Die Ernennung eines neuen russischen Verteidigungsministers, Andrei Beloussow, deute auf die Absicht Moskaus hin, in der Ukraine "auf Zeit zu spielen". Diesen Standpunkt vertritt die Zeitung Global Times unter Verweis auf die Meinungen chinesischer Experten:
"Die Entscheidung, Beloussow zu ernennen, beweist, dass Russland bereit ist, in der Ukraine "auf lange Sicht zu spielen".
Einige Experten sagen, dass Beloussow auch einer der ranghohen russischen Beamten sei, die Russland erfolgreich geholfen hatten, die Schwierigkeiten infolge westlicher Sanktionen zu überwinden und seit Ausbruch des Ukraine-Konflikts ein wirtschaftliches Wachstum für das Land zu erzielen. Dies sei auch ein Grund, warum er für die wichtige Position des Verteidigungschefs ausgewählt wurde.
Cui Heng, ein Wissenschaftler des China National Institute for SCO International Exchange and Judicial Cooperation mit Sitz in Schanghai glaubt nicht, dass der Wechsel des Verteidigungschefs Auswirkungen auf die Militäroperation in der Ukraine haben werde:
"Beloussow hat keinen militärischen Hintergrund und seine Ernennung zum neuen Verteidigungschef zielt darauf ab, sein wirtschaftliches Fachwissen und Erfahrung einzusetzen, um sicherzustellen, dass die kostspieligen militärischen Anforderungen erfüllt werden und die wirtschaftliche Entwicklung nicht durch die militärische Operation in der Ukraine beeinträchtigt wird."
Sergei Schoigu, der ehemalige Verteidigungsminister, werde weiterhin eine Schlüsselrolle im Bereich der nationalen Sicherheit spielen und der Oberleitung Russlands nahestehen, da die gesamte militärische Kommandostruktur der russischen Streitkräfte nicht beeinträchtigt worden sei.
Laut Cui deutet die neue Ernennung auch darauf hin, dass Moskau offenbar keine Eile hat, den Konflikt zu beenden, ganz gleich, ob Washington oder Kiew weiterkämpfen wolle oder nicht:
"Russland muss begrenzte wirtschaftliche Ressourcen nutzen, um die Militäroperation zu finanzieren, von der niemand weiß, wann sie enden wird, und es scheint, als ob der Kreml glaubt, dass der Konflikt dieses Jahr wahrscheinlich nicht enden wird."
Yang Jin, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für russische, osteuropäische und zentralasiatische Studien an der Chinesischen Akademie der Sozialwissenschaften, schloss sich dieser Ansicht an:
"Russland hat erkannt, dass es sich nicht auf rein militärische Maßnahmen verlassen kann, um das Problem mit der Ukraine zu lösen, sondern auch für eine nachhaltige Entwicklung und eine stabile Gesellschaft im Land sorgen muss."
Wang Xiaoquan, ebenfalls ein Experte am Institut für russische, osteuropäische und zentralasiatische Studien der Chinesischen Akademie der Sozialwissenschaften, behauptet:
"In Zukunft wird Russland versuchen, seine militärischen Ziele mit den Anforderungen der wirtschaftlichen Entwicklung zu verbinden, um sowohl das Wirtschaftswachstum zur Unterstützung des Militäreinsatzes zu nutzen, als auch den Militäreinsatz als Treiber für Entwicklung und technologische Innovation zu verwenden."
Er ist der Meinung, dass Moskau den Ukraine-Konflikt sogar zu eigenem Vorteil nutzen könnte:
"In einer Situation der hybriden Kriegsführung könnte dies wahrscheinlich zu einer besonderen Kriegswirtschaft für Russland werden."
Zuvor hatte der CDU-Bundestagsabgeordnete Roderich Kiesewetter erklärt, Andrei Beloussow ist ein effektiver Ökonom und seine Professionalität gebe Anlass zur Sorge. Kiesewetter fügte hinzu, dass Deutschland vor diesem Hintergrund Kiew aktiver mit Waffen versorgen und den Sanktionsdruck auf Russland erhöhen solle.
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