In der Nacht zum 19. August 1991 gründeten Vertreter der obersten Führung der UdSSR das Staatskomitee für den Ausnahmezustand in der UdSSR (GKTschP). Sie waren mit der Reformpolitik Michail Gorbatschows nicht einverstanden, und ihr Hauptziel bestand darin, die Auflösung der Union zu verhindern. Diese sollte ihrer Meinung nach am 20. August mit Unterzeichnung des neuen Unionsvertrags besiegelt werden.
Gemäß dem Vertrag sollte die UdSSR in eine Föderation umgewandelt werden. Der neue Staat sollte den Namen Union der Souveränen Sowjetrepubliken tragen. Gleichzeitig würde jede Republik das Recht haben, sich von der UdSSR abzuspalten und unabhängig zu werden.
Dem GKTschP gehörten u. a. Vizepräsident Gennadi Janajew, Premierminister Walentin Pawlow, Innenminister Boris Pugo, Verteidigungsminister Dmitri Jasow und der Vorsitzende des KGB Wladimir Krjutschkow an. In der "Erklärung der sowjetischen Führung" vom 19. August hieß es, dass Gorbatschow aus gesundheitlichen Gründen nicht in der Lage sei, das Amt des Präsidenten auszuüben, und dass seine Befugnisse auf Janajew übertragen werden sollten; außerdem wurde in bestimmten Gebieten des Landes für sechs Monate der Ausnahmezustand verhängt.
Am nächsten Tag versammelten sich rund 100.000 Demonstranten vor dem Weißen Haus in Moskau, und Gorbatschow kehrte in die Hauptstadt zurück. Am 22. August wurden die Mitglieder des Staatskomitees für den Ausnahmezustand verhaftet, aber der Zusammenbruch der UdSSR hatte bereits begonnen – mehrere Republiken hatten ihre Unabhängigkeit ausgerufen.
Die Sowjetunion hörte am 25. Dezember 1991 auf zu existieren, als Gorbatschow sein Amt des Präsidenten niederlegte. Dem war die Unterzeichnung des sogenannten Belowesch-Abkommen am 8. Dezember zwischen dem Präsidenten der Russischen Föderation Boris Jelzin, dem Präsidenten der Ukraine Leonid Krawtschuk und dem Vorsitzenden des Obersten Rates der Republik Belarus Stanislaw Schuschkewitsch vorausgegangen. Dieses hatte die Auflösung der UdSSR und die Gründung der Gemeinschaft Unabhängiger Staaten besiegelt.
Umfragen ergaben, dass im heutigen Russland 67 Prozent der Bürger die Auflösung der Sowjetunion für bedauernswert halten. Gegenteiliger Meinung ist nur ein Viertel der Befragten. 73 Prozent würden heute für den Erhalt der Sowjetunion in erneuerter Form stimmen. In der Frage nach der Schuld am Zusammenbruch des Staates scheiden sich die Geister.
Der erste und letzte sowjetische Präsident Gorbatschow schreibt den Organisatoren des Putsches von 1991 die Verantwortung zu. Die Putschisten behaupteten, sie wollten das Land retten, aber die Folgen ihres Abenteuers waren katastrophal, zitiert die Nachrichtenagentur RIA Nowosti Gorbatschow.
"Das Vorhaben der Putschisten wurde dank der festen Haltung des Präsidenten der UdSSR, des russischen Präsidenten (Jelzin), des Mutes Tausender Moskauer, vieler Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens und Abgeordneter zum Scheitern verurteilt", so der ehemalige Sowjetführer, der am 19. August in seiner Residenz in Foros auf der Krim von der Außenwelt isoliert wurde.
"Die Menschen wollten nicht zur alten Ordnung zurückkehren, und die im Zuge der Perestroika geschaffenen demokratischen Institutionen haben sich im Allgemeinen bewährt", sagte er.
"Der Putsch scheiterte, aber er erschwerte und schwächte die Position des Präsidenten der UdSSR und schuf Bedingungen, unter denen es unglaublich schwierig war, die Bemühungen um den Erhalt der Union fortzusetzen", so Gorbatschow.
Die Republiken verabschiedeten Unabhängigkeitserklärungen, aber die Chance, die Union auf einer erneuerten Grundlage zu erhalten, war seiner Meinung nach immer noch gegeben.
"Doch im Dezember kam der zweite Schlag: die Verschwörung der Führer Russlands, der Ukraine und Weißrusslands in Belowesch, die das Ende der UdSSR erklärten", sagte der 90-jährige Politiker.
Gleichzeitig ist er der Meinung, dass die Lehren aus dem Putschversuch des GKTschP auch heute noch relevant sind. "Die Verteidigung der Grundsätze der Demokratie und der Rechtsstaatlichkeit, der Ausschluss jeglicher Machtübernahme und abenteuerlicher Aktionen – das sollte immer das Anliegen der Gesellschaften und des Staates sein."
Wiktor Mironenko, damals engster Mitarbeiter Gorbatschows, hält die Ereignisse im August jedoch nicht für entscheidend. In einem Interview verglich er sie mit der Schale einer Wassermelone, auf der "wir ausgerutscht sind. Aber die Ereignisse bewegten sich bereits in eine bestimmte Richtung, und diejenigen, die sich damals in Belowesch (am 8. Dezember) versammelten, wussten genau, was sie anstrebten und wie sie es erreichen wollten", sagte Mironenko, der von 1986 bis 1990 Erster Sekretär des Zentralkomitees des Komsomol und vom 1989 bis 1991 Abgeordneter des Obersten Rates der UdSSR war.
"Wenn ich gefragt werde, wer die Hauptverantwortung für das Scheitern der Reform der Union trägt, antworte ich ganz einfach: Die Hauptverantwortung liegt bei den russischen Politikern und der Führung der Russischen Föderation zur Zeit der Perestroika und insbesondere bei Boris Jelzin."
Um Gorbatschow zu bekämpften, hätten sie die Souveränität Russlands vorangetrieben. Die Erklärung der russischen Teilrepublik über ihre Souveränität (am 12. Juni 1990) habe den Stein eines zu diesem Zeitpunkt schon unaufhaltsamen Prozesses ins Rollen gebracht. Mitverantwortlich sei auch die ukrainische Führung. Krawtschuk, damals noch Vorsitzender des Obersten Rates der ukrainischen Sowjetrepublik, habe Gorbatschow noch vor dem Augustputsch signalisiert, den Unionsvertrag nicht unterzeichnen zu wollen.
Von allen Politikern der Perestroika-Zeit bringen die Russen vor allem Gorbatschow mit dem Zerfall der Sowjetunion in Verbindung. Einer Umfrage zufolge glauben 51 Prozent der Bürger, dass er zwar das Gute für das Land gewollt, jedoch schwere taktische Fehler gemacht habe, die zu Problemen und Erschütterungen geführt hätten, wobei ein Drittel der Bürger seine Rolle ausschließlich negativ sieht. Zu den schwersten Folgen seiner Politik wird vor allem der Zerfall der Sowjetunion gezählt (36 Prozent).
Der Sprecher der Staatsduma Wjatscheslaw Wolodin hat den Zusammenbruch der UdSSR als "schwerste Tragödie" bezeichnet, für die er Gorbatschow und die oberste Führung der Partei und des Staates verantwortlich machte. Sie hätten ihre Idealen und die Bürger des Landes verraten.
"Wo waren die Sekretäre der Regionalkomitees und des Zentralkomitees der KPdSU? Wo war der Oberste Sowjet? In einer schwierigen Zeit verstreuten sich fast alle und versteckten sich im Urlaub, wenn Entscheidungen getroffen werden mussten. Gorbatschows Schwäche als Politiker, seine Unfähigkeit, ein echter Führer des Landes zu sein, trug zum Zusammenbruch der UdSSR bei", schrieb er auf seinem Telegram-Kanal.
Der russische Historiker Wassili Spizin weist auf das Referendum im März 1991 hin, bei dem 77 Prozent der Bürger für den Erhalt der Sowjetunion gestimmt hatten. Mit solch einem eindeutigen Ergebnis hätte Gorbatschow alle Vollmachten gehabt, im Rahmen der Verfassung einen Ausnahmezustand auszurufen. Mit diesem Mandat hätte er die Führung der Teilrepubliken zu "Vernunft" bringen können, darunter "die Troika von Belowesch" – einschließlich ihrer Verhaftung.
Der damalige Vizepräsident der Russischen Föderation Alexander Ruzkoi sagte in einem RT-Interview, dass er Gorbatschow persönlich diese Möglichkeit anbot. Er war Kampfpilot im Afghanistan-Krieg mit mehr als 500 Einsätzen und damals ein im Land populärer Politiker. Er habe Jelzin schon damals für den "Ausverkauf des Landes" kritisiert. Am 20. August hat ausgerechnet Ruzkoi Gorbatschow in einem Flugzeug zurück nach Moskau gebracht.
"Es hätte genügt, diese Gruppe von Akteuren (Jelzin, Krawtschuk und Schuschkewitsch) zu verhaften, die nicht befugt waren, derartig gegen das Land zu handeln, und sie nach dem Gesetz gemäß Artikel 58 des Strafgesetzbuches der UdSSR 'Verrat am Vaterland' zur Verantwortung zu ziehen. Die Strafe dafür war darin eindeutig festgelegt – die Todesstrafe."
Er war entschlossen, zu diesem Zweck mit einer Speznas-Gruppe nach Minsk zu fliegen. "Ich sagte: 'Warum und wofür haben mein Vater und mein Großvater im Krieg mit 25 Millionen Opfern gekämpft? Damit dieses Trio die Macht übernehmen und das Land zerstören kann?' Aber man sah ihm an, dass er kategorisch gegen meinen Vorschlag war." Ruzkoi wirft Gorbatschow Führungsschwäche vor. "In meinem ganzen Leben war dies das erste Mal, dass ich eine Führungspersönlichkeit von solchem Niveau traf, die in einer extremen politischen Situation keine Entscheidung treffen konnte."
Auch Historiker Spizin kritisiert Gorbatschow für viele Fehler – beispielsweise für mehrere illegitime Verfassungsänderungen, mit denen er z. B. das Amt des Präsidenten einführte. Das habe dem Räteprinzip des Staates widersprochen. Auch als Gorbatschow den Prozess der angeblichen Unterzeichnung eines neuen Unionsvertrags einleitete, setzte er damit persönlich den Zusammenbruch des sowjetischen Staates in Gang. Er stellte damit die Legitimität des Unionsvertrages (aus dem Jahr 1922 - Anm. der Red.) in Frage.
In der Analyse für die Gründe für den Staatszerfall will sich der Historiker jedoch nicht an einzelne Personen festlegen. Die Kaderpolitik der Kommunistischen Partei habe seit der Chruschtschow-Zeit auf alternativ- und ideenlose Persönlichkeiten gesetzt, deren Haupteigenschaft Anpassungsfähigkeit statt Entscheidungsstärke war.
"Und um Teil der Machtelite zu bleiben, musste man ein gehorsamer Vollstrecker des Willens der Vorgesetzten sein. Die feige und korrupte Parteielite hat den Staat zerstört, für den so viele Menschen (im Großen Vaterländischen Krieg) gestorben waren. Und dieser Zusammenbruch führte zu weiteren Katastrophen – in Tadschikistan, Georgien, Moldawien und der Ukraine."
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