Im vergangenen Jahr hat ein mysteriöser Trend das russische Eishockey erfasst: US-amerikanische und kanadische Eishockeyspieler haben angefangen, die russische Staatsbürgerschaft anzunehmen. Davon hat es bereits mehrere Fälle gegeben. Der jüngste Fall ist der des kanadischen Stürmers Cédric Paquette von Dynamo Moskau. Er unternahm diesen Schritt nach Gesprächen mit seinem Mannschaftskameraden, dem US-Amerikaner Brennan Menell, der vor einem Jahr die russische Staatsbürgerschaft angenommen hatte. Paquette, der den Antrag gestellt hat und nun abwartet, was daraus wird, erklärte gegenüber Reportern:
"Ich stimme mit Brennan überein: Wenn man mehr als ein Jahr in der KHL gespielt hat, wenn einem alles gefällt, wenn man seine Karriere in dieser Liga aufbauen will und die Möglichkeit hat, die russische Staatsbürgerschaft zu erhalten, warum sollte man sie nicht nutzen? Es ist eine ideale Situation."
Im September des Jahres 2023 wurde bekannt, dass der kanadische Eishockeyspieler Cameron Lee vom Verein Amur aus Chabarowsk die russische Staatsbürgerschaft erhalten hat. Das entsprechende Dekret wurde von Präsident Putin unterzeichnet. In einem Interview mit Match TV betonte der Eishockeyspieler:
"Die Initiative ging von mir aus. Mir gefällt es in Russland, mir gefällt es in Chabarowsk und ich bin mit den Bedingungen, die in Amur für Eishockeyspieler geschaffen wurden, vollkommen zufrieden. Deshalb möchte ich Teil des Landes werden."
Und dann ist da noch der Kanadier Brendan Leipsic, der sogar Briefe an Wladimir Putin geschrieben hat, in denen er um die russische Staatsbürgerschaft bat. Gegenüber Journalisten begründete er seine Entscheidung wie folgt:
"Ich fühle mich wohl in Russland, meine Familie ist hier gut aufgehoben. Ich plane, den Rest meiner Karriere in der KHL zu verbringen. Ich bin 29 Jahre alt, ich kann noch lang spielen. Ich lebe in Russland, ich fühle mich als Teil der russischen Kultur, die ich akzeptiere – ich mag hier alles."
Ein überraschender Trend, den es in dieser Form vielleicht noch nie gegeben hat. Experten weisen jedoch darauf hin, dass die US-Amerikaner und Kanadier mehrere Gründe für diesen Schritt haben. Sympathie für Russland allein ist es nicht.
Wie Experten feststellen, ist es für einen US-Amerikaner oder einen Kanadier wegen der ständigen Verschlechterung der Beziehungen zwischen ihren Staaten und Russland schwierig geworden, ein Visum für Russland zu bekommen. Mit einem russischen Pass ist dieses Problem nicht mehr relevant — zumal es nach russischem Recht zulässig ist, zwei Staatsbürgerschaften zu haben. Ein zweites Argument sind die Steuern. Diese sind in Russland um ein Vielfaches niedriger als in den USA und Kanada. Dazu kommen ein komfortables Leben, vernünftige Preise und ein sehr gutes Gesundheitssystem.
Das Wichtigste: Der Erwerb der russischen Staatsbürgerschaft ermöglicht es den Spielern, die Quoten für Ausländer zu umgehen. Schließlich gibt es in der Kontinentalen Eishockeyliga eine Höchstgrenze für die Anzahl ausländischer Spieler, für die sich der russische Eishockeyverband beim russischen Sportministerium einsetzt. Früher war es möglich, fünf ausländische Spieler pro Verein einzusetzen. Dann wurde die Zahl auf drei reduziert, jetzt sind es wieder fünf. Aber um nicht von politischen und bürokratischen Entscheidungen abhängig zu sein, ist es sinnvoll, einen russischen Pass zu bekommen, um nicht von dieser Einschränkung betroffen zu sein, meinen Experten.
Mehr zum Thema - Kleiner Exodus: Wie Großfamilien aus dem Westen nach Russland kommen