Es war eine Überraschung, obwohl es seit langem erwartet wurde und schon seit einigen Monaten im Gespräch war: Der Dirigent Waleri Gergijew, der jetzt das Mariinski-Theater leitet, wird auch Intendant des Bolschoi-Theaters. Ministerpräsident Michail Mischustin hat ihn soeben in dieses Amt berufen ‒ und zwar für fünf Jahre.
Wie die stellvertretende Ministerpräsidentin Tatjana Golikowa heute bei der Vorstellung des neuen Direktors im Theaterhaus bekannt gab, wird Gergijew nun beiden Theatern vorstehen. Von einer Zusammenlegung der beiden Häuser ist jedoch nicht die Rede, sie werden als eigenständige juristische Personen und kreative Einheiten weiterbestehen.
Gergijew selbst stellte fest, dass mit der neuen Ernennung eine große Verantwortung hinzukomme, schreibt die Nachrichtenagentur RIA Nowosti und beruft sich dabei auf den neuen Chef des Bolschoi. Dieser meinte:
"Heute denke ich darüber nach, was ich in Russland unternehmen soll. Nicht, weil wir nicht irgendwohin eingeladen werden, im Gegenteil, wir waren vor kurzem in China, wir haben unsere Stücke gezeigt, einen neuen Theatersaal in Peking eröffnet. Aber jetzt müssen sowohl ich als auch wir zu Hause arbeiten."
Seit langem ist die Rede davon, die Leitung des Bolschoi zu ersetzen ‒ sowohl das Publikum als auch die Behörden haben seit Jahren eine Menge kritischer Fragen aufgeworfen. So sah sich die Rechnungskammer Russlands im Jahr 2019 gezwungen, eine Prüfung zu veranlassen, da das Kartenverkaufssystem des Bolschoi-Theaters fragwürdig war: Die meisten Karten befanden sich ständig in den Händen von Zwischenhändlern, die den Preis der Eintrittskarten um mehr als das Zehnfache erhöhten. Die frühere Leitung des Bolschoi war jedoch nicht bereit, etwas gegen diese schändliche Praxis zu unternehmen.
Auch im Repertoire des Bolschoi-Theaters sind kreative Veränderungen zu erwarten. Schließlich wird es zum ersten Mal seit vielen Jahren wieder von einem Künstler geleitet: Die beiden vorherigen Intendanten waren weder Dirigenten noch Choreographen, sondern einfach Theaterbeamte. Bisher ist nur wenig über die Pläne Gergijews bekannt ‒ nur das, was er bei dem Treffen mit dem Ensemble des Bolschoi-Theaters sagte: Und zwar, dass sein erster Schritt die Aufführung der Oper "Chowanschtschina" sein werde.
Mehr zum Thema - Stardirigent Gergijew: "Russische Musik lässt sich nicht verbieten"