Im Vorfeld der russischen Präsidentschaftswahlen begann die Ukraine einen Offensivversuch im russischen Grenzgebiet, bei dem sie in keinem einzigen Dorf auf der russischen Seite der Grenze Fuß fassen konnte. Offenbar ist der versuchte Vorstoß inzwischen endgültig gescheitert. Dargestellt wurde all das als der Vormarsch "russischer Oppositioneller" aus dem sogenannten "Russischen Freiwilligencorps" (RDK).
Zweifel daran, dass in dieser militärischen Operation ethnische Russen oder russische Staatsangehörige eine bedeutende Rolle spielen würden, gab es von Anfang an. Von ein paar öffentlich präsentierten Figuren abgesehen, die auf Videos behaupteten, sich auf russischem Staatsgebiet zu befinden, sich dabei aber Schnitzer wie ukrainischsprachige Straßenschilder im Bild leisteten, sprach alles dafür, dass reguläre ukrainische Armee-Einheiten die Angriffe durchführen.
Am Sonntag hat RT-Chefin Margarita Simonjan zwei Videos veröffentlicht, die ihr nach eigenen Angaben aus Kreisen der russischen Armee zugespielt wurden und bei auf russischem Territorium getöteten Kämpfern des RDK gefunden worden sein sollen. Simonjan schreibt dazu:
"Ich habe noch etwas aus der Rubrik 'äußerst interessant' erhalten. Das ist das 'Russische Freiwilligenkorps'* – sie kommunizieren miteinander nur auf Ukrainisch. Denn es sind ukrainische Militärangehörige. Die Aufnahmen wurden am Vorabend des Angriffs auf Kosinka (Region Belgorod) gemacht. Sie stammen aus der GoPro-Actionkamera eines der Volksverräter, von denen kaum mehr als diese Kamera übrig ist. So sagte es unser Kämpfer, der diese GoPro eingesammelt hat. * Eine in Russland verbotene terroristische Organisation."
Auf den Videos hört man tatsächlich nur Ukrainisch und kein Russisch.
Am Sonnabend hatte das russische RT zudem das Video des Verhörs eines polnischen Söldners veröffentlicht, der in den Reihen des RDK gekämpft hat und im Gebiet Kursk gefangengenommen wurde. Dazu passt, dass auf Gruppenphotos des RDK regelmäßig die polnische Staatsflagge präsentiert wird.
In einer Analyse von RT wird darauf hingewiesen, dass der diesjährige Durchbruchsversuch des RDK auf altes russisches Staatsgebiet bereits die zweite Operation dieser Art ist. Die diesjährige Operation unterscheidet sich von der letztjährigen vor allem durch ihren Umfang. Während die ukrainischen Streitkräfte und der Militärgeheimdienst Kiews (GUR) im Mai 2023 nur relativ kleine Kräfte einsetzten und den Angriff nach der Reaktion der russischen Streitkräfte schnell abbrachen, setzten sie 2024 eine Gruppierung von mehreren Brigaden ein, vermutlich bis zu vier oder fünf.
Allein die feindlichen Verluste beliefen sich laut einer offiziellen Erklärung des Verteidigungsministeriums auf "3.501 Mann, von denen 790 unwiederbringliche Verluste waren".
Bei der Untersuchung des von Simonjan veröffentlichten Filmmaterials falle laut dem Autor der Analyse die hohe Zahl der ukrainischsprachigen Militärangehörigen auf. Höchstwahrscheinlich ist das russische Freiwilligenkorps selbst zahlenmäßig klein und wird darum durch GUR-Mitarbeiter und mit ukrainischen Militärangehörigen aufgefüllt. Die Zahl der Vertreter des RDK selbst war im Vergleich zur Größe der Gruppe unbedeutend und wurden für Propagandazwecke und den Versuch, einen Angriff auf russisches Gebiet als innenpolitischen Kampf zu "legitimieren", benötigt.
In Wirklichkeit handelte es sich um eine großangelegte Militäroperation der ukrainischen Streitkräfte zusammen mit den GUR-Kräften.
Die mit schwerem Gerät ausgerüsteten, aus regulären ukrainischen Soldaten und polnischen Söldnern zusammengesetzten Sturmtrupps, denen RDK-Einheiten angegliedert waren, sollten die Verteidigungsanlagen an der russisch-ukrainischen Grenze durchbrechen und tief in russisches Gebiet vorstoßen. Im Falle eines Erfolgs der ersten Staffel wäre eine zweite Staffel aus regulären AFU-Linienformationen mit Unterstützungseinheiten eingesetzt worden.
Nach dem Beginn der Kämpfe im Grenzgebiet wurde jedoch der ukrainische Plan durchkreuzt. Ob die ukrainische Führung einen Ersatzplan hatte, ist derzeit nicht bekannt. Eine Analyse der AFU-Operationen für 2022 bis 2023 zeigt jedoch, dass das Kommando extrem unflexibel ist und nur ungern von seinen ursprünglichen Plänen abweicht.
Der Hauptplan richtete sich vor allem auf eine innenpolitische Destabilisierung Russlands im Vorfeld der Präsidentschaftswahlen und bestand nach dieser Analyse höchstwahrscheinlich nicht darin, echte Kampfhandlungen mit hoher Intensität zu organisieren, sondern einen medialen Effekt zu erzielen. Dies wird von den im Grenzgebiet gefangen genommenen RDK-Mitgliedern bestätigt, die erklärten, dass "ihre Aufgabe darin bestand, hineinzugehen und Fotos zu machen". Dieser Plan war nicht neu – etwas Ähnliches wurde von GUR in Gestalt des RDK bereits im Jahr 2023 versucht.
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