Vorermittlung im Fall Nawalny: "Umfeld des Bloggers verweigert jegliche Kooperation"

Russlands Polizei hat die Ergebnisse ihrer vorläufigen Prüfung im Fall Nawalny mitgeteilt. Die Ermittler warten weiter auf eine Antwort von ihren ausländischen Kollegen. Auch das Umfeld des mutmaßlich vergifteten Bloggers lässt demnach jegliche Zusammenarbeit vermissen.

Am Donnerstag hat das russische Innenministerium die Ergebnisse seiner vorläufigen Prüfung im Fall des mutmaßlich vergifteten Oppositionellen Alexei Nawalny bekannt gegeben. Dabei betonte die Behörde, sie führe derzeit zusätzliche Maßnahmen zur Aufklärung aller Umstände der Affäre durch, da in den Medien weitere Interviews und Kommentare in Bezug auf das Geschehen erschienen seien.

Wie die Transportpolizei des Föderalen Kreises Sibirien mitteilte, habe man mehr als 230 potenzielle Zeugen befragt, die mit Nawalny in Tomsk und auf seiner Reise durch Sibirien in Kontakt waren. Dabei bemängelte die Behörde in ihrem Statement, dass sich das Umfeld des Bloggers weigere, mit den Ermittlern zusammenzuarbeiten.

Es gibt nach wie vor viele Fragen an Mitarbeiter des Fonds zur Bekämpfung der Korruption und andere Personen, die Nawalny während seiner Reise begleitet haben. Die Ermittler untersuchen, was genau sie im Hotelzimmer getan haben, in dem Nawalny gewohnt hat, zu welchem Zweck sie daraus Gegenstände, darunter auch Wasserflaschen, mitgenommen haben, die im Rahmen der Prüfung als Beweismittel fungieren könnten, und wie sie diese transportiert haben.

Nach Angaben der Behörde wäre eine Befragung von Maria Pewtschich, die den Oppositionellen auf seiner Reise begleitet hatte, besonders wichtig. Trotzdem wollten sie und ihr Anwalt bislang keine Fragen der Ermittler beantworten, seitdem sich die Frau am 22. August nach Deutschland abgesetzt hatte. Die russische Polizei konnte unter anderem keine Bestätigung für die Informationen finden, wonach Pewtschich und ihr Begleiter Georgi Alburow die aus dem Hotelzimmer von Nawalny weggenommenen Wasserflaschen in ihrem Gepäck befördert hätten, als sie nach einer Autofahrt aus Tomsk nach Nowosibirsk im Flughafen Tolmatschowo die Maschine nach Omsk bestiegen hatten. Wie die Polizei ferner mittelte, habe sich Pewtschich erst nach der Kontrolle im Flughafen eine Flasche Wasser gekauft und diese nach Omsk mitgebracht. Außerdem habe man keine rechtlichen Belege dafür gefunden, dass Pewtschich eine Mitarbeiterin des Fonds zur Bekämpfung der Korruption sei.

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Nach eigenen Angaben hatte das russische Innenministerium inzwischen im Fall Nawalny sechs Rechtshilfeersuchen an die zuständigen Behörden Deutschlands, Schwedens und Frankreichs geschickt, aber bislang keine Antwort erhalten:

Wir begreifen nicht und akzeptieren nicht die Untätigkeit unserer ausländischen Kollegen.

Die Transportpolizei des Föderalen Kreises Sibirien hatte darüber hinaus eine Strafsache wegen einer angeblichen Bombenlegung am Flughafen Omsk am Tag der Notlandung der Maschine mit Nawalny angestrengt. Wie aus der Behörde am Donnerstag verlautete, habe man damals 180 Fluggäste und 58 Mitarbeiter aus dem Airport evakuiert. Dabei sei die Information über die Bombendrohung nicht öffentlich gewesen. Das werfe eine Frage auf, wie das Umfeld von Nawalny an diese Information gekommen sei. 

Im Laufe der Überprüfung wurde festgestellt, dass die anonyme Meldung mit Hilfe eines kostenlosen Services zur Schaffung temporärer E-Mail-Adressen abgeschickt worden war. Die Server dieses E-Mail-Services befinden sich auf dem Territorium der Bundesrepublik Deutschland.

Der oppositionelle Politiker und Blogger Nawalny war am 20. August auf einem Inlandsflug in Russland ins Koma gefallen. Zunächst wurde er in einem Krankenhaus in Omsk behandelt. Die Ärzte stellten bei ihm eine Stoffwechselstörung fest und konnten keine Giftsubstanzen in seinem Körper nachweisen. Anschließend wurde Nawalny auf Drängen seiner Familie und Anhänger in die Berliner Universitätsklinik Charité verlegt. Ein Speziallabor der Bundeswehr stellte anschließend bei einer toxikologischen Untersuchung von Nawalnys Proben einen Nervenkampfstoff der Nowitschok-Gruppe fest. Dieses Ergebnis wurde von zwei weiteren Speziallaboren in Frankreich und Schweden bestätigt.

Die Organisation für das Verbot chemischer Waffen (OPCW) gab am Dienstag bekannt, dass die "Biomarker des Cholinesterasehemmers, die in den Blut- und Urinproben von Herrn Nawalny gefunden wurden, ähnliche strukturelle Merkmale aufweisen wie die toxischen Chemikalien der Listen 1.A.14 und 1.A.15, die während der vierundzwanzigsten Tagung der Konferenz der Vertragsstaaten im November 2019 in den Anhang über Chemikalien des Übereinkommens aufgenommen wurden". Dieser Cholinesterasehemmer sei nicht in der Konvention der verbotenen Chemikalien aufgelistet. 

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