Der russische Präsident Wladimir Putin hat am Dienstag im Fernsehen die weltweit erste staatliche Registrierung eines Impfstoffs zur breiten Verwendung gegen das Coronavirus bekannt gegeben. Mit seinem Namen "Sputnik V" soll das Vakzin an den ersten Satelliten im All erinnern, den die Sowjetunion 1957 vor den USA gestartet hatte.
Es handelt sich um einen Adenovirus-basierten Vektorimpfstoff. Dabei wird ein harmloses Virus – in diesem Fall Adenoviren – als Transporter genutzt, um genetische Informationen für ein Eiweiß des SARS-CoV-2-Virus in den Körper zu schleusen. Ziel ist es, das Immunsystem dazu zu bringen, Antikörper gegen das Eiweiß zu bilden und andere Abwehrreaktionen hervorzurufen. Bei Kontakt mit SARS-CoV-2 ist der Körper dann vorbereitet und kann die Infektion besser eindämmen.
Vektoren sind Vehikel, die ein genetisches Material eines anderen Virus in eine Zelle einschleusen können. Das Gen des Adenovirus, das die Infektion verursacht, wird entfernt, während ein Gen mit dem Code eines Proteins aus einem anderen Virus-Spike eingefügt wird. Dieses eingefügte Element ist für den Körper sicher, hilft aber dennoch dem Immunsystem, zu reagieren und Antikörper zu produzieren, die uns vor der Infektion schützen", heißt es auf der offiziellen Seite des registrierten Wirkstoffs.
Nach Beginn der COVID-19-Pandemie hätten russische Forscher ein Fragment des genetischen Materials des neuartigen Coronavirus SARS-CoV-2 entnommen, das Informationen über die Struktur des S-Proteins kodiere, das die "Krone" des Virus bilde und für die Verbindung mit menschlichen Zellen verantwortlich sei. "Sie fügten es in einen bekannten Adenovirus-Vektor ein, um es in eine menschliche Zelle einzuschleusen und so den weltweit ersten SARS-CoV-2-Impfstoff herzustellen, heißt es weiter.
Um eine dauerhafte Immunität zu gewährleisten, hatten russische Wissenschaftler die bahnbrechende Idee, zwei verschiedene Typen von Adenovirus-Vektoren (rAd26 und rAd5) für die erste und zweite Impfung zu verwenden, um die Wirkung des Impfstoffs zu verstärken.
Wadim Tarasow, ein Spitzenwissenschaftler an der Moskauer Setschenow-Universität, an der die Tests stattgefunden hatten, sagte, das Land habe einen Vorsprung, da es die letzten 20 Jahre damit verbracht habe, Kompetenzen auf diesem Gebiet zu entwickeln und zu versuchen zu verstehen, wie Viren übertragen werden. Die Technologie, die hinter dem russischen Impfstoff stehe, basiere auf dem Adenovirus, das die gewöhnliche Erkältung verursacht. Die künstlich hergestellten Impfstoffproteine replizieren jene von SARS-CoV-2 und lösen "eine Immunreaktion aus, die der durch das Coronavirus selbst hervorgerufenen ähnelt", verriet Tarasow.
Nikolai Briko, einer der leitenden russischen Epidemiologen im Gesundheitsministerium, ergänzte am Dienstag, dass dieser Impfstoff nicht von Grund auf neu entwickelt worden sei. Das staatliche Gamaleja-Institut für Epidemiologie und Mikrobiologie habe eine seriöse und signifikante Forschungsbasis über Impfstoffe, sagte er der Nachrichtenagentur TASS.
Die Technologie zur Entwicklung eines solchen Impfstoffs wurde perfektioniert. Vielleicht wurde der Prozess also dadurch beschleunigt, dass der Impfstoff nicht von Grund auf neu entwickelt wurde. Es ist wichtig, dass alle Stufen [der Impfstoffforschung] befolgt werden und dass internationale Anforderungen eingehalten werden.
Kirill Dmitrijew, Chef des russischen Investmentfonds, der für die Finanzierung der Produktion und Entwicklung des Impfstoffs zuständig ist, sagte der Agentur Interfax, mit der Registrierung solle gleichzeitig die Phase-III-Studie beginnen. Zehntausende Freiwillige sollen demnach innerhalb eines Monats geimpft werden. Medizinisches Personal und Lehrer sollen Vorrang haben.
Nach Angaben des russischen Präsidenten soll die "Sputnik V"-Impfung "ausnahmslos freiwillig" sein.
Das staatliche Gamaleja-Institut für Epidemiologie und Mikrobiologie in Moskau ist eine der weltweit führenden Forschungseinrichtungen. Das Zentrum wurde 1891 als privates Laboratorium gegründet. Seit 1949 trägt es den Namen von Nikolai Gamaleja, einem Pionier der russischen Mikrobiologie- und Impfstoffforschung.
Mehr zum Thema - Sputnik-Schock 2.0? – Erstmals registrierter Corona-Impfstoff soll "Sputnik V" heißen