Nicolas Celoro, ein französischer Komponist und Pianospieler, sagt Journalisten über sein "Lied vom Donbass", das er unter dem Eindruck der Tragödie in Donezk und Lugansk einst schrieb: "Ich konnte nicht anders, als diese Musik zu schreiben."
Celoro war während der Pandemie nach Russland gekommen, um ein paar Konzerte zu geben, und musste wegen der COVID-Beschränkungen bleiben, da alle Flüge gestrichen wurden. Dann fand er hier sein Familienglück und beschloss, nicht nach Paris zurückzukehren. Seine Entscheidung sei sowohl durch den Wandel, den Frankreich in den vergangenen Jahren durchgemacht hat, als auch durch das brutale Verhalten der französischen Regierung gegenüber ihren Bürgern während der Pandemie beeinflusst worden, sagt er. In Frankreich sei die Situation nun sehr seltsam, erklärt er in einem Gespräch mit der Zeitung Wetschernjaja Moskwa:
"Leider sind wir nicht frei in unseren politischen Entscheidungen und wir sind abhängig von einem seltsamen Phänomen namens Europäische Union. Was hier vor sich geht, erinnert mich an die Diktatur Hitlers, der sagte, dass es in der Gesellschaft keine freien Menschen mehr geben würde, aber sie wären froh, keine Freiheit zu haben. Hitler hat das nicht verwirklichen können. Aber was er anstrebte, wird jetzt real.
In Frankreich sei beispielsweise ein neues Gesetz verabschiedet worden, das die Herstellung von Mehl aus Insekten erlaube. Es sei normal geworden, Insekten zu essen. "Und wir werden es nicht einmal merken, denn die Zusammensetzung darf auf dem Etikett weggelassen werden. Man fragt uns nicht einmal. Man gibt uns einfach vor, was wir essen sollen."
"Ein anderes neues Gesetz in Frankreich sieht vor, dass dreimal im Jahr Leute in die Schulen kommen und Kindern sagen, dass nicht-traditionelle Beziehungen in Ordnung sind und dass es in Ordnung ist, wenn ein kleiner Junge ein Mädchen sein möchte. Keiner der Eltern will das, aber sie werden nicht gefragt. Wie ist das möglich?"
Über den Krieg im Donbass dürfe man auch nur das sagen, was von dem Mainstream vorgegeben werde, so der französischer Musiker. Französische Journalisten, die über den Donbass-Krieg Filme machten und "anders als die offiziellen Politiker über die Ukraine sprechen", hätten nun in Frankreich große Schwierigkeiten, erzählt Celoro. "Ihnen werden die Bankkonten nur deshalb gesperrt, weil sie einen anderen Standpunkt vertreten", erklärt er. Ein Musikstück mit dem Titel "Ein Lied vom Donbass" hätte also in Europa derzeit keine Chance.
"Das Lied entstand in einer Atmosphäre des Krieges zwischen sich sehr nahe stehenden Menschen – Russen und Ukrainern. Der Krieg wurde Wirklichkeit. Aber auch Menschen anderer Nationalitäten wurden in diesen Krieg hineingezogen. Und dann sind da noch die Vereinigten Staaten, die die Tür zu dieser Hölle öffnen. Es ist sehr beängstigend, eine Tragödie. Ich habe das alles gespürt. Die Musik ist nur eine Art Ausdruck dieser Gefühle."
Über seine Wahrnehmung der Zeit vor der militärischen Sonderoperation sagt er: "Als Mensch und Komponist spüre ich den Schmerz des Donbass. Was in der DVR und der LVR passiert ist, ist schrecklich. Mein Schock war so groß, dass ich tragische Musik komponiert habe."
Viele seiner Freunde seien jetzt ratlos. "Sie sind in einer Pattsituation", beschreibt Celoro die Lage. Wie das Leben im jetzigen Europa zu gestalten sei, sei unklar. "Alle haben mir gesagt, dass ich mit meinem Umzug die richtige Entscheidung getroffen habe", erzählt er.
"Es gibt diesbezüglich keine Negativität. Im Gegenteil, einer meiner Freunde meinte: 'Vielleicht sollte ich auch nach Russland ziehen?'"
In Russland hat der Komponist das gefunden, was Frankreich seiner Meinung nach längst verloren hat: Den hohen Stellenwert der klassischen Musik. In Frankreich und in Europa allgemein werde klassische Musik immer mehr "abgeschafft". Sie falle der modernen Cancel Culture zum Opfer. In Russland hingegen gebe es "keine Abschaffung der hohen Kunst und der hohen Musik", sagt Celoro im Gespräch mit der Nachrichtenagentur RIA Nowosti:
"Als ich mir die Olympischen Spiele in Sotschi ansah, war ich überrascht. Normalerweise gibt es bei den Eröffnungs- und Abschlusszeremonien Rockmusik, aber hier hat die klassische Musik einen wahren Triumphzug erlebt. Es gab Borodin, Mussorgsky, Rimski-Korsakow, das zweite Klavierkonzert von Rachmaninow, Strawinsky, Schnittke. Es war unglaublich schön!
Ich glaube, Russland hat eine besondere Vorliebe für Kultur und hohe Kunst. Das moderne Frankreich ist in dieser Hinsicht ganz anders. In Frankreich ist es sogar sehr schwierig, in kleinen Städten Festivals oder Konzerte zu veranstalten. Wenn Sie in Russland Chopin, Beethoven oder Debussy spielen wollen, nur zu."
Russland sei ein "guter Ort zum Spielen", meint der französische Pianist. "Hier spiele ich frei", sagt er. Deshalb gibt er überall im Land Konzerte. Selbst auf der Krim war er schon und bei verschiedenen russischen Musikwettbewerben gehört er zu den Experten.
Er ist fasziniert von der Art und Weise, wie die Russen mit klassischer Musik umgehen und fühlt sich mit den russischen Klassikern eng verbunden:
"Die Menschen, die hier klassische Musik hören wollen, erwarten von ihr Wunder. Sie wollen etwas hören, das ihnen im Leben helfen kann, das sie erhebt: Musik von Beethoven, Liszt, Chopin, Rachmaninow. Vielleicht meine. Ich fühle mich als Franzose und spüre eine seltsame Verbindung zwischen meiner Musik und der russischen Musik."
Celoro lebt in Susdal, einer kleinen historischen Stadt am berühmten Goldenen Ring, in der es viele alte Kirchen gibt und in der Tarkowski seinen Film "Andrej Rubljow" drehte. Auch lebt Celoro in einem kleinen Dorf nahe Wladimir, wo er die meiste Zeit verbringt und seine neuen Musikstücke schreibt. Gegenüber Journalisten der Zeitung Wetschernjaja Moskwa gibt er zu:
"Ich liebe Susdal und das Dorf, in dem ich abgeschieden lebe, sehr. Das Haus liegt am Rande des Dorfes. Es gibt einen einzigen Laden für das ganze Dorf, der einen langen Spaziergang entfernt ist. Es ist von Wald umgeben. Im Sommer fahre ich mit dem Fahrrad. Aber der Winter ist besser für mich. Ich habe gelernt, Ski zu fahren. Ich laufe 25 Kilometer von einem Dorf zum anderen hin und her. Diese Wanderungen haben mir so viel Energie gegeben, dass ich 'Geschichten aus dem russischen Wald' geschrieben habe, mit denen ich jetzt auftrete."
Derzeit schreibt Nicolas Celoro Musik für das tausendjährige Jubiläum der Gründung von Susdal, das im Jahr 2024 stattfinden wird. Zudem plant er eine neue Konzertreise mit dem "Lied vom Donbass". Er will es unbedingt dorthin bringen, wo es hingehört: Nach Donezk und Lugansk.
Mehr zum Thema - Flucht vor radikalem Liberalismus: Ein "Einwandererdorf" für US-Amerikaner entsteht in Russland