Kinder impfen gegen die Ausgrenzung – eine ethisch fragwürdige Entscheidung

Susan Bonath

Viele Eltern lassen ihre Kinder nicht wegen der Krankheit gegen Corona impfen, sondern um ihnen soziale Teilhabe zu ermöglichen. Das sagte ein Arzt dem Münchner Merkur. Ethische Bedenken hat er dabei offenbar nicht. Das wirft Fragen zum Zustand der Gesellschaft auf.

von Susan Bonath

In weiser Voraussicht warnte die Ständige Impfkommission (STIKO) am Robert Koch-Institut (RKI) mehrfach davor, die soziale Teilhabe von Kindern von einer Corona-Impfung abhängig zu machen. Zuletzt wiederholte sie ihren Appell in ihrer Empfehlung für Fünf- bis Elfjährige mit bestimmten Vorerkrankungen. Doch genau das ist nun Alltag in Deutschland. Viele Eltern ließen ihren Nachwuchs nur impfen, um dessen soziale Ausgrenzung zu verhindern, sagte Kinderarzt Roland Fressle, Landeschef des Berufsverbands der Kinder- und Jugendärzte (BVKJ) Baden-Württemberg, am Wochenende dem Münchner Merkur. Das ist in mehrerer Hinsicht ein Skandal.

Fragwürdige Evidenz

Schutzimpfungen sind dafür gedacht, Menschen vor lebensbedrohlichen und tödlichen Krankheiten zu bewahren. Dass das Coronavirus SARS-CoV-2 mit all seinen bisher aufgetretenen Variationen für Kinder eine solche umfassende Bedrohung darstellt, kann heute verneint werden. Laut Statistischem Bundesamt starben in zwei Jahren Pandemie genau 47 Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene unter 20 Jahren im zeitlichen Zusammenhang mit einem zuvor erfolgten positiven Test. Welche Rolle das Virus dabei wirklich spielte, ist genauso wenig bekannt wie bei allen Todesfällen im Zusammenhang mit Corona. Bis heute spielt die klinische Ursache keine Rolle. 

Diese Zahlen müssen außerdem eingeordnet werden. Jeden Monat sterben laut Daten des Statistischen Bundesamtes in Deutschland rund 300 Kinder unter 15 Jahren, etwa an Unfällen, häuslicher Gewalt oder schweren Erkrankungen wie Krebs. Das sind gut 7.000 Todesfälle in zwei Jahren. Die Intensivstationen in Deutschland sind durchgehend mit 1.800 bis 2.000 Kindern belegt, wie Zahlen des DIVI-Intensivregisters belegen. 

Auf der Webseite des RKI erklärt die STIKO, trotz einer hohen Inzidenz an positiven Tests bei Kindern sei ihre Krankheitslast gering. Die meisten Infektionen verlaufen demnach bei Kindern ohne jegliche Symptome. Die STIKO schreibt: 

"Derzeit besteht für Kinder ohne Vorerkrankungen in dieser Altersgruppe nur ein geringes Risiko für eine schwere COVID-19-Erkrankung, Hospitalisierung und Intensivbehandlung. Hinzu kommt, dass das Risiko seltener Nebenwirkungen der Impfung aufgrund der eingeschränkten Datenlagen derzeit nicht eingeschätzt werden kann."

Übersetzt: Während die Kinder selbst kaum nennenswert erkranken, weiß niemand so genau, welche gesundheitlichen Schäden die Impfung auslösen kann. Dazu gehören auch Probleme, die möglicherweise nicht sofort erkannt werden. Kurzum: Es handelt sich mehr oder weniger um einen Blindflug mit einem Impfstoff, der Kinder gegen eine Erkrankung schützen soll, die sie im Regelfall nicht oder kaum krank macht. Deshalb empfiehlt die STIKO die Impfung nur für Kinder mit bestimmten Vorerkrankungen.

Impfen gegen Ausgrenzung und psychische Schäden?

Doch wie Kinderarzt Fressle erklärte, kämen die meisten Impf-Anfragen von Eltern kerngesunder Kinder. Und diese wollten ihren Nachwuchs vor allem vor den psychosozialen Folgen der Dauermaßnahmen schützen, die Kindern seit fast zwei Jahren auferlegt werden: ständige Testungen in Kitas und Schulen, wiederkehrende Quarantäneanordnungen und strenge Kontaktbeschränkungen zum Beispiel.

Der erste Skandal besteht darin, dass dem Arzt zufolge massenhaft Kinder nicht um ihrer eigenen Gesundheit willen mit dem mRNA-Vakzin der Unternehmen Pfizer und BioNTech geimpft werden, sondern um politische Restriktionen von ihnen abzuwenden, die ihnen selbst offenbar ebenfalls wenig nützen. Das widerspricht jedem ethischen Standard in einem demokratischen Rechtsstaat.

Mindestens ebenso skandalös ist es allerdings, dass der Münchner Merkur darüber berichtet, ohne auch nur nach der Einhaltung ethischer Kriterien zu fragen. Auch der Arzt schweigt dazu. Vielmehr berichtet er nüchtern weiter, dass die Kinderimpfungen im Januar wieder hochgefahren würden. Er lobte ferner die längere Haltbarkeit des Vakzins für Kinder von zehn Wochen. Das, so Fressle, erleichtere die Planung von Zweitimpfterminen. Es ist auch an sich bedenklich, wenn Ärzte Kinder impfen, weil ihre Eltern sie nach eigenen Aussagen nicht vor einer Krankheit, sondern vor praktizierter sozialer Ausgrenzung bewahren wollen. Und vielleicht auch vor daraus resultierenden schweren Depressionen bis hin zu Suizidabsichten.

Und hier gibt es geradezu eine dramatische Entwicklung: In einer Studie registrierte die Uniklinik Essen einen sprunghaften Anstieg von Selbstmordversuchen bei Kindern. Insgesamt seien in nur zweieinhalb Monaten zwischen Mitte März und Ende Mai 2021 letzten Jahres 93 Kinder nach einem versuchten Selbstmord auf einer von 27 Kinder-Intensivstationen gelandet. Das waren viermal so viele wie im gleichen Zeitraum des Vorjahres. Hochgerechnet für ganz Deutschland kommt man auf 450 bis 500 Suizidversuche von Kindern in weniger als einem Vierteljahr.

Kurzum: Die Politik drangsaliert Kinder und Jugendliche seit fast zwei Jahren mit massiven Einschränkungen,  darunter Schulschließungen, Maskenpflicht, ständige Corona-Pflichttests, wiederkehrende Wohnungs-Quarantäne auch für symptomlose oder negativ getestete "Kontaktpersonen" – ohne dass sie selbst sonderlich durch das Virus gefährdet sind und trotz zahlreicher Studien und Hinweise darauf, dass sie keine Treiber des Infektionsgeschehens sind. 

Die psychischen Folgen der Maßnahmen sind ganz offensichtlich dramatisch für die Kinder und Jugendlichen, und sie dürften weit in die Zukunft hineinreichen. Denn Depressionen, Essstörungen und schwere Verhaltensauffälligkeiten, von denen etwa der Sender RTL berichtete, sind keine Eintagsfliegen, die so schnell verschwinden, wie sie gekommen sind.

Keine harmlose Prophylaxe

Um dem entgegenzuwirken und den Schutzbefohlenen ein halbwegs normales Leben zurückgeben zu können, willigen Eltern in eine medizinische Prophylaxe ein, die keineswegs immer ganz harmlos ist. Dazu muss man nur in den jüngsten Sicherheitsbericht des Paul-Ehrlich-Instituts (PEI) sehen: Bis zum 30. November vermerkte die das Institut knapp 2.800 gemeldete Verdachtsfälle von Nebenwirkungen bei Minderjährigen, darunter 636 schwerwiegende mit neun bleibenden Schäden und sechs Todesfällen. Das sind 14 schwere Verdachtsfälle pro 100.000 Impfdosen, heißt: Eins von 3.600 geimpften Kindern war davon betroffen – eine Dunkelziffer muss angenommen werden.

Ein siebter Todesfall einer Jugendlichen ist in diesem Bericht derweil nicht enthalten. So starb am 16. November die 15-jährige Cheyenne B. im Landkreis Bayreuth kurz nach der Impfung im Krankenhaus. Die Diagnose war laut Mutter eine Herzmuskelentzündung und eine Thrombose im Arm. Die Staatsanwaltschaft Bayreuth ermittelt. Ende Dezember erklärte deren Behördenleiter Martin Dippold auf Nachfrage der Autorin, die vollständigen Obduktionsergebnisse würden wohl im Januar vorgelegt. Auch PEI-Sprecherin Susanne Stöcker bestätigte auf Nachfrage den Todesfall. Weil die Meldung jedoch erst am 8. Dezember eingegangen sei, habe man ihn im letzten, am 23. Dezember veröffentlichten Bericht noch nicht erwähnt.

Diese Zahlen sollten Ärzte und Journalisten eigentlich auf dem Schirm haben, wenn es darum geht, die Kinderimpfung anzupreisen. Und wenn es darum geht, Eltern überhaupt umfangreich über Risiken und Nebenwirkungen aufzuklären. Und mindestens müsste das Nachdenken über den Zustand einer Gesellschaft einsetzen, wenn Mütter und Väter ihre Kinder diesen Risiken aussetzen, nur um sie vor Ausgrenzung und Mobbing zu schützen. Ein Blick in den Nürnberger Kodex könnte dabei auch nicht schaden.

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Information:

Sicherheit und Wirksamkeit der Corona-Impfstoffe sind umstrittene Themen. Zahlreiche Experten in Wissenschaft, Politik und Medien schätzen diese als sicher und effektiv ein, da sie das Risiko einer schweren COVID-19-Erkrankung weitgehend verhindern und die Vorteile einer Corona-Impfung die Risiken und Nebenwirkungen überwiegen. Langzeitnebenwirkungen der Impfungen sind generell nicht bekannt. Auch Risiken wie der ADE-Effekt (antibody-dependent enhancement, auf Deutsch: infektionsverstärkende Antikörper) wurden bisher bei weltweit Milliarden verabreichter Impfstoff-Dosen nicht beobachtet. Auch, dass Gensequenzen von beispielsweise mRNA-Vakzinen in die menschliche DNA eingebaut werden, gilt in Fachkreisen als ausgeschlossen. Stellungnahmen der Weltgesundheitsorganisation (WHO) und der bundesdeutschen Ständigen Impfkommission (STIKO) beim Robert Koch-Institut (RKI) lassen sich hier und hier nachlesen.