Der Chefredakteur der russischen liberalen Zeitung Nowaja Gaseta, Dmitri Muratow, hat den Friedensnobelpreis 2021 erhalten. Muratow sagte, er beabsichtige, einen Teil des Preisgelds an die Stiftung "Circle of Kindness" zu überweisen, die Kindern mit schweren und seltenen Krankheiten hilft.
Er widmete den Preis den ermordeten Journalisten der Nowaja Gaseta. Muratow ist der erste Bürger der Russischen Föderation, der die Auszeichnung erhalten hat. Davor wurde der Friedenspreis an den sowjetischen Physiker und Menschenrechtsaktivisten Andrei Sacharow (1975) und den ersten Präsidenten der Sowjetunion, Michail Gorbatschow (1990), verliehen.
Im Jahr 1993 war Muratow Mitbegründer der Zeitung Nowaja Gaseta. Michail Gorbatschow kaufte damals die ersten Computer für die neue Zeitung – mit Mitteln aus seinem Friedensnobelpreis. Muratow leitet die Zeitung seit vielen Jahren. Unter seiner Führung hat sie über den Krieg in Tschetschenien, Korruption im In- und Ausland, Verfolgung und Menschenrechtsverletzungen berichtet. Ihre Journalisten erhielten mehr als 60 Auszeichnungen, darunter den Pulitzer-Preis.
Sechs Journalisten der Zeitung wurden im Zusammenhang mit ihrer beruflichen Tätigkeit ermordet. Es handelt sich um Igor Domnikow (2000), Juri Schtschekotschichin (2003), Anna Politkowskaja (2006), Anastassija Baburowa (2009), den Rechtsanwalt Stanislaw Markelow (2009) und die Menschenrechtsaktivistin Natalja Estemirowa (2009), die mit der Redaktion zusammengearbeitet hatten.
Der Pressesprecher des russischen Präsidenten, Dmitri Peskow, gratulierte Muratow zur Verleihung des Friedensnobelpreises. Der Kremlsprecher sagte, Muratow sei talentiert und mutig, und die Verleihung des Nobelpreises sei eine Anerkennung seiner Arbeit. Peskow weiter:
"Wir können Muratow gratulieren, er arbeitet konsequent nach seinen Idealen. Er setzt sich für seine Ideale ein."
Waleri Fadejew, der Leiter des russischen präsidialen Menschenrechtsrates, sagte, die Verleihung des Friedensnobelpreises an Muratow zeige, dass Russland trotz der Kritik an ihm einen lebendigen Journalismus habe. Er erklärte:
"Wir müssen Dmitri Muratow zu diesem Preis gratulieren. Ich würde sagen, dass diese Auszeichnung zeigt, dass es in Russland Journalismus gibt, sehr lebendigen Journalismus, trotz der jüngsten Kritik. Nowaja Gaseta ist eine politische Zeitung, eine Zeitung, die scharf ist, manchmal sogar, ich würde sagen, radikal, und sie lebt, existiert und hat Erfolg, das ist wichtig."
Andrei Makarewitsch, Sänger und Leiter der russischen Rockband "Maschina Wremeni", äußerte sich auf seiner Facebook-Seite. Er sagte kurz und bündig:
"Endlich hat sich der Friedenspreis rehabilitiert!"
Der Fernsehmoderator und Journalist Dmitri Kiseljow kritisierte hingegen die Verleihung des Friedensnobelpreises an den Chef der Nowaja Gaseta. Er unterstrich, der Friedensnobelpreis sei eine der umstrittensten Nominierungen im Nobelkomitee. Kiseljow sagte:
"Durch solche Entscheidungen wird der Preis selbst entwertet, man kann sich kaum noch darin zurechtfinden."
Auch Vertreter der russischen Opposition standen der Verleihung des Friedensnobelpreises an Muratow trotz der liberalen Ausrichtung der Nowaja Gaseta skeptisch gegenüber. Viele wiesen darauf hin, dass der russische Oppositionsaktivist Nawalny, der jetzt im Gefängnis sitzt, den Preis viel mehr verdient hätte als der Chefredakteur der Nowaja Gaseta.
Der Friedensnobelpreis wird als einziger Nobelpreis nicht in Stockholm, sondern in Oslo verliehen. Insgesamt 329 Kandidaten – 234 Persönlichkeiten und 95 Organisationen – waren in diesem Jahr für die Verleihung nominiert.
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