Von Andrei Koz
Vor 81 Jahren, am 23. August 1942, erlebte Stalingrad einen massiven Luftangriff, der die Stadt buchstäblich in Schutt und Asche legte. Die Vierte Luftflotte der deutschen Luftwaffe griff die Stadt mit allem, was sie aufbieten konnte, an und zerstörte innerhalb eines halben Tages mehr als die Hälfte des Wohnungsbestandes. Mehr als 40.000 Menschen starben an nur einem Tag.
Nach schweren Sprengbomben, die die Häuser bis auf die Grundmauern niederrissen, kam Brandmunition zum Einsatz, die zahlreiche Brände verursachte. Ein gewaltiger Feuerwirbel verwüstete die zentralen Stadtteile und griff auf die Außenbezirke über. Das vor dem Krieg blühende Stalingrad glich nun einem umgepflügten Acker mit Überresten von Gebäuden und einsam aus dem Trümmerfeld herausragenden Ofenrohren.
Es schien, als könne die in Feuer und Rauch untergegangene Stadt keinen Widerstand mehr leisten. Doch auf das Bombardement am 23. August folgte die heldenhafte Verteidigung Stalingrads durch die Rote Armee, die mehr als ein halbes Jahr andauerte.
Die Feuerhölle von Stalingrad
Bis zum Beginn der Bombardierung waren etwa 100.000 der 400.000 Einwohner der Stadt evakuiert worden. Die meisten der verbliebenen Erwachsenen und Kinder waren mit Befestigungsarbeiten beschäftigt \u<> sie bauten Barrikaden, hoben Schützen- und Panzerabwehrgräben aus und tarnten strategisch wichtige Einrichtungen. Die Vorbereitungen für eine lange Belagerung Stalingrads gingen schnell voran \u<> die Wehrmacht war bereits nahe.
Bin 23. August um 16 Uhr brach die Vorhut der 6. deutschen Armee in der Nähe des nördlichen Stadtrandes von Stalingrad, in der Gegend der Siedlungen Latoschinka, Akatowka und Rynok, zur Wolga durch. Die sowjetischen Flugabwehrbatterien des 1077. Regiments waren die Ersten, die sich den gepanzerten Fahrzeugen des 14. Panzerkorps entgegenstellten. Ein heftiges Gefecht entbrannte.
Einige Stunden später hörte man das dumpfe Grollen von Hunderten von Bombern über der Stadt. Heinkel- und Junkers-Bomber mit Kreuzen auf den Tragflächen kamen Welle für Welle, jedes Mal 30 bis 40 Maschinen. Die ersten Bomben fielen gegen sechs Uhr abends auf Stalingrad. Augenzeugen erinnerten sich später, dass der Boden buchstäblich bebte. In Abständen von 10 bis 30 Sekunden waren gewaltige Explosionen zu hören, und das Grollen war so laut, dass dahinter nichts anderes zu hören war.
Andrei Iwanowitsch Jerjomenko, Marschall der Sowjetunion, blickte nach dem Krieg in seinen Memoiren auf den Tag zurück:
"Was sich uns am 23. August in Stalingrad darbot, erschien wie ein schwerer Alptraum. Ununterbrochen stiegen hier und da die Feuersultane der Bombenexplosionen in die Höhe. Im Bereich der Öllager stiegen riesige Flammensäulen in den Himmel. Ströme von brennendem Öl und Benzin ergossen sich in die Wolga. Der Fluss brannte, die Dampfer auf der Reede von Stalingrad brannten. Der Asphalt von Straßen und Plätzen rauchte stinkend. Telegrafenmasten flammten auf wie Streichhölzer. Ein unvorstellbarer Lärm, der das Ohr mit seiner infernalischen Musik zerreißt. Das Quietschen von Bomben, die von den Höhen flogen, vermischte sich mit dem Grollen von Explosionen, dem Klirren und Scheppern einstürzender Gebäude, dem Knistern wütender Feuer. Das Stöhnen sterbender Menschen, Frauen und Kinder, die um Hilfe schrien und schreien."
Insgesamt flogen deutsche Bomber im Laufe des Tages bis zu 2.000 Einsätze. Etwa 1.000 Flugzeuge verschiedener Typen nahmen daran teil. Sie bombardierten in einem kontinuierlichen Teppich, ohne einzelne Ziele auszuwählen. Die Piloten der Luftwaffe hatten nur eine Aufgabe: die Stadt vom Erdboden zu tilgen. Ich muss sagen, dass sie das mehr als erfolgreich geschafft haben.
Am Ende des Tages lag der größte Teil von Stalingrad in Trümmern. Allein am 23. August wurden nach Schätzungen von Historikern 40.000 bis 90.000 Menschen getötet. Etwa 50.000 wurden verwundet. 309 Betriebe wurden zerstört. Die Werke "Roter Oktober", "Barrikady" und das Stalingrader Traktorenwerk verloren den größten Teil ihrer Werkshallen und der Ausrüstung. Verkehrsinfrastruktur und Kommunikationsnetze waren zerstört. Die Situation in der Stadt wurde dadurch verschlimmert, dass es fast unmöglich war, die lodernden Brände zu löschen, da die Wasserversorgung durch die Bomben lahmgelegt war. Es war auch nicht möglich, Wasser aus der Wolga zu pumpen, da ausgelaufene Erdölprodukte auf der Oberfläche des Flusses brannten.
Strategie des Terrors
Natürlich leistete Stalingrad dem Luftangriff so gut es ging Widerstand. Die sowjetische Luftwaffe und die Flakartillerie zerstörten am 23. August 1942 zwischen 90 und 120 deutsche Flugzeuge. Kurz nach Beginn des Bombardements war die Stadt jedoch in eine dichte Rauchwolke gehüllt ‒ unter diesen Bedingungen war es sehr schwierig, vom Boden aus zu treffen. Erschwerend kam hinzu, dass die Flakschützen und Flakhelfer des 1077. Regiments nicht auf Flugzeuge schießen durften. Diese Einheit war damit beschäftigt, den Vormarsch der deutschen Panzer am nördlichen Stadtrand aufzuhalten. Schwere Flakschützen schossen auf die feindlichen Panzerfahrzeuge mit direktem Feuer aus ihren 37 Kanonen, da es an Panzerabwehrmitteln mangelte.
Es ist ein Fall bekannt, bei dem zwei Panzer und drei mit Panzerstahl ausgekleidete Traktoren aus einer Traktorenfabrik zu Hilfe kamen, unterstützt von einem Bataillon von Arbeitern mit Dreiliniengewehren. In Stalingrad gab es keine weiteren Truppen: Einheiten und Verbände der 62. Armee hielten den Feind mehrere Dutzend Kilometer von der Stadt entfernt am linken Ufer des Don in Schach. In Stalingrad selbst wehrte eine Handvoll Verteidiger den Ansturm des Feindes ab ‒ den Deutschen gelang es am 23. August und in den folgenden Tagen nicht, die nördliche Verteidigungslinie der Stadt zu durchbrechen. General von Wietersheim, Befehlshaber des 14. Panzerkorps der Wehrmacht, wurde wegen des Scheiterns der Offensive von seinem Kommando entbunden.
Das Hauptziel des Bombardements ‒ die Unterdrückung des Widerstands der sowjetischen Truppen, die die Stadt verteidigten, und die anschließende Erstürmung Stalingrads durch Bodeneinheiten ‒ konnten die Deutschen am 23. August also nicht erreichen. Nach Ansicht einiger Militärhistoriker konnte die Wehrmacht die Ergebnisse der Luftwaffe nicht für ihren Vormarsch ausnutzen. Infolgedessen wirkte die Bombardierung nicht wie eine militärische Operation, sondern eher wie ein terroristischer Akt.
Eindeutig terroristisch war der heftige Beschuss der Transporte mit den aus der Stadt evakuierten Zivilisten durch die Wehrmacht. Militärhistoriker Alexei Issajew beschreibt dies in seinem Buch "Stalingrad – Für uns gibt es kein Land jenseits der Wolga" so:
"Der Transport der Menschen zum linken Wolgaufer wurde von Schiffen der Stalingrader Flussflotte und der Wolga-Militärflottille durchgeführt. Am 23. und 24. August, nachdem alle Anlegestellen durch Luftangriffe zerstört worden waren, organisierten Stalingrader Flussleute die Überfahrt mit Booten und Langbooten. Diese Etappe der Evakuierung fand unter Luftangriffen und sogar unter feindlichem Artilleriebeschuss statt. Der Sanitätsdampfer "Borodino" mit 700 Verwundeten wurde beschossen und sank, nur etwa 300 Menschen konnten gerettet werden. Das gleiche Schicksal ereilte den Dampfer "Josef Stalin" mit zu evakuierenden Einwohnern. Von den 1.200 Menschen auf dem Schiff konnten nur etwa 150 Personen gerettet werden."
Nachdem die Verteidiger von Stalingrad den ersten und schrecklichsten Luftangriff überstanden hatten, hatten sie Zeit, sich auf die Verteidigung vorzubereiten. Verstärkung konnte eindringen, und Milizionäre und Zivilisten verwandelten die Ruinen ihrer Häuser in ein Netz von Festungen und Feuernestern.
Übersetzung aus dem Russischen. Der Artikel ist ursprünglich am 23. August 2017 auf ria.ru erschienen.
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