Freiwilligenkorps. Sie befreiten das Rohr von Wasser und Schlamm, belüfteten es und tauchten hinter den Hauptverteidigungsstellungen des Gegners auf. Die ukrainischen Streitkräfte zogen keine Konsequenzen aus den Vorkommnissen in Awdejewka, sodass die Garnison der Befestigung kapitulierte, die Garnison der Abraumhalde sich zerstreute und die russischen Streitkräfte im Eiltempo die zweite Abraumhalde mit dem daneben liegenden überfluteten Steinbruch eroberten.
Infolgedessen wurde die gesamte Kontaktlinie östlich und südöstlich der Agglomeration Dserschinsk-New York um mehrere Kilometer in Richtung der städtischen Bebauung verschoben. Nun finden die Kämpfe in den ersten Straßen von Kirowo, Druschba, Schelesnij und Juschnij statt, die – wie gesagt – eine einheitliche Großsiedlung bilden.
Im Allgemeinen wurde in letzter Zeit deutlich, dass der Gegner die Verteidigung außerhalb der befestigten Stellungen nicht sehr gut hält. Die gegnerische Artillerie ist jedoch nach wie vor in der Agglomeration Dserschinsk-New York mit ihren nördlich von Dserschinsk (Torezk) gelegenen Positionen aktiv.
Der Verlust des in dieser Agglomeration errichteten Befestigungsgebiets führt zum Zusammenbruch der ukrainischen Verteidigung über Dutzende Kilometer im Umkreis und in der Tiefe, wie es bei Awdejewka der Fall war. Nach dem Verlust von Awdejewka ist es dem Gegner immer noch nicht gelungen, die Front zu stabilisieren, und er verliert jeden Tag Siedlungen und Territorien.
In diese Richtung entsandte der Oberbefehlshaber der ukrainischen Streitkräfte, Syrski, hartnäckig die ihm damals zur Verfügung stehenden Reserven (etwa sechs unvollständige und uneinheitliche Brigaden). Die Brigaden konnten den Vormarsch der russischen Streitkräfte nur teilweise aufhalten, wurden besiegt, und die Front verlagerte sich wieder nach Westen. Die Apotheose dessen war die Befreiung von Otscheretino und die Entstehung der sogenannten "Blume von Otscheretino" – eines Komplexes von Offensivmöglichkeiten, die sich gleichzeitig in alle Richtungen von Otscheretino aus erstrecken.
Etwas Ähnliches droht den ukrainischen Streitkräften nach dem Verlust der Agglomeration Dserschinsk-New York. Derzeit verfügen die ukrainischen Streitkräfte über keine Reservebrigaden, um diese potenzielle Lücke zu schließen. Darüber hinaus ist auch die Nähe dieser Agglomeration zu Tschassow Jar von Bedeutung. In Tschassow Jar selbst hat die 27. Brigade der ukrainischen Streitkräfte ihre Kampffähigkeit fast verloren.
Die russische Operation in Richtung Dserschinsk-New York in Verbindung mit der Militäraktion in Tschassow Jar birgt also für die ukrainischen Streitkräfte erneut die Gefahr eines Frontzusammenbruchs. Nur möglicherweise in einem noch größeren Ausmaß als in Awdejewka.
Höchstwahrscheinlich ist das Ziel der Offensive der russischen Streitkräfte nach wie vor die Strecke Pokrowsk-Konstantinowka, da sie die Hauptversorgungslinie für die ukrainischen Streitkräfte in diesem Gebiet darstellt. Aber möglicherweise wurde die Zielsetzung mit dem Fortschreiten der Offensive geändert, und jetzt kann man wohl sagen, dass das Ziel im Allgemeinen die Zerstörung der gegnerischen Frontvernetzung und nicht das Erreichen bestimmter geografischer Punkte ist. Dies ist ein sehr gutes Symptom. Es zeigt, dass die Führung der russischen Streitkräfte auf ein neues Niveau gestiegen ist.
Übersetzt aus dem Russischen. Der Artikel ist am 3. Juli 2024 zuerst auf der Zeitung Wsgljad erschienen.
Mehr zum Thema - "Pentagon ließ das Wichtigste aus" – US-Militärexperte über Gründe für Scheitern von Kiews Armee