Russland verzeichnet erstmals seit zehn Jahren einen Anstieg der Zahl der Bürger mit diagnostizierter Alkoholabhängigkeit. Das berichtet die Zeitung Kommersant unter Berufung auf Daten der Statistikbehörde Rosstat, die Ende Dezember veröffentlicht wurden.
Demnach ist die Zahl der neu diagnostizierten Alkoholabhängigen und Alkoholpsychosekranken in den vergangenen Jahren kontinuierlich gesunken und hat sich zwischen 2010 und 2021 fast halbiert. Waren im Jahr 2010 rund 154.000 Personen unter ärztlicher Beobachtung, so sank die Zahl bis 2021 auf rund 53.000. Im Jahr 2022 stieg diese Zahl jedoch erstmals seit langem wieder auf 54.000 an.
Kommersant zitiert eine Erklärung des Gesundheitsministeriums, in der es heißt, dass während der COVID-19-Pandemie "der Trend des Rückgangs des Alkoholkonsums und der Sterblichkeit in direktem Zusammenhang mit Alkohol gestört wurde" und daher "eine leichte negative Dynamik zu beobachten war". Als Gründe nannte das Ministerium den "Stress durch die Pandemie" und die Inflation.
Der Psychiater und Narkologe Ruslan Issajew brachte in einem Interview mit der Zeitung den Rückfall nicht nur mit den Folgen der Pandemie in Verbindung, sondern auch mit sozioökonomischen Faktoren, der "Verschärfung der geopolitischen Konfrontationen" und dem Einfluss der Sanktionen. Gleichzeitig gebe es immer mehr junge Russen, die sich "nicht-chemischen Süchten" zuwenden, darunter der Spielsucht. "Nomophobie zum Beispiel – die Abhängigkeit vom Smartphone oder die Angst davor, vom Smartphone getrennt zu sein – gilt heute als eine der häufigsten nicht-chemischen Süchte", erklärte der Experte. "Das ist ein globaler Trend, der auch unser Land erreicht hat."
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