Russlands Hauptstadt setzt seit mehreren Jahren auf die Digitalisierung und die Entwicklung von modernen Technologien, etwa von Gesichtserkennungssystemen. Jedoch waren und sind keineswegs alle Einwohner Moskaus damit einverstanden, dass sie in der Stadt vom "Big Brother" überwacht werden, und wiesen auf mögliche Datenlecks und dadurch entstehende Gefahren für ihre Personaldaten hin. Nun wurden solche Befürchtungen bestätigt.
Anna Kusnezowa fand im Darknet eine Person, die Daten online verkauft, und bestellte anonym einen Bericht über sich selbst für 16.000 Rubel (etwa 180 Euro). Die Frau arbeitet für Roskomsvoboda, ein Projekt, das sich für Informationsfreiheit und Datenschutz im Internet einsetzt. Nun reichte sie eine Klage auf Schadenersatz in Höhe von 100.000 Rubel (1.124 Euro) gegen die Stadtverwaltung ein, die das Gesichtserkennungssystem betreibt.
"Sie schickte ein Foto und erhielt zwei Tage später einen Bericht für den Vormonat mit detaillierten Informationen darüber, wo das System ihr Gesicht erkannt hat", sagte Kusnezowas Anwältin, Jekaterina Abaschina. "Fast alle Adressen stimmten mit den tatsächlichen Bewegungen der Klägerin überein".
Mit einer relativ kleinen Geldsumme könne also jeder Informationen über die Bewegungen anderer Personen erhalten, so Abaschina. Die Anwältin bezeichnete den Vorfall als eine grobe Verletzung des Rechts auf Privatsphäre. Kusnezowa fordert die Stadt auf, das Gesichtserkennungssystem nicht mehr einzusetzen.
Das Amt für die Informationstechnologien der Moskauer Stadtverwaltung wies die Vorwürfe zurück. Die Behörde behauptete, dass das städtische Überwachungssystem nur "Bilder" aufzeichnen würde und dass diese Aufzeichnungen gar keine Personaldaten der Bürger enthielten.
Die Stadt Moskau verfügt über 193.000 Kameras, die über die ganze Metropole verteilt installiert sind. Die Kameraaufzeichnungen werden in einem einzigen, zentralen Datenzentrum gespeichert. Das Amt für die Informationstechnologien behauptet außerdem, dass nur autorisierte Mitarbeiter Zugang zu den Daten haben.
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