Von Andrew Korybko
In seiner Rede nach der Wiederwahl zum Staatspräsidenten gab Wladimir Putin bekannt, dass er bereits einem Austausch des in der Haft verstorbenen Alexei Nawalny gegen namentlich nicht genannte, im Westen festgehaltene russische Gefangene zugestimmt hatte, bevor der Dissident unerwartet verstarb. Selbst der Chef des ukrainischen Militärgeheimdienstes Kirill Budanow wies auf die große Wahrscheinlichkeit eines Blutgerinnsels als Todesursache hin. Es wurde bereits analysiert, dass "Putin keinen Grund hatte, Nawalny liquidieren zu lassen, der Westen aber allen Grund hat, darüber zu lügen", wobei diese jüngste Entwicklung dieser Behauptung noch mehr Glaubwürdigkeit verleiht.
Nawalny war ein prominenter Strafgefangener, der wegen Korruption verurteilt und inhaftiert und zuvor vom Präsidenten Putin persönlich beschuldigt worden war, mit dem US-Geheimdienst zusammengearbeitet zu haben. Daher ist es nur natürlich, dass sich Putin an jedem vorgeschlagenen Tausch beteiligt hätte, um ähnlich hochrangige Russen freizubekommen, die im Westen inhaftiert worden waren. Der wahrscheinlichste Kandidat hätte Wadim Krassikow sein können, der in Deutschland eine lebenslange Haftstrafe verbüßt, weil er dort einen ehemaligen tschetschenischen Terroristen getötet hatte, von dem der russische Präsident behauptete, er habe zahlreiche russische Soldaten ermordet.
Im vergangenen Monat stellte Putin [einleitend zu diesem Punkt] während seines Interviews dem US-Journalisten Carlson Tucker die Frage: "Wissen Sie, was er [der Bandit] getan hat? Ich möchte das eigentlich nicht sagen, aber ich werde es trotzdem tun. Er legte unsere gefangenen Soldaten auf die Straße und fuhr dann mit seinem Auto über ihre Köpfe hinweg. Was ist das für ein Mensch? Kann man ihn überhaupt als Mensch bezeichnen? Aber es gab einen russischen Patrioten, der ihn in einer europäischen Hauptstadt eliminierte. Ob er das aus eigenem Antrieb tat oder nicht, das ist eine andere Frage."
Einer von Nawalnys Mitarbeitern behauptete kurz nach dessen Tod, dass er zusammen mit zwei in Russland inhaftierten US-Bürgern hätte ausgetauscht werden sollen und bezog sich dabei wahrscheinlich auf Paul Whelan und Evan Gershkovich. Es gibt also bereits eine unabhängige Quelle für diese Spekulation. Das soll nicht heißen, dass es sich bei diesem Mitarbeiter um eine völlig glaubwürdige Person handelt, sondern nur, dass seine Behauptung mit der Erwähnung von Krassikow durch Putin und dessen anschließender Enthüllung eines geplanten Austauschs übereinstimmt.
Es gibt durchaus Gründe zu der Annahme, dass Nawalny tatsächlich in einen beabsichtigten Austausch gegen Krassikow oder wen auch immer hätte einbezogen werden können, da dies sowohl die Chancen erhöht hätte, dass die USA dem zustimmen würden, als auch Russland einen wichtigen Sympathiepunkt im Westen hätte einbringen können. Wenn diese Vereinbarung zustande gekommen wäre, hätte es kaum Zweifel daran gegeben, dass Nawalny tatsächlich mit dem US-Geheimdienst zusammengearbeitet hatte, eben genau so, wie es der russische Präsident in der Vergangenheit behauptet hatte, da er mit zwei anderen zusammen ausgetauscht worden wäre, denen dieses Verbrechen offiziell vorgeworfen wird.
In diesem Fall hätten die USA auch die Freilassung eines ähnlich hochkarätigen inoffiziellen Geheimdienstlers wie Krassikow für Russland sichergestellt, wenn auch auf Kosten der Diskreditierung des gesamten dadurch mit der CIA in Verbindung stehenden Netzwerkes. Präsident Putin hätte seltenes Lob dafür erhalten können, dass er jenen Mann freigelassen hat, der vom Westen jahrelang fälschlicherweise als sogenannter "Oppositionsführer" dargestellt wurde und damit die Beschuldigung diskreditiert wäre, Putin sei ein "Diktator".
Einfach ausgedrückt hätte der russische Präsident auf diese Weise mit dem Vorhaben drei Fliegen mit einer Klappe schlagen können, indem er Krassikows Freilassung erreicht, den Rest des CIA-Netzwerks in Russland diskreditiert und die westliche Wahrnehmung von ihm als Person positiv beeinflusst. Während viele nichtrussische Russlandfreunde den frühzeitigen Tod von Nawalny feierten, wäre es im Nachhinein wohl viel nützlicher für die objektiven nationalen Interessen Russlands gewesen, wenn er überlebt hätte und ausgetauscht worden wäre.
Übersetzt aus dem Englischen
Andrew Korybko ist ein in Moskau ansässiger amerikanischer Politologe, der sich auf die US-Strategie in Afrika und Eurasien sowie auf Chinas Belt & Road-Initiative, Russlands geopolitischen Balanceakt und hybride Kriegsführung spezialisiert hat.
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