Indem Russland seine Pässe an ukrainische Kinder ausstellt, hebt es die ukrainische Staatsbürgerschaft nicht auf, sondern ergänzt sie, erklärte die Beauftragte des russischen Präsidenten für Kinderrechte Maria Lwowa-Belowa in einem Interview mit dem US-Magazin VICE.
Die Kinderbeauftragte wurde gefragt, ob der Prozess der Erlangung der russischen Staatsbürgerschaft durch ukrainische Kinder als "eine Form der Zerstörung der nationalen Identität" angesehen werden könne. Darauf antwortete sie:
"Die ukrainische Staatsbürgerschaft bleibt ihnen. Es ist nicht so, dass wir sie annullieren. Wir ersetzen sie nicht – wir ergänzen sie, wir ermöglichen sie. Was hat es mit der Löschung der Identität auf sich? Ich bin mir sicher, dass es in Ihrem Umfeld viele Menschen gibt, die zwei Staatsbürgerschaften haben."
Lwowa-Belowa bezweifelte, dass die Staatsbürgerschaft "die Identität auslöschen" kann. Sie fügte hinzu:
"Wir haben immer Lieder auf Russisch und Ukrainisch gesungen. Wir haben uns Geschichten auf Russisch und Ukrainisch erzählt. Wir haben immer in Freundschaft und Verständnis gelebt. Und was jetzt passiert, ist, dass die Ukraine im Gegenteil alles auslöscht, was mit Russland zu tun hat."
Laut der Ombudsfrau gab es "kein Gramm Politik" in Russlands Handeln gegenüber ukrainischen Kindern, sondern nur "Empathie und Liebe". Sie schloss:
"Und so kann ich definitiv sagen, dass ich mich für keine meiner Handlungen schäme, denn es war alles für die Kinder."
Seit Februar letzten Jahres sind fünf Millionen Flüchtlinge aus der Ukraine in Russland angekommen, darunter mehr als 700.000 Kinder, hatte die russische Menschenrechtsbeauftragte Tatjana Moskalkowa im Dezember 2022 bekannt gegeben. Im Mai letzten Jahres erleichterte Russland die Einbürgerung von Waisenkindern aus der Ukraine: Ihre Vormünder und Betreuer können einen Antrag stellen, wenn sie selbst die russische Staatsbürgerschaft besitzen, einschließlich DVR und LVR, die nach einem Referendum Teil Russlands wurden, oder der Ukraine.
Lwowa-Belowa hat sich wiederholt zur "Verschleppung" von Kindern aus dem Kriegsgebiet in der Ukraine geäußert. So hatte sie im November letzten Jahres berichtet, dass 52 Kinder mit schweren Erkrankungen aus einem Internat in der Nähe der Frontlinie im Gebiet Cherson abgeholt worden waren. Im April gb die Ombudsfrau bekannt, dass alle ukrainischen Kinder, die "in der Region Krasnodar Urlaub gemacht hatten", zu ihren Familien zurückgekehrt seien. Ihr zufolge hatten die Eltern ihre Kinder im Spätsommer und Herbst in Kurorte in Südrussland geschickt, konnten sie aber "aufgrund von Veränderungen an den Frontlinien und einer Reihe anderer Gründe lange Zeit nicht abholen".
Im März erließ der Internationale Strafgerichtshof (IStGH) Haftbefehle gegen den russischen Präsidenten Wladimir Putin und Lwowa-Belowa: Sie werden verdächtigt, "Kinder aus den besetzten Gebieten der Ukraine illegal nach Russland abgeschoben zu haben". Die Ombudsfrau für Kinder kommentierte die Entscheidung mit den Worten, die russischen Behörden täten nichts Illegales. Sie präzisierte:
"Wir haben keine einzige Anfrage erhalten, die bestätigt, dass Kinder von ihren Eltern getrennt wurden, dass zum Beispiel dieses oder jenes Kind deportiert, also gewaltsam auf russisches Territorium gebracht wurde."
Der Kreml kommentierte das IStGH-Urteil mit dem Hinweis, dass Russland "wie eine Reihe von Staaten die Zuständigkeit dieses Gerichts nicht anerkennt". Der russische Präsidentensprecher Dmitri Peskow erklärte:
"Dementsprechend sind alle Entscheidungen dieser Art für die Russische Föderation rechtlich null und nichtig."
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