Die Sicherheit von Präsident Wladimir Putin ist in die Schlagzeilen aller russischen Medien geraten, nachdem die Computerzeitschrift Wired über eine geheime US-Software geschrieben hatte. Am Dienstag veröffentlichte das US-Magazin eine Rezension über das frisch erschienene Buch "Menans of Control" ("Mittel zur Kontrolle") des Journalisten Byron Tau, in dem er über ein Programm zur Ortung von Menschen, darunter von Staats- und Regierungschefs, berichtete. Die Software mit dem Codenamen Locomotive war demnach vom Start-up PlanetRisk entwickelt worden, der den US-Geheimdiensten nahestehen soll.
Nach Angaben von Tau begann die Arbeit an dem Programm, nachdem IT-Experte Mike Yeagley im Jahr 2016 den Arbeitsvertrag mit dem US-Unternehmen abgeschlossen hatte. Die Entwicklung der Spionagesoftware kostete das Pentagon 600.000 US-Dollar oder knapp 555.000 Euro. Der Name Locomotive wurde von der zehnjährigen Tochter Yeagleys erfunden, indem sie die Wörter "location" ("Ort") und "motive" ("Beweggrund") zusammensetzte.
Ursprünglich verwendete man das Programm, um die Situation in Syrien, darunter Kämpfer der Terrororganisation Islamischer Staat, zu überwachen. Später begriffen die US-Geheimdienste, dass Locomotive auch die Beschattung von Staats- und Regierungschefs oder Menschen aus ihrem Umfeld ermöglichte. Laut dem Wired-Bericht gab es Versuche, die Smartphones von Fahrern, Assistenten und Leibwächtern des russischen Präsidenten zu orten und somit Putins Bewegungen zu beobachten.
Später wechselte Yeagley zum Unternehmen Aelius Exploitation Technologies und vervollkommnete Locomotive, damit das Gemeinsame Spezialeinsatzkommando der Vereinigten Staaten (JSOC) die Software nutzen konnte. Das Programm wurde in VISR (Virtual Intelligence, Surveillance, Reconnaissance – Virtuelle Spionage, Überwachung, Aufklärung) umbenannt.
Das Programm macht sich sogenannte gezielte Werbung zu Nutze, die die IT-Konzerne Apple und Google für jeden Smartphone-Nutzer aufgrund seines angeblich anonymisierten Profils erstellen. Die Entwicklung greift auf diese Daten zurück und kann somit erfahren, wohin sich die jeweilige Person bewegt oder wonach sie im Internet surft. Wired macht darauf aufmerksam, dass andere Staaten ähnliche Spionageprogramme besitzen. Als Beispiel werden die israelischen Entwicklungen Insanet, Patternz und Rayzone erwähnt.
Auf seiner Pressekonferenz am Mittwoch kommentierte Kremlsprecher Dmitri Peskow diesen Bericht. Er zeigte sich unwissend darüber, dass man Putin auf genau diese Art und Weise bespitzelt habe.
"Ich weiß nicht, worauf diese Informationen fußen. Wir wissen nichts von den Unternehmen, die im Bericht erwähnt sind."
Gleichzeitig betonte Peskow, dass die russischen Geheimdienste alles Notwendige täten, um die Sicherheit des Staatsoberhaupts zu gewährleisten. Darüber hinaus sagte er, dass alle Smartphones unabhängig von ihrem Betriebssystem absolut offen für Bespitzelung und Überwachung seien. Alle, die ein Smartphone nutzten, müssten dies begreifen, warnte der Kremlsprecher. Im Jahr 2021 hatte Putin gesagt, dass er ein Handy nicht einmal besitze.
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