Ende des zweiten Halbjahrs 2022 wird das russische Verteidigungsministerium den ersten komplett neu gebauten strategischen Bomber Tu-160M für Tests in der praktischen Verwendung erhalten. Ursprünglich war die Übergabe der 2015 in Auftrag gegebenen Flugzeuge erst für 2023 geplant.
Die Tu-160M wird der Nachfolger der Tu-160, eines der letzten sowjetischen Flugzeuge, das seit den 1970ern geplant, ab 1981 produziert und ab 1987 in Dienst gestellt wurde. Von den insgesamt 36 produzierten Tu-160 sind noch 15 im Besitz der Streitkräfte der Russischen Föderation – die meisten davon mittlerweile zur Tu-160M modernisiert. Nachdem der Standort der Tu-160 in der Sowjetunion das ukrainische Priluki war, wurden zehn der Maschinen dort verschrottet und nur acht wurden, zum Ausgleich von Gasschulden, im Jahr 2000 nach Russland überführt. Seitdem sind die Tu-160 in der Stadt Engels stationiert. Seine ersten Kampfeinsätze flog der sowjetische Bomber schließlich in Syrien.
Die Tu-160M, die demnächst übergeben werden soll, ist ein völliger Neubau. Dafür musste der komplette Produktionsablauf erst wieder rekonstruiert werden, nachdem das letzte Exemplar der Tu-160 vor Jahrzehnten produziert worden war. Das Flugzeug erhielt neue Maschinen, eine moderne Navigation und innovative Waffenleitsysteme, die nun auch mit den neuesten Raketensystemen kompatibel sind. Nach Aussage des Direktors des russischen Luftfahrtkonsortiums OAK, Juri Sljusar, sind 80 Prozent des Fliegers neu, und nur 20 Prozent identisch mit der Tu-160. In der OAK ist die gesamte Luftfahrtindustrie Russlands zusammengefasst. Dazu gehört auch das Werk in Kasan, das die Tu-160M baut.
Die Tu-160 (Spitzname: "Weißer Schwan") erreichte mit ihren vier Triebwerken eine Geschwindigkeit von 1.030 km/h in Bodennähe und 2.220 km/h auf optimaler Höhe. Sie konnte eine Last von 45 Tonnen tragen. Noch im September 2020 stellten zwei Tu-160 einen Weltrekord für Flugzeuge dieser Klasse auf, mit einer ununterbrochenen Flugzeit von mehr als 25 Stunden und einer dabei zurückgelegten Strecke von über 20.000 Kilometern. Die Tu-160M wird diese Werte mindestens einhalten. Seinen Jungfernflug absolvierte der erste neue Bomber am 12. Januar.
Vertragsgemäß sollen bis 2035 insgesamt 50 Tu-160M an die russische Luftwaffe geliefert werden. Gleichzeitig läuft die Entwicklung eines weiteren strategischen Bombers weiter: Der PAK DA soll im Gegensatz zur Tu-160M "Stealth"-Qualitäten haben.
Die liberale russische Presse kritisierte die Beschaffung der Tu-160M als unnütz. Das Flugzeug könne sich einem möglichen Gegner nicht unentdeckt weit genug annähern, hieß es. Die Kritiker ließen dabei allerdings sowohl die neuen Systeme der Tu-160M als auch die Technologie der Hyperschallraketen außer Acht. Nach einem Bericht von RIA Nowosti ist die Tu-160M zudem sowohl mit einem rückwärtigen Radar als auch mit nach hinten abfeuerbaren Raketen ausgestattet. Dies wiederum dürfte die bekannte Schwäche der Tu-160, gegenüber von hinten angreifenden Jägern blind zu sein, beheben.
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