"Faschistischer Staat?" Sergei Lawrow fordert Wortlaut von Borrells Rede zu Russland

Moskau hat den Wortlaut einer Rede des EU-Außenministers Josep Borrell angefordert, in deren Übersetzung Russland als "faschistischer Staat" bezeichnet worden war. Der Sprecher Borrells betonte, es handele sich um einen Übersetzungsfehler.

Das russische Außenministerium hat eine Abschrift der Rede des Hohen Vertreters der EU für Außen- und Sicherheitspolitik Josep Borrell angefordert. In der übersetzten Rede Borrells war Russland als "faschistischer Staat" bezeichnet worden. Russland werde daraus Schlussfolgerungen für die weiteren Beziehungen zur Europäischen Union ziehen, falls die Rede tatsächlich so gehalten worden sei, so der russische Chefdiplomat Sergei Lawrow. Wörtlich hieß es:

"Wir haben das Büro von Herrn Borrell um den Wortlaut der Rede auf Spanisch gebeten. Uns wird dieser nicht übermittelt. Wir erzielen vollständige Klarheit, und wenn wir diesen Wortlaut heute nicht in spanischer Sprache erhalten, werden wir die entsprechenden Konsequenzen ziehen."

Lawrow wies darauf hin, dass Borrell EU-Vertreter im Ausland ernennt, darunter vor einer Woche einen neuen Leiter der EU-Mission in Russland. Der russische Außenminister erklärte:

"Wenn es für Herrn Borrell so selbstverständlich ist, gegen ein 'faschistisches Regime' zu kämpfen, wie er es formulierte, dann würde ich gerne wissen, welche Anweisungen, welche Direktiven er seinem Vertreter in Moskau gegeben hat und welche Linie dieser Vertreter verfolgen wird."

Sollten sich die Berichte in den Medien bestätigen, werde Russland "sehr große Fragen haben", welche Politik das Land in diesem Zusammenhang weiter betreiben sollte, so Lawrow weiter. Borrells Statements hatten sich am Vortag im Anschluss an seine Rede auf einer interparlamentarischen Konferenz des Europäischen Parlaments in Prag rasant verbreitet, was eine umgehende Reaktion in Moskau hervorrief.

Der EU-Chefdiplomat hatte die Fragen der Parlamentarier auf Spanisch beantwortet. Eine der ins Englische übersetzten Formulierungen Borrells hatte wie folgt gelautet: "Bislang haben wir keinen konkreten Plan, wie wir das faschistische Russland und sein faschistisches Regime besiegen können." Borrells Sprecher Peter Stano behauptete später, dass es sich um einen Übersetzungsfehler gehandelt habe.

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