Das Rekordhochwasser in Russland weitet sich aus. Entwarnung ist noch nicht in Sicht. In Orenburg, der Hauptstadt der gleichnamigen Region, könnte es bald zu einer Notevakuierung kommen, schrieb der Bürgermeister Sergei Salmin am Dienstagabend auf Telegram. Ab einem Pegel des Flusses Ural von 930 Zentimetern würden weitere Gebiete überschwemmt, warnte er: "Die Lage ist sehr ernst, das Wasser kann schnell kommen." Er riet den Menschen, sich rechtzeitig zu evakuieren:
"Es ist besser, Kinder, ältere und behinderte Menschen sowie Tiere aus ihren Häusern zu holen, ohne auf das Wasser zu warten. Sammeln Sie jetzt Dokumente und Wertgegenstände."
Wenige Stunden später stieg der Wasserpegel in Orenburg auf 931 Zentimeter und überschritt damit die Gefahrengrenze, teilte der Gouverneur der Region Orenburg Denis Pasler am Dienstagabend mit. Am Mittwochmorgen erreichte der Pegel bereits einen Höchststand von 996 Zentimetern, berichtet die Nachrichtenagentur RIA Nowosti unter Berufung auf Salmin. Kommunalpolitiker warnen, dass das Wasser in den kommenden Tagen weiter steigen könnte.
Die Einwohner der Stadt werden mit Sirenen und Fernsehnachrichten vor drohenden Sturzfluten gewarnt, berichten lokale Medien. Auf Fotos und Videos sind riesige überflutete Flächen zu sehen. Teils ragen nur die Hausdächer aus dem Wasser.
Eine Anwohnerin filmte ihr überschwemmtes Haus und erklärte, dass sie nun in einem Zelt auf einem anderen Hausdach wohnen müsse.
Am Freitagabend war in Orsk, einer Stadt mit mehr als 200.000 Einwohnern, ein Staudamm gebrochen. Das Wasser strömte in die Stadt. Am 7. April wurde im gesamten Gebiet der Ausnahmezustand ausgerufen.
Nach jüngsten Angaben des russischen Katastrophenschutzministeriums wurden in der Region insgesamt mehr als 10.000 Häuser und 13.000 Grundstücke überschwemmt, 6.500 Menschen wurden aus dem Überschwemmungsgebiet evakuiert. Als Hauptgründe für die großflächigen Überschwemmungen nennt Katastrophenschutzminister Alexander Kurenkow eine schnelle Schneeschmelze und starke Niederschläge.
Der Staudamm in Orsk habe der großen Überschwemmung nicht standgehalten, weil bei dessen Bau die historischen Überschwemmungen vor einem Jahrhundert nicht berücksichtigt worden seien, erklärte Waleri Semzow, Professor für Hydrologie an der Staatlichen Universität Tomsk, in einem Gespräch mit der Nachrichtenagentur TASS.
"Zuletzt gab es eine solche Flut im Ural vor etwa 100 Jahren. Alle haben vergessen, dass es dort so hohe Wasserstände geben kann. Deshalb sind die Dämme nicht für solche Wasserstände ausgelegt. Als es passierte, konnte man nichts mehr tun. Das Wasser strömte über die Dämme und überschwemmte alles."
Der Experte wies darauf hin, dass solche Katastrophen aufgrund der Klimaerwärmung häufiger auftreten könnten, auch im Ural.
Am Montag veranstalteten die Einwohner von Orsk eine Kundgebung vor dem Verwaltungsgebäude der Stadt. Sie forderten höhere Entschädigungen für den Verlust von Eigentum und brachten ihre Unzufriedenheit mit dem Vorgehen der lokalen Behörden zum Ausdruck. Der Bürgermeister wurde zum Rücktritt aufgefordert.
Diese Woche riefen zwei weitere russische Gebiete den Notstand aus. Auch im benachbarten Kasachstan wirken sich die Fluten verheerend aus. Präsident Kassym-Jomart Tokajew sprach von der größten Naturkatastrophe der vergangenen 80 Jahre.
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