RT-Chefredakteurin Simonjan wirbt im Interview für chinesisch-russische Kooperation

Zum Aufbrechen der westlichen Dominanz über den Informationsraum brauche es eine russisch-chinesische Kooperation, meint RT-Chefredakteurin Margarita Simonjan. Weitere Themen des Interviews sind ihr journalistisches Ethos, die Unfreiheit des Journalismus im Westen und ihr neues Buch.

Die Chefredakteurin von RT, Margarita Simonjan, hat der in China erscheinenden Globaltimes ein Interview gegeben, in dem sie Einblicke in die Ziele ihrer journalistischen Arbeit sowie ihre persönliche Motivation gibt. 

In einer Welt, in der die westlichen Medien die öffentliche Meinung dominieren, sei es notwendig, dass die Länder des Globalen Südens lauter auftreten, stellt die Globaltimes zum Beginn des Interviews fest, das per E-Mail geführt wurde. 

Margarita Simonjan berichtet im Interview über ihr neues Buch, über den versuchten Mordanschlag auf sie und erzählt vom beständigen Kampf um die Wahrheit gegen die Narrative des Westens. 

Natürlich sei mit dem Verbot von RT im Westen die Fassade der freien Presse in der EU und den USA komplett zusammengebrochen, meint Simonjan. Sie beschreibt den westlichen Journalismus als unfrei und den Umgang westlicher Staaten mit dem russischen Sender als autoritär. Das Verbot von RT sei willkürlich, ein Nachweis für die vom Westen erhobene Anschuldigung, RT würde Desinformation verbreiten, sei nie erbracht worden. 

"Niemand hat auch nur den geringsten Beweis dafür geliefert, dass das, was RT berichtet hat oder weiterhin berichtet, nicht wahr ist. Stattdessen haben die Mitglieder des westlichen Establishments gesagt, dass das, was RT seinem Publikum bietet, in ihrem vermeintlich freien Medienumfeld nicht erlaubt ist. Wenn es um die russische Stimme oder einfach nur um eine andere Perspektive geht, darf sie einfach nicht existieren."

Obwohl es in den Vereinigten Staaten nur einen sehr kleinen Anteil an staatlichen Medien gäbe, sei deren Vielfalt nur vorgetäuscht. Vor allem zu außenpolitischen Themen sei sie objektiv nicht vorhanden. Simonjan macht dafür Drehtüreffekte zwischen Politik und Medien verantwortlich. Journalismus und Politik seien in den USA nicht getrennt. 

"Tatsächlich ist es sehr bezeichnend, dass amerikanische Nachrichten, sowohl öffentliche als auch private, mit ihren tausenden Medien – Printmedien, Fernsehen, Online – mit einer einzigen Stimme sprechen, wenn es um die amerikanische Außenpolitik geht. Die frühere Pressesprecherin des Weißen Hauses, Jen Psaki, bekam innerhalb weniger Wochen nach ihrem Ausscheiden aus ihrem Regierungsjob eine eigene Fernsehsendung auf einem großen Sender, MSNBC. … Trotz gegenteiliger Behauptungen sind die Grenzen zwischen dem politischen Establishment und den Medien in den USA nicht nur verschwommen – sie existieren nicht."

Simonjan deutete damit an, dass die Narrative durch die Kooptierung des Journalismus tief in die westlichen Gesellschaften eingepflanzt werden. Sie habe den Anspruch, dies aufzubrechen, woraus sie ihr journalistisches Ethos ableitet. Auf die Frage, ob es schwierig sei, ein westliches Publikum von der Objektivität von RT zu überzeugen, antwortet Simonjan: 

"Ich glaube, dass die Wahrheit am Ende immer siegt, solange jemand sie erzählt. Jeden Tag, an dem wir arbeiten, kämpfen wir für die Wahrheit, damit Menschen auf der ganzen Welt begreifen, was in der Ukraine vor Ort in Wirklichkeit geschieht. Wir wissen seit Jahren, dass unsere Zuschauer den Narrativen, die ihnen von den eigenen Mainstream-Medien verkauft werden, schon lange nicht mehr glauben. Deshalb haben sie vor Jahren überhaupt RT zum ersten Mal eingeschaltet. Sie stellten fest, dass wir die Realität besser abbilden als die Mainstream-Kanäle. Diese Menschen finden nun in den Ländern, in denen RT verboten ist, Möglichkeiten, weiterhin auf RT zuzugreifen."

Natürlich lebt man in der Opposition zum Mainstream gefährlich. Erst kürzlich wurde ein Terroranschlag auf Simonjan vereitelt. Für sie gehört diese Gefahr zum Beruf. 

"Als Journalisten kennen und akzeptieren wir diese Risiken, egal ob wir an vorderster Front oder aus der Studiozentrale berichten. Es ist unsere Aufgabe, unsere Pflicht, der Welt die Wahrheit über die gefährlichsten Orte und Ereignisse zu erzählen. Letzten Endes sind wir alle sterblich. Für mich stellt es ein weitaus weniger beängstigendes Schicksal dar, dafür zu sterben, dass ich die Wahrheit ausspreche, dafür, dass ich mein Vaterland verteidigt habe, als es ein langsamer Tod an einer unheilbaren Krankheit oder ein Leben voller Schande für so etwas wie Verrat wäre."

Vor kurzem hat Margarita Simonjan ihr neues Buch vorgestellt. "Whirlpool" ist eine Sammlung von Kurzgeschichten, mit denen Simonjan dem Leser eine Tür zur russischen Lebenswirklichkeit öffnen will. 

"In meinem neuen Buch würdige ich die große Tradition der russischen psychologischen Prosa, indem ich lebendige Skizzen des Lebens entwerfe. Ich wünsche mir, dass die Leser einen Einblick in das Leben in Russland erhalten, der kaum auf den Titelseiten von Zeitungen oder im Fernsehen gezeigt wird. Vielleicht entdecken sie das Universelle in diesen sehr persönlichen Geschichten."

Einig ist sich Simonjan mit ihren chinesischen Kollegen darin, dass es einer verstärkten Zusammenarbeit zwischen russischen und chinesischen Auslandsmedien bedarf, um die westliche Dominanz im Informationsraum aufzubrechen. 

"Man kann kaum überschätzen, wie wichtig die Zusammenarbeit russischer und chinesischer Medien im internationalen Nachrichtenraum ist. Es geht einfach um das Überleben der russischen und chinesischen Stimmen auf der globalen Bühne. Wir stehen der mächtigsten Armee des westlichen Mainstream-Journalismus praktisch allein gegenüber, und eine solche Dominanz führt zu einer gefährlichen, kriegerischen Welt. …

Die heutige Russophobie und Sinophobie unterscheiden sich kaum vom klassischen Rassismus und Faschismus."

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