Russlands Bildungsministerium rät Hochschulen von Zusammenarbeit mit Erasmus+ ab

Infolge der westlichen Sanktionen gegen Russland häufen sich die Forderungen im Land, das nationale Bildungssystem zu reformieren. Erörtert wird unter anderem ein Ausstieg aus dem Bologna-System. Auch die Kooperation im Rahmen des Programms Erasmus+ wird hinterfragt.

Das russische Ministerium für Bildung und Wissenschaft rät vor dem Hintergrund der westlichen Sanktionen gegen Russland allen Bildungseinrichtungen im Land davon ab, mit ausländischen Partnern im Rahmen des Programms Erasmus+ zusammenzuarbeiten, das unter anderem den Austausch von Studenten fördert. Nach Angaben der russischen Nachrichtenagentur TASS begründet die Behörde ihre Ermahnung damit, dass der Rat der Europäischen Union mit seiner Regelung vom 8. April 2022 im Rahmen der aus dem EU-Haushalt finanzierten Programme jegliche finanzielle und nicht finanzielle Unterstützung für staatliche und staatlich kontrollierte Organisationen in Russland verboten hat.

Erasmus+ ist ein Programm der Europäischen Kommission, das die Kooperation von Bildungseinrichtungen in Europa und weltweit fördert. Ein wichtiger Teil des Programms ist der Austausch von Schülern, Studierenden und Lehrenden. Auch Russland gehört zu den Partnerländern. Seit dem Jahr 2014 haben sich an dem Programm, das von der EU finanziert wird, mehr als 13.200 russische Studierende beteiligt.

Inzwischen häufen sich in Russland die Forderungen, aus dem Bologna-Prozess auszusteigen. Auch die Vorsitzende des Föderationsrates Walentina Matwijenko hat sich zuletzt gegen das europäische Bildungsvorbild ausgesprochen. Nach Angaben der TASS erklärte die Politikerin auf einer Presserunde, dass eine Integration Russlands in den Bologna-Prozess und in den europäischen Wissenschaftsraum nicht stattgefunden habe:          

"Trotz aller Versprechungen des Westens über eine volle Integration unserer Universitäten und Wissenschaftszentren in den europäischen Wissenschaftsraum ist leider nichts dergleichen geschehen."

Die Vorsitzende des Oberhauses des russischen Parlaments hob zugleich hervor, dass das frühere russische Bildungssystem auf der Grundlagenforschung gefußt habe. Als Folge des Umstiegs auf das Bologna-System sei diese fundamentale Ausbildung hoch qualifizierter Fachkräfte eingebüßt worden. Im Austausch habe das Land nichts gewonnen.

Dies bedeute aber nicht, dass man jetzt alles zunichtemachen solle. Ein Ausstieg aus dem Bologna-Prozess solle von einer gründlichen Reform des russischen Bildungssystems begleitet werden, fügte Matwijenko hinzu. Es sei nicht mehr möglich, das sowjetische Bildungssystem wiederherzustellen, da sich die Welt in den vergangenen Jahrzehnten stark verändert habe.

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