Der 19. September ist der letzte Tag der dreitägigen Parlamentswahl in Russland. Über 110 Millionen Bürger sind aufgerufen, ihre Stimme abzugeben. Um die 450 Plätze in der Staatsduma, dem Unterhaus des russischen Parlaments, wetteifern 14 politische Parteien: Über Parteilisten werden 225 Mandate vergeben, weitere 225 Abgeordnete werden in Einzelwahlkreisen nach dem relativen Mehrheitswahlrecht gewählt.
Um die Regierungspartei Einiges Russland am Einzug in die Staatsduma zu hindern, hat das Team des oppositionellen Bloggers Alexei Nawalny am ersten Tag der Abstimmung auf Youtube ein Video mit Wahlempfehlungen veröffentlicht. Es enthielt Namen von Kandidaten in Einzelwahlkreisen, die nach Angaben der Verfasser die besten Chancen hätten, sich gegen die Kandidaten der Regierungspartei durchzusetzen. Am Samstagabend wurde der Clip jedoch von Youtube gesperrt.
Wie die Tochtergesellschaft des IT-Konzerns Google erklärte, sei der Inhalt in Russland auf Forderung der einheimischen Behörden gesperrt worden. Die Verfasser der Wahlempfehlungen kritisierten die Entscheidung der Videoplattform als einen groben Akt der Zensur. Die russischen Behörden hatten die Wahlempfehlungen von Nawalnys Team zuvor als Einmischung in die Wahl kritisiert und betont, dass Wahlwerbung während der Abstimmung verboten sei.
Bereits am Freitag hatten Google und das IT-Unternehmen Apple aus ihren russischen Stores Nawalnys Apps entfernt, nachdem die russischen Behörden den IT-Konzernen Strafen angedroht hatten. Am Samstag teilte auch Telegram-Gründer Pawel Durow mit, er habe die Bots zu dem sogenannten "klugen Wählen" blockiert. Auf Twitter liefen die Wahlempfehlungen am Sonntag noch weiter.
Nawalny war am 17. Januar 2021 am Moskauer Flughafen Scheremetjewo verhaftet worden – gleich nach seiner Rückkehr aus Deutschland, wo er eine medizinische Behandlung nach einem angeblichen Giftanschlag erhalten hatte. Anfang Februar hob ein Gericht in Moskau Nawalnys Bewährungsstrafe im sogenannten "Yves Rocher"-Fall wegen mehrfacher Verstöße gegen die Bewährungsauflagen auf und wandelte sie in eine reguläre Gefängnisstrafe von dreieinhalb Jahren um. Inzwischen wurden drei weitere Ermittlungen wegen weiterer Vergehen gegen den Politblogger eingeleitet.
Anfang Juni stufte ein Gericht in Moskau mehrere von Nawalnys Organisationen, darunter seine Anti-Korruptions-Stiftung FBK, als extremistisch ein. Die Behörden verwiesen darauf, dass diese Organisationen russische Bürger, darunter Minderjährige, zu Gewalt und Massenunruhen aufgerufen hätten.
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(rt/dpa)