Die russische Wirtschaft kommt offenbar besser mit den wegen der russischen Offensive in der Ukraine verhängten Sanktionen des Westens gegen Russland zurecht, als ursprünglich erwartet. Das kommunizierte die amerikanische Wall Street-Bank JPMorgan Chase vergangene Woche in einer Mitteilung an ihre Kunden, die am Montag vom Wirtschaftsmagazin Business Insider veröffentlicht wurde.
Laut der größten US-Investmentbank signalisieren Umfragen zur Unternehmensstimmung im Land "eine nicht sehr tiefe Rezession in Russland und bergen daher Aufwärtsrisiken für unsere Wachstumsprognosen". In der Mitteilung führte JPMorgan Chase zudem auch Hochfrequenzindikatoren wie den Stromverbrauch und die Finanzströme an, die darauf hindeuten, dass die Wirtschaft in besserer Verfassung ist als vorhergesagt.
"Die vorliegenden Daten deuten daher nicht auf einen abrupten Einbruch der Wirtschaftstätigkeit hin, zumindest vorerst", zitierte Business Insider die Analysten der Bank.
Eine frühere Prognose, nach der das russische Bruttoninlandsprodukt (BIP) im zweiten Quartal um 35 Prozent und im gesamten Jahr 2022 um 7 Prozent sinken werde, nahm JPMorgan zudem zurück.
Stattdessen erklärte die Bank nun, dass die Zahlen wahrscheinlich weit weniger alarmierend sein werden. Das Geldinstitut merkte allerdings an, dass die Auswirkungen der aktuellen sowie künftigen Sanktionen im Laufe der Zeit vermutlich doch noch spürbar werden und dass die Wirtschaft des Landes in einer weitaus besseren Verfassung wäre, wenn Moskau auf seine Militäroperation in der Ukraine verzichtet hätte.
"Wir gehen davon aus, dass sich die Auswirkungen der Sanktionen in den kommenden Quartalen weiter verstärken werden. Das BIP-Profil scheint daher immer wahrscheinlicher mit einer langwierigen, aber nicht sehr starken Rezession übereinzustimmen", prognostizieren die Analysten und wiesen gleichzeitig darauf hin, dass die Exportaufträge aktuell einen besonderen Rückgang aufweisen.
Russland sieht sich infolge seiner militärischen Sonderoperation in der Ukraine mit beispiellosen wirtschaftlichen Beschränkungen konfrontiert. Während die Europäische Union derzeit ihr sechstes Sanktionspaket vorbereitet und im Rahmen ihrer diesbezüglichen Überlegungen ein Importverbot für russisches Öl erwägt, haben die USA hingegen bereits ein Embargo gegen russisches Öl, eines der wichtigsten Exportgüter des Landes, verhängt.
Zudem wurde Russland vom internationalen Bankensystem Swift ausgeschlossen und russische Banken, Organisationen und Einzelpersonen mit Sanktionen belegt. Vermögenswerte, darunter etwa die Hälfte der Devisenreserven des Landes, wurden infolge der Sanktionen ebenfalls eingefroren.
Zwar hat es Russland mit entsprechenden Gegenmaßnahmen geschafft, die Nationalwährung des Landes, den Rubel, nach einem historischen Absturz wieder auf das Niveau vor dem Konflikt zu bringen, allerdings herrscht unter Analysten immer noch große Unsicherheit über die Zukunft der russischen Wirtschaft.
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