Der Moskauer Kommunalpolitiker Alexei Gorinow ist am Freitag zu einer siebenjährigen Haftstrafe verurteilt worden. Zusätzlich wurde ihm verboten, in Zukunft staatliche Ämter zu bekleiden. Dies ist die erste Verurteilung zu einer Haftstrafe gemäß dem Artikel 207.3 des Strafgesetzbuchs der Russischen Föderation. Diese gesetzliche Regelung, welche die "öffentliche Verbreitung von wissentlich falschen Informationen über den Einsatz russischer Streitkräfte" unter Strafe stellt, war am 5. März 2022 in Kraft getreten. Bisher wurden nach diesem Gesetz ein Bewohner des Gebiets Transbaikalien zu einer Geldstrafe in Höhe von einer Million Rubel sowie ein Inspektor des Katastrophenschutzministeriums auf der Krim zu einer fünfjährigen Bewährungsstrafe verurteilt.
Gorinow und seine Kollegin Jelena Kotenotschkina, die inzwischen Russland verlassen hat und in Abwesenheit verurteilt wurde, sind die ersten russischen Abgeordneten, gegen die ein Verfahren gemäß Artikel 207.3 eingeleitet wurde. Am 15. März hatte sich Gorinow während einer Besprechung zur Organisation öffentlicher Veranstaltungen anlässlich der diesjährigen Maifeiertage gegen die Durchführung eines Kinderzeichenwettbewerbs ausgesprochen. Dies sei eine "Barbarei" vor dem Hintergrund des russischen Militäreinsatzes in der Ukraine.
Nachdem eine Videoaufnahme der Sitzung auf Youtube veröffentlicht worden war, reichten der Leiter des Duma-Komitees für Informationspolitik Alexandr Chinschtein und der stellvertretende Vorsitzende des Komitees für Entwicklung der Zivilgesellschaft Oleg Leonow eine Beschwerde bei der Staatsanwaltschaft ein. Am 26. April begann Russlands Ermittlungskomitee ein Strafverfahren. Die Anklageschrift warf Gorinow eine Absprache mit Kotenotschkina zum Zwecke der öffentlichen Verbreitung von wissentlich falschen Informationen über den Einsatz russischer Streitkräfte vor, die durch "politischen Hass" motiviert sei. Am 21. Juni 2022 wurde Gorinow in Moskau vor Gericht gestellt und die Fortsetzung des Verfahrens auf den 7. Juli vertagt. Nach einem zweitägigen Verfahren sprach das Gericht am 8. Juli Gorinow schuldig und gab damit der Forderung der Staatsanwaltschaft nach einer siebenjährigen Haftstrafe vollständig statt.
Indessen wies Gorinows Verteidigung darauf hin, dass eine strafrechtliche Verfolgung und erst recht eine Haftstrafe für eine Meinungsäußerung unzulässig seien. Artikel 207.3 widerspreche außerdem der russischen Verfassung. Ewa Merkatschjowa, ein Mitglied des Präsidentenrats für Menschenrechte, bezeichnete das Urteil als unangemessen: "Sieben Jahre bekommt man für Mord und Vergewaltigung, und hier geht es um Worte." Nach Angaben der russischen Zeitung Kommersant will Gorinows Verteidigung Berufung gegen das Urteil einlegen.
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