Am Donnerstagnachmittag wurde die Anwältin des FBK Ljubow Sobol festgenommen, mittlerweile wurde sie wieder freigelassen. Georgi Alburow, ein Mitarbeiter der sogenannten Ermittlungsabteilung des FBK, wurde am Donnerstagabend an einem Moskauer Bahnhof festgenommen. Fast zeitgleich nahm die Polizei auch Nawalnys Pressesprecherin Kira Jarmysch in ihrer Wohnung fest. Jarmysch muss neun Tage in Haft bleiben, entschied das Moskauer Bezirksgericht am Freitag. Ihnen allen wird vorgeworfen, zu einer landesweiten und nicht genehmigten Kundgebung für den 23. Januar aufgerufen zu haben. Auch in anderen Städten Russlands nahm die Polizei mehrere Nawalny-Mitarbeiter fest.
Die Aufrufe zu den Protesten verbreiteten sich wie ein Lauffeuer in den sozialen Netzwerken. Die Demonstrationen seien in mehr als 60 Städten geplant, teilte Nawalnys Team im Kurznachrichtendienst Twitter mit.
Russlands Innenministerium warnte bereits vor der Teilnahme an den für den kommenden Samstag angekündigten Massenprotesten und drohte mit Konsequenzen. Es werde alles unternommen, um die nicht genehmigten Demonstrationen zu verhindern, teilte die Behörde am Donnerstag mit. Auch die Moskauer Polizei warnte am Freitag, dass sie "sofort auf Verstöße reagieren und alle Maßnahmen ergreifen werde, um Recht und Ordnung zu gewährleisten". Die Behörden riefen zudem auf, junge Menschen nicht zu Protesten anzustiften. Öffentliche Veranstaltungen sind derzeit in Russland aufgrund der COVID-19-Pandemie verboten.
In seinem Gespräch mit Pressevertretern am Freitag bezeichnete der Kremlsprecher Dmitri Peskow jene Personen, die zu Protesten am 23. Januar aufrufen, als Provokateure. "Wir verstehen die Handlungen der Provokateure gut, die Strafverfolgungsbehörden verstehen sie gut. Es werden geeignete Maßnahmen gegen diese Provokateure ergriffen", betonte Peskow.
Der Standpunkt des Kreml sei eindeutig: Gesetze müssen eingehalten werden. Man dürfe keine illegalen Protestaktionen organisieren und Kinder oder Jugendliche nicht dazu aufrufen, daran teilzunehmen. Auf die Frage, ob die Strafverfolgungsbehörden von der Präsidialverwaltung irgendwelche Anweisungen in Bezug auf die am Samstag geplanten Proteste erhalten hätten, betonte Peskow, dass hierfür keine Anweisungen aus dem Kreml erforderlich seien. Es gibt bestimmte gesetzliche Regelungen darüber, wie Kundgebungen durchgeführt und wie sie im Voraus vereinbart werden, so Peskow.
Auch der Moskauer Bürgermeister Sergei Sobjanin bezeichnete die Durchführung der nicht genehmigten Protestaktion als unzulässig. "Es werden Aufrufe zu einer gesetzwidrigen Massenkundgebung verbreitet. Ich halte deren Durchführung für unzulässig. Und viel unzulässiger und zynischer sehen die Versuche aus, Minderjährige in diese Aktion einzubeziehen", sagte Sobjanin im russischen Fernsehen.
Er betonte, dass die Polizei die notwendigen Maßnahmen zur Gewährleistung der Ruhe und Ordnung in der Stadt treffen werde:
"Ich wende mich an die Veranstalter und diejenigen, die an der gesetzwidrigen Kundgebung teilnehmen wollen: Enthalten Sie sich der Teilnahme daran!"
Für Aufsehen sorgt derzeit in Russland ein neues Video von Nawalnys Team mit dem Titel "Ein Palast für Putin", das am vierten Tag nach seiner Veröffentlichung bereits mehr als 55 Millionen Aufrufe verzeichnete und immer noch in den Trends liegt. Darin zeigt Nawalny anhand von Drohnenbildern, Bauplänen und Dokumenten einen Palast an der Schwarzmeerküste, der angeblich dem russischen Präsidenten gehöre. Der Kreml hatte erklärt, Putin habe damit nichts zu tun.
Nawalny war gleich bei seiner Rückkehr nach Russland festgenommen und in einem umstrittenen Eilverfahren zu 30 Tagen Haft verurteilt worden. Nach der Inhaftierung Nawalnys forderte das Parlament der Europäischen Union (EU) eigene weitere Sanktionen gegen Russland. Auch die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel forderte die sofortige Freilassung Nawalnys. "Wir glauben, dass das absolut richtig wäre und auch sehr dringlich ist", sagte Merkel am Donnerstag in Berlin.
Aktualisierung: Ein Gericht in Moskau hat die Anwältin des FBK Ljubow Sobol wegen wiederholter Gesetzesverletzung bei der Durchführung von Kundgebungen zu einer Geldstrafe von 250.000 Rubel (etwa 2.743 Euro) verurteilt, wie der Pressedienst des Gerichts am Freitagnachmittag mitteilte.
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