Dieser Sommer hat alle Chancen, der heißeste seit Beginn der Aufzeichnungen im größten Land der Welt zu werden. Einige russische Städte, die zu dieser Jahreszeit normalerweise noch schneebedeckt sind, erleben derzeit eine beispiellose Hitzewelle.
Am 20. Juni verzeichnete die Wetterstation in Werchojansk in der Republik Sacha im Fernen Osten Russlands eine Lufttemperatur von 38 Grad Celsius. Dies ist laut Meteorologen die höchste Temperatur, die jemals am Polarkreis gemessen wurde. Der bisherige Rekord von 37,8 Grad Celsius wurde in Fort Yukon, US-Bundesstaat Alaska, im Juni 1915 aufgestellt.
Werchojansk gilt auch als die Stadt mit dem höchsten Temperaturgefälle zwischen den niedrigsten und höchsten Werten. Noch im Jahr 1892 wurde in Werchojansk eine Rekordkälte von -67,7 Grad Celsius registriert.
Während die Menschen mit der Hitze noch zurechtkommen, sind solche Temperaturen für Nordtiere eine Belastungsprobe. Dabei ist die Rentierzucht eine der Hauptbeschäftigungen in den nordöstlichen Regionen der Republik Sacha. Russische Klimaforscher warnen, dass aufgrund der Umweltveränderungen diese Population verschwinden könnte.
Laut Wissenschaftlern erwärmt sich Russland fast dreimal so schnell wie der Rest der Welt. Der vergangene Winter in Russland war der mildeste seit 130 Jahren. Die Einwohner Moskaus beklagten, dass es im Dezember keinen Schnee gab. Dabei gibt die Hauptstadt größere Summen für seine Schneebrigaden aus. Die Arbeiter räumen rund um die Uhr meterhohen Schnee.
Mehrere Siedlungen im Norden Russlands, die noch zu Sowjetzeiten gebaut wurden, um Arbeiter in Minen im weiten Hinterland Russlands unterzubringen, könnten aufgrund des diesjährigen Temperaturanstiegs im Schlamm versinken. Die Gebäude sind meist auf in den Permafrost gebohrten Pfählen gebaut, die wegen der Erderwärmung einstürzen könnten. Die Ölkatastrophe in Norilsk wird ebenfalls im Zusammenhang mit der Erwärmung in Sibirien gesehen. Die Stützen eines riesigen Kraftstofftanks waren im Boden abgesackt, dadurch lief tonnenweise Diesel aus. Flüsse und Seen wurden verschmutzt. Umweltschützer rechnen damit, dass es Jahrzehnte dauern wird, bis sich das Ökosystem wieder regeneriert hat.
Auch am anderen Pol der Erde, in der Antarktis, lassen die außergewöhnlich hohen Temperaturen Forscher aus Australien Alarm schlagen. Experten warnen vor drastischen Schäden für die antarktische Fauna sowie für die Ökosysteme der Erde. Hitzewellen sind bislang selten in der Antarktis gemessen worden. Damit bezeichnen Forscher eine Aneinanderreihung von mindestens drei Tagen mit extrem hohen Temperaturen. An der Forschungsstation Casey-Station wurden Ende Januar – im antarktischen Sommer – an drei Tagen Extreme bei den Höchst- und Tiefstwerten aufgezeichnet. Während die Temperaturen im Minimum jeweils über null Grad blieben, wurde es am 24. Januar in der Spitze bis zu 9,2 Grad Celsius warm. Dieses Temperaturmaximum sei fast sieben Grad wärmer als der durchschnittliche Höchstwert an der Station in den vergangen 31 Jahren, so die Forscher.
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