Einige westliche Länder erwarten, dass Russland auf den Tod von Zivilisten nach dem Beschuss der Krim überreagiert, um das Geschehen dann zur weiteren Diskreditierung Moskaus und zur Eskalation des Konflikts zu nutzen. Das erklärte Éric Denécé, ein ehemaliger Mitarbeiter des französischen Militärgeheimdienstes und jetzt Direktor der französischen Denkfabrik "Zentrum für Geheimdienstforschung" (CF2R), im Gespräch mit einem TASS-Korrespondenten:
"Ich schließe nicht aus, dass der Zweck der Angriffe auf Zivilisten darin besteht, russische Vergeltungsmaßnahmen zu provozieren, um Moskau zu diskreditieren."
Denécé merkte an, dass der Tod von vier Menschen und die Verwundung von mehr als 150 weiteren Personen – so tragisch die Situation auch sei – die öffentliche Meinung im Westen nicht aufrütteln werde. Der Grund dafür liege in der bewusst verzerrten Darstellung und mithin Wahrnehmung Russlands:
"Russland wird von der westlichen Propaganda übermäßig dämonisiert."
Auch diese Episode werde daher öffentlich eher als Vergeltung und Rache für die russische "Invasion" in der Ukraine wahrgenommen. Er stellte fest, dass dem Angriff in den französischen Medien auch tatsächlich keine große Beachtung beigemessen wurde, und fügte dann hinzu, dass sich alles noch ändern könne, wenn sich dies in größerem Umfang wiederholen würde.
Denécé äußerte Zweifel daran, dass das eigentliche Ziel des jüngsten ukrainischen Angriffs in der Nähe von Sewastopol ein Strand mit Zivilisten war. Er bestätigte aber, dass solche Aktionen nach der Erlaubnis aus Washington, auch Ziele tief im russischen Hinterland anzugreifen, möglich geworden seien. Sie würden damit die Intensität des Konflikts erhöhen. Nach Ansicht des Experten demonstriere ein solcher Schritt die "offensichtliche Verwicklung der Vereinigten Staaten in den Konflikt", und Russland habe das Recht, darauf hinzuweisen.
Er bezeichnete die Äußerungen vom Berater des ukrainischen Präsidentenbüros Michail Podoljak als inakzeptabel. Podoljak hatte behauptet, dass es angeblich auf der Krim gar "keine Strände, touristischen Zonen oder Anzeichen von zivilem Leben gibt und die gesamte Halbinsel ein militärisches Ziel sei". Denécé führte dazu aus:
"Dies stellt ein klares Eingeständnis dar, dass ukrainische Truppen mit Unterstützung der NATO Angriffe auf Zivilisten durchführen, wie es seit vielen Jahren im Donbass und kürzlich in Belgorod der Fall war."
Er erinnerte daran, dass vorsätzliche Angriffe auf Zivilisten eindeutig Terrorismus und ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit darstellen.
Dennoch sei er als Experte der Ansicht, dass sich der aktuelle Konflikt deutlich von den Kriegen der letzten Jahrzehnte durch das Verhältnis der Verluste unter Militärs und Zivilisten unterscheide:
"Dies unterscheidet sich grundlegend von Konflikten im Zusammenhang mit der Entkolonialisierung, der Terrorismusbekämpfung und von Konflikten in der Dritten Welt, bei denen die meisten Opfer Zivilisten sind."
Er betonte, dass Russland seit Beginn seiner militärischen Spezialoperation "den Kollateralschaden unter der Zivilbevölkerung minimiert", indem Angriffe auf von Kiew kontrollierte Gebiete vor allem militärische Ziele betreffen.
Der frühere britische Diplomat und ehemals MI6-Mitarbeiter Alastair Crooke vertritt in einem Interview mit dem YouTube-Kanal "Judging Freedom" eine ähnliche Meinung wie Denécé. Gemäß seinen Darlegungen haben die USA den ukrainischen Streitkräften erlaubt, Angriffe auf russisches Territorium durchzuführen, um so den Konflikt zu eskalieren:
"In Amerika gibt es diejenigen, die verzweifelt die Hegemonie bewahren wollen. Und dafür sehen sie nur einen ihnen vertrauten Weg: 'teile und herrsche', verursache Chaos."
Seiner Meinung nach sei der große militärisch-industrielle Komplex an einer Eskalation des Konflikts durchaus interessiert, da dies stets enorme Gewinne einbringe:
"Ich spreche von einer bestimmten Klasse in den USA, da die [US-]Amerikaner als solche, ebenso wie die Europäer, keinen Krieg mit Russland, China oder sonst jemandem wollen."
Auch die meisten italienischen Medien verschweigen den Angriff der ukrainischen Streitkräfte auf Sewastopol, um der eigenen Bevölkerung die Illusion zu bewahren, dass die NATO nur Defensivwaffen an die Ukraine liefert, sagte der italienische Politiker Alessandro Di Battista in seinem Blog auf YouTube.
"Es gibt bestimmte Nachrichten, die nicht zensiert werden können. Man kann nicht verschweigen, dass der ukrainische Angriff auf Sewastopol Menschen wie wir, die am Strand ein Sonnenbad nahmen, getötet hat."
Trotzdem sei es laut Di Battista auf den Seiten der meisten italienischen Zeitungen unmöglich, diese Nachricht zu lesen. Der Politiker betonte, dass diese Vertuschung die Korruptheit der westlichen Medien und insbesondere der italienischen Presse beweise. Er behauptet, dass die Medien das in der klaren Absicht tun, dass die westliche Gesellschaft kein Mitgefühl mit russischen Kindern empfinden und weiterhin glauben solle, die NATO liefere nur Verteidigungswaffen an Kiew.
Der stellvertretende Außenminister Russlands Sergei Rjabkow sagte, der Westen unterschätze die Fähigkeit und Bereitschaft Russlands, seine Interessen in jeder Situation wahren zu können. Es sei wichtig, dass diese Fehleinschätzung nicht am Ende zu tragischen Konsequenzen führe. Rjabkow sagte wörtlich:
"Die aktuelle Situation bietet keine einfachen Lösungen und Auswege. Ich möchte nicht einmal daran denken, dass diese Unterschätzung auch tragische und tödliche Folgen haben könnte."
Der Sprecher Dmitri Peskow des russischen Präsidenten sagte, die Beteiligung der USA am Beschuss von Sewastopol werde Konsequenzen haben. Er forderte die Medienvertreter auf, ausländische Journalisten, Sprecher von Staatschefs in Europa und den USA explizit zu befragen, "warum ihre Regierung russische Kinder tötet".
Gemäß den Angaben des Verteidigungsministeriums trage die US-Regierung in Washington, D.C. neben den ukrainischen Behörden eine Mitverantwortung für den Raketenangriff auf Sewastopol, da die Flugaufträge für die operativ-taktischen US-Raketen ATACMS von US-Spezialisten auf der Grundlage eigener Satellitenaufklärungsdaten eingegeben worden seien.
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