Am Mittwochabend hat das Moskauer Stadtgericht die Anti-Korruptions-Stiftung, die Stiftung für den Schutz der Bürgerrechte sowie die Regionalstäbe des Kremlkritikers Alexei Nawalny als extremistisch eingestuft. Somit dürfen diese Organisationen nicht mehr jegliche Informationen verbreiten, finanzielle Operationen durchführen, Bankkonten verwenden sowie an Wahlen teilnehmen und Kundgebungen veranstalten. Die Unterstützer des oppositionellen Politikers kritisieren das Vorgehen der Justiz als politisch motiviert.
Die EU reagierte auf das Verbot der Nawalny-Organisationen in Russland ebenso mit Verurteilung. Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell erklärte, der Schritt habe keine Grundlage. Er ziele sich darauf ab, den Einfluss von Nawalnys Netzwerk vor den Wahlen zur Staatsduma im September "und darüber hinaus zu beseitigen":
"Dieses Urteil wird weitreichende Folgen für die russische Zivilgesellschaft, die Opposition und kritische Stimmen haben."
In einer Mitteilung auf der Webseite des Pressedienstes des Weißen Hauses verurteilte auch Washington den Schritt der russischen Justiz. Pressesprecher Ned Price erklärte, die Einstufung der Nawalny-Organisationen als extremistisch setze Mitarbeiter, Freiwillige und Unterstützer des Kremlkritikers in ganz Russland dem Risiko aus, strafrechtlich verfolgt und inhaftiert zu werden:
"Mit dieser Aktion hat Russland eine der wenigen verbleibenden unabhängigen politischen Bewegungen des Landes effektiv kriminalisiert."
Das Weiße Haus verglich das Gerichtsurteil bezüglich der Nawalny-Strukturen mit der Erklärung von Zeugen Jehovas zu einer extremistischen Organisation und dem Verbot ihrer Tätigkeit in Russland im Jahr 2017. Die russische Justiz habe damit "die Ausübung von friedlichen religiösen Praktiken" kriminalisiert. Washington rief Moskau dazu auf, Nawalny freizulassen und den Missbrauch der Einstufung als extremistisch für den Kampf gegen "nicht gewalttätige" Organisationen aufzugeben.
Der britische Außenminister Dominic Raab nannte das Urteil des Moskauer Stadtgerichts "fehlerhaft".
"Es ist ein weiterer kafkaesker Angriff auf diejenigen, die sich gegen Korruption und für offene Gesellschaften einsetzen, und es ist ein bewusster Versuch, echte politische Opposition in Russland effektiv zu verbieten."
Die Sprecherin des russischen Außenministeriums Maria Sacharowa reagierte auf die Kritik seitens der westlichen Staaten bezüglich des Urteils und verwies darauf, dass Russland ein eigenes Justizsystem habe, das so wie in anderen Ländern der Welt funktioniere.
Nawalny befindet sich unterdessen weiterhin in einem Straflager. Am 2. Februar hat das Moskauer Stadtgericht Nawalnys Bewährungsstrafe im Fall "Yves Rocher" wegen mehrfacher Verstöße gegen die Bewährungsauflagen aufgehoben und in eine Gefängnisstrafe von dreieinhalb Jahren umgewandelt.
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