Seit Beginn des Krieges in der Ukraine wurden in Russland mehrere unabhängige Medien blockiert. Unter anderem der Radiosender Echo Moskwy, der mehr als 30 Jahre lang zu den kritischen Berichterstattern zählte. Der Verwaltungsrat habe entschieden, den Sender und seine Internetseite zu schließen, teilte Chefredakteur Alexei Wenediktow am Donnerstag mit. Die Schließung löste breites Entsetzen aus. Einige Mitarbeiter beschlossen, weiterhin auf Youtube zu senden.
Bereits am Dienstag hatte die russische Medienaufsichtsbehörde den Zugang zur Internetseite von Echo Moskwy auf Verlangen der Generalstaatsanwaltschaft eingeschränkt. Kurz darauf funktionierte auch die Radioübertragung nicht mehr. Laut der Behörde habe der Sender falsche Informationen über die Handlungen der russischen Armee verbreitet.
Da die Medienaufsichtsbehörde auch die Online-Präsenz eines weiteren Senders, des TV-Senders Doschd, blockiert hatte, beschloss der Chefredakteur Tichon Dsjadko, Russland vorläufig zu verlassen. Auf Telegram erklärte er:
"Nach der rechtswidrigen Blockierung der Internetseite von Doschd, des Doschd-Accounts in einer Reihe sozialer Netzwerke und Drohungen gegen einige Mitarbeiter ist es klar, dass die persönliche Sicherheit von einigen von uns in Gefahr ist."
Die Redaktion von Doschd (auf Deutsch: "Regen") werde gegen alle Entscheidungen Berufung einlegen, erklärte Dsjadko. Die Ausstrahlung aus einem anderen Land sei nicht geplant.
Natalja Sindejewa, die Gründerin von Doschd, sagte zum Portal Meduza, dass die Redaktion eine Schließung erwartet habe. Doch auch wie bei der Eintragung ins Register ausländischer Agenten sei es unmöglich gewesen, sich darauf vorzubereiten. "Es ist nie möglich, auf einen schlechten Plan vorbereitet zu sein", sagte sie.
Am Donnerstagabend teilte Sindejewa mit, dass der Fernsehsender Doschd seine Arbeit vorübergehend einstellt. Das Gesetz zur Verbreitung von "Falschmeldungen" über die Handlungen des russischen Militärs mache den Job praktisch unmöglich. "Wir brauchen Kraft und Zeit zum Verschnaufen, um zu verstehen, wie wir weiterarbeiten können", hieß es in einer Live-Ausstrahlung. Viele Mitarbeiter haben sich der Übertragung bereits aus dem Ausland zugeschaltet.
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