In der sibirischen Stadt Tomsk hat sich ein Mann aus Sorge um das Wohlbefinden seiner Großmutter drei Tage lang für einen Arzt ausgegeben, um in ein COVID-19-Krankenhaus zu gelangen und sich um die 84-jährige Frau zu kümmern.
Die Großmutter war mit einer Lungenentzündung in das Krankenhaus eingeliefert worden. Sie leidet zudem an einer Alzheimer-Erkrankung und kann weder sprechen noch sich bewegen.
Dem lokalen Fernsehen erklärte der Enkel später, eine Zimmernachbarin seiner Großmutter habe ihm während eines Besuches erzählt, dass die Ärzte die Frau nicht füttern würden. Der Mann zog einen Schutzanzug, Handschuhe und eine Atemschutzmaske an und stellte sich am Eingang als Therapeut einer anderen Abteilung vor, um in die sogenannte rote Zone mit COVID-19-Patienten zu gelangen.
Drei Tage lang kam der Enkel unbemerkt in das Krankenhaus und kümmerte sich um seine Großmutter. Am dritten Tag versuchte er, einen der Ärzte auf die Bedingungen in der Einrichtung anzusprechen. Dieser wurde aber misstrauisch und fragte, was für ein Arzt der Mann sei. Um nicht festgenommen zu werden, verabschiedete sich der Enkel von seiner Großmutter und floh.
Danach versuchte der Mann, eine telefonische Auskunft über den Zustand seiner Großmutter zu bekommen, aber niemand antwortete ihm. Das regionale Gesundheitsamt, die Krankenkasse und die Hotline des Ermittlungskomitees konnte der Mann ebenfalls nicht erreichen.
Daraufhin reiste der besorgte Enkel nach Moskau, um beim Chef des Ermittlungskomitees Beschwerde einzureichen. Da ihm mitgeteilt wurde, dass eine Überprüfung einer Anzeige bis zu einem Monat in Anspruch nehmen kann, wandte sich der Mann an die Generalstaatsanwaltschaft. In einem Interview für das Fernsehen erklärte er, seine Oma sei für ihn ein Mutterersatz gewesen und er werde mit allen Mitteln dafür erkämpfen, dass die Frau eine entsprechende Pflege bekomme und die Ärzte bestraft würden.
Die regionalen Behörden reagierten auf den Vorfall, über den die Medien umfassend berichtet hatten. Sie versprachen, eine Untersuchung einzuleiten und die Führung des Krankenhauses zur Verantwortung zu ziehen. Die regionale Staatsanwaltschaft soll die Ermittlungen bereits aufgenommen haben. Das Ermittlungskomitee und die Gesundheitsaufsichtsbehörde untersuchen den Fall ebenfalls.
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